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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776.

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Gedanken über den westphäl. Leibeigenthum.
und diese überliessen ihren Pflug einem Aftermann, beyde
mit Vorbehalt sicherer Dienste und Pächte. Die Eigenthü-
mer, so noch zurück blieben, wurden immer mehr geplagt, ge-
drückt und verachtet, so daß sie, wenn sie auf dem Hofe blie-
ben und Schutz und Beystand haben wollten, sich dem Bi-
schoffe und andern mächtigen Herrn auf gewisse Bedingungen
übergeben, oder empfehlen, und ihre Höfe von diesen zur
Precarie oder zum Leibzuchtsgenuß wieder annehmen
mußten.

Wie solchergestalt nach und nach alle Eigenthümer aus der
Landcompagnie traten und ihre Güter andern überließen, kam
die Frage natürlicher Weise vor: Ob sie solche verpachten,
oder gegen Erbzins verleihen, Leibeigne oder Freye darauf
setzen, ein Meyerrecht oder Landsiedelrecht stiften, und über-
haupt, ob sie diesen oder jenen Contrakt mit ihren Afterleuten
errichten wollten. Dem ersten Anschein nach standen ihnen
alle diese Contrakte frey. Allein eben so wie jetzt der spani-
sche Oberfiscal Campomanes fordert, daß alle schatztragende
Gründe im Königreich nicht durch Gesinde, Heuerleute, Leib-
eigne und solche Menschen bestellet seyn sollen, welche zur
Zeit der Werbung nicht frey und ohne Widerspruch eines
Halsherrn aufgefordert werden können: eben so forderte da-
mals die gemeine Reichs- und Landeswohlfart, und fordert
es noch jetzt, daß die Höfe besetzt, nicht aber verheuert oder
auf eine solche Art ausgethan seyn sollten, wodurch der
Staat einen ächten Unterthanen verlieret. Wo Bezirke ein-
geführet sind, wendet sich der Staat an den Bezirksherrn,
und fordert von ihm eine Recrutenstellung. Wo aber keine
Bezirke sind, und der Staat sich an jeden Hof ohne Mittel
hält, fordert er den Mann vom Hofe, und duldet es nicht,
daß ihm dieser durch Verbindungen vorenthalten werde, oder

zur

Gedanken uͤber den weſtphaͤl. Leibeigenthum.
und dieſe uͤberlieſſen ihren Pflug einem Aftermann, beyde
mit Vorbehalt ſicherer Dienſte und Paͤchte. Die Eigenthuͤ-
mer, ſo noch zuruͤck blieben, wurden immer mehr geplagt, ge-
druͤckt und verachtet, ſo daß ſie, wenn ſie auf dem Hofe blie-
ben und Schutz und Beyſtand haben wollten, ſich dem Bi-
ſchoffe und andern maͤchtigen Herrn auf gewiſſe Bedingungen
uͤbergeben, oder empfehlen, und ihre Hoͤfe von dieſen zur
Precarie oder zum Leibzuchtsgenuß wieder annehmen
mußten.

Wie ſolchergeſtalt nach und nach alle Eigenthuͤmer aus der
Landcompagnie traten und ihre Guͤter andern uͤberließen, kam
die Frage natuͤrlicher Weiſe vor: Ob ſie ſolche verpachten,
oder gegen Erbzins verleihen, Leibeigne oder Freye darauf
ſetzen, ein Meyerrecht oder Landſiedelrecht ſtiften, und uͤber-
haupt, ob ſie dieſen oder jenen Contrakt mit ihren Afterleuten
errichten wollten. Dem erſten Anſchein nach ſtanden ihnen
alle dieſe Contrakte frey. Allein eben ſo wie jetzt der ſpani-
ſche Oberfiſcal Campomanes fordert, daß alle ſchatztragende
Gruͤnde im Koͤnigreich nicht durch Geſinde, Heuerleute, Leib-
eigne und ſolche Menſchen beſtellet ſeyn ſollen, welche zur
Zeit der Werbung nicht frey und ohne Widerſpruch eines
Halsherrn aufgefordert werden koͤnnen: eben ſo forderte da-
mals die gemeine Reichs- und Landeswohlfart, und fordert
es noch jetzt, daß die Hoͤfe beſetzt, nicht aber verheuert oder
auf eine ſolche Art ausgethan ſeyn ſollten, wodurch der
Staat einen aͤchten Unterthanen verlieret. Wo Bezirke ein-
gefuͤhret ſind, wendet ſich der Staat an den Bezirksherrn,
und fordert von ihm eine Recrutenſtellung. Wo aber keine
Bezirke ſind, und der Staat ſich an jeden Hof ohne Mittel
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[106/0124] Gedanken uͤber den weſtphaͤl. Leibeigenthum. und dieſe uͤberlieſſen ihren Pflug einem Aftermann, beyde mit Vorbehalt ſicherer Dienſte und Paͤchte. Die Eigenthuͤ- mer, ſo noch zuruͤck blieben, wurden immer mehr geplagt, ge- druͤckt und verachtet, ſo daß ſie, wenn ſie auf dem Hofe blie- ben und Schutz und Beyſtand haben wollten, ſich dem Bi- ſchoffe und andern maͤchtigen Herrn auf gewiſſe Bedingungen uͤbergeben, oder empfehlen, und ihre Hoͤfe von dieſen zur Precarie oder zum Leibzuchtsgenuß wieder annehmen mußten. Wie ſolchergeſtalt nach und nach alle Eigenthuͤmer aus der Landcompagnie traten und ihre Guͤter andern uͤberließen, kam die Frage natuͤrlicher Weiſe vor: Ob ſie ſolche verpachten, oder gegen Erbzins verleihen, Leibeigne oder Freye darauf ſetzen, ein Meyerrecht oder Landſiedelrecht ſtiften, und uͤber- haupt, ob ſie dieſen oder jenen Contrakt mit ihren Afterleuten errichten wollten. Dem erſten Anſchein nach ſtanden ihnen alle dieſe Contrakte frey. Allein eben ſo wie jetzt der ſpani- ſche Oberfiſcal Campomanes fordert, daß alle ſchatztragende Gruͤnde im Koͤnigreich nicht durch Geſinde, Heuerleute, Leib- eigne und ſolche Menſchen beſtellet ſeyn ſollen, welche zur Zeit der Werbung nicht frey und ohne Widerſpruch eines Halsherrn aufgefordert werden koͤnnen: eben ſo forderte da- mals die gemeine Reichs- und Landeswohlfart, und fordert es noch jetzt, daß die Hoͤfe beſetzt, nicht aber verheuert oder auf eine ſolche Art ausgethan ſeyn ſollten, wodurch der Staat einen aͤchten Unterthanen verlieret. Wo Bezirke ein- gefuͤhret ſind, wendet ſich der Staat an den Bezirksherrn, und fordert von ihm eine Recrutenſtellung. Wo aber keine Bezirke ſind, und der Staat ſich an jeden Hof ohne Mittel haͤlt, fordert er den Mann vom Hofe, und duldet es nicht, daß ihm dieſer durch Verbindungen vorenthalten werde, oder zur

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/124>, abgerufen am 25.11.2024.