Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.der Armen-Anstalten. ich zeige, daß mit den Armengeldern, welche jetzt vertheiletwerden, noch halb so viel mehr als sonst ausgerichtet werden könne: so glaube ich wenigstens einen guten Rath dazu mit- getheilet zu haben. Ich will solchen auf einen ganz leichten Satz bauen. "Man nehme z. E. in seine Hand zween "Thaler, und gebe einigen Armen davon 6 mgr.: so sind "12 Personen versorgt. Man lasse aber diese 12 Personen, "jede 2 Stücke Garn, welche zusammen 4 Mgr. werth sind, "spinnen, und bezahle ihnen solche mit 8 Mgr.: so ernährt "man "a) mit eben diesen zween Thalern 18 Personen; jede da- von bekommt "b) 2 Mgr. mehr; Es bleiben "c) die Armen durch die Arbeit gesund; sie geniessen "d) ihr Brod nicht umsonst; locken also "e) andre nicht zum Unfleiße; und laufen "f) nicht herum. Diese Sätze sind klar; nur wird man sagen: Man wähle folglich ein öffentliches Zimmer auf einem spin-
der Armen-Anſtalten. ich zeige, daß mit den Armengeldern, welche jetzt vertheiletwerden, noch halb ſo viel mehr als ſonſt ausgerichtet werden koͤnne: ſo glaube ich wenigſtens einen guten Rath dazu mit- getheilet zu haben. Ich will ſolchen auf einen ganz leichten Satz bauen. „Man nehme z. E. in ſeine Hand zween 〟Thaler, und gebe einigen Armen davon 6 mgr.: ſo ſind 〟12 Perſonen verſorgt. Man laſſe aber dieſe 12 Perſonen, 〟jede 2 Stuͤcke Garn, welche zuſammen 4 Mgr. werth ſind, 〟ſpinnen, und bezahle ihnen ſolche mit 8 Mgr.: ſo ernaͤhrt 〟man 〟a) mit eben dieſen zween Thalern 18 Perſonen; jede da- von bekommt 〟b) 2 Mgr. mehr; Es bleiben 〟c) die Armen durch die Arbeit geſund; ſie genieſſen 〟d) ihr Brod nicht umſonſt; locken alſo 〟e) andre nicht zum Unfleiße; und laufen 〟f) nicht herum. Dieſe Saͤtze ſind klar; nur wird man ſagen: Man waͤhle folglich ein oͤffentliches Zimmer auf einem ſpin-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0095" n="77"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">der Armen-Anſtalten.</hi></fw><lb/> ich zeige, daß mit den Armengeldern, welche jetzt vertheilet<lb/> werden, noch halb ſo viel mehr als ſonſt ausgerichtet werden<lb/> koͤnne: ſo glaube ich wenigſtens einen guten Rath dazu mit-<lb/> getheilet zu haben. Ich will ſolchen auf einen ganz leichten<lb/> Satz bauen. „Man nehme z. E. in ſeine Hand zween<lb/> 〟Thaler, und gebe einigen Armen davon 6 mgr.: ſo ſind<lb/> 〟12 Perſonen verſorgt. Man laſſe aber dieſe 12 Perſonen,<lb/> 〟jede 2 Stuͤcke Garn, welche zuſammen 4 Mgr. werth ſind,<lb/> 〟ſpinnen, und bezahle ihnen ſolche mit 8 Mgr.: ſo ernaͤhrt<lb/> 〟man</p><lb/> <list> <item>〟<hi rendition="#aq">a)</hi> mit eben dieſen zween Thalern 18 Perſonen; jede da-<lb/> von bekommt</item><lb/> <item>〟<hi rendition="#aq">b)</hi> 2 Mgr. mehr; Es bleiben</item><lb/> <item>〟<hi rendition="#aq">c)</hi> die Armen durch die Arbeit geſund; ſie genieſſen</item><lb/> <item>〟<hi rendition="#aq">d)</hi> ihr Brod nicht umſonſt; locken alſo</item><lb/> <item>〟<hi rendition="#aq">e)</hi> andre nicht zum Unfleiße; und laufen</item><lb/> <item>〟<hi rendition="#aq">f)</hi> nicht herum.</item> </list><lb/> <p>Dieſe Saͤtze ſind klar; nur wird man ſagen:<lb/><hi rendition="#et">Die Armen werden entweder das Garn von andern auf-<lb/> kauffen; oder es werden auch ſelbſt fleißige Leute ſich zu<lb/> den Armen geſellen, um ihr Garn zum doppelten Preiſe<lb/> zu verkaufen.</hi><lb/> Der Einwurf iſt richtig. Allein hier muß man durch einigen<lb/> Schimpf vorbauen.</p><lb/> <p>Man waͤhle folglich ein oͤffentliches Zimmer auf einem<lb/> Armenhofe. Dort ſeyn Raͤder und Flachs. Dieſes ſey des<lb/> Winters gewaͤrmt und erleuchtet; und von dem fruͤheſten<lb/> Morgen bis zum ſpaͤteſten Abend keinem Armen verſchloſſen.<lb/> Und was in dieſem Zimmer geſponnen wird, das werde doppelt<lb/> bezahlt. Der Schimpf in einem oͤffentlichen Zimmer zu<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſpin-</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [77/0095]
der Armen-Anſtalten.
ich zeige, daß mit den Armengeldern, welche jetzt vertheilet
werden, noch halb ſo viel mehr als ſonſt ausgerichtet werden
koͤnne: ſo glaube ich wenigſtens einen guten Rath dazu mit-
getheilet zu haben. Ich will ſolchen auf einen ganz leichten
Satz bauen. „Man nehme z. E. in ſeine Hand zween
〟Thaler, und gebe einigen Armen davon 6 mgr.: ſo ſind
〟12 Perſonen verſorgt. Man laſſe aber dieſe 12 Perſonen,
〟jede 2 Stuͤcke Garn, welche zuſammen 4 Mgr. werth ſind,
〟ſpinnen, und bezahle ihnen ſolche mit 8 Mgr.: ſo ernaͤhrt
〟man
〟a) mit eben dieſen zween Thalern 18 Perſonen; jede da-
von bekommt
〟b) 2 Mgr. mehr; Es bleiben
〟c) die Armen durch die Arbeit geſund; ſie genieſſen
〟d) ihr Brod nicht umſonſt; locken alſo
〟e) andre nicht zum Unfleiße; und laufen
〟f) nicht herum.
Dieſe Saͤtze ſind klar; nur wird man ſagen:
Die Armen werden entweder das Garn von andern auf-
kauffen; oder es werden auch ſelbſt fleißige Leute ſich zu
den Armen geſellen, um ihr Garn zum doppelten Preiſe
zu verkaufen.
Der Einwurf iſt richtig. Allein hier muß man durch einigen
Schimpf vorbauen.
Man waͤhle folglich ein oͤffentliches Zimmer auf einem
Armenhofe. Dort ſeyn Raͤder und Flachs. Dieſes ſey des
Winters gewaͤrmt und erleuchtet; und von dem fruͤheſten
Morgen bis zum ſpaͤteſten Abend keinem Armen verſchloſſen.
Und was in dieſem Zimmer geſponnen wird, das werde doppelt
bezahlt. Der Schimpf in einem oͤffentlichen Zimmer zu
ſpin-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/95 |
Zitationshilfe: | Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/95>, abgerufen am 16.02.2025. |