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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.

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eine Osnabrückische Geschichte.
Sold zu dienen? Warum sollte ich also nicht mit meinem Ge-
sinde wie Montecuculi mit seinen Soldaten umgehen?

Ein gesunder und reinlicher Mensch hat von der Na-
tur ein Recht, ein starkes Recht uns zu gefallen. Der Ehr-
geitzige braucht ihn; die Wollust sucht ihn; und der Geitz
verspricht sich alles von seinen Kräften. Ich habe allzeit ge-
sundes und reinliches Gesinde; und bey der Ordnung, welche
wir in allen Stücken halten, fällt es uns nicht schwer es wohl
zu ernähren und gut zu kleiden. Das Kleid macht nicht blos
den Staatsmann; es macht auch eine gute Hausmagd; und
es kann ihnen, mein lieber Arist, nicht unbemerkt geblieben
seyn, daß der Zuschnitt ihrer Mützen und Wämser ihnen eine
vorzügliche Leichtigkeit, Munterkeit und Achtsamkeit gebe.
Ich erniedrige mich nicht zu ihnen; ich erhebe sie zu mir.
Durch die Achtung, welche ich ihnen bezeige, gebe ich ihnen
eine Würde, welche sie auch im Verborgnen zur Rechtschaf-
fenheit leitet. Und diese Würde, dieses Gefühl der Ehre
dienet mir besser als andern die Furcht vor dem Zuchthause.
Wenn sie des Abends zu uns in die Stube gelassen werden,
haben sie Gelegenheit manche gute Lehre im Vertrauen zu
hören, welche sich nicht so gut in ihr Herz prägen würden, wenn
ich sie ihnen als Herr im Vorübergehen mit einer ernsthaften
Mine sagte. Durch unser Betragen gegen sie, sind sie ver-
sichert, daß wir es wohl mit ihnen meynen, und sie müßten
sehr unempfindliche Geschöpfe seyn, wenn sie sich nicht dar-
nach besserten. Ich habe zugleich Gelegenheit, ohne von
meiner Arbeit aufzustehen, und meine Zeit zu verlieren, von
ihnen Rechenschaft wegen ihrer Tagesarbeit zu fordern, und
ihnen Vorschriften auf den künftigen Morgen zu geben.
Meine Kinder hören zugleich wie der Haushalt geführet, und
jedes Ding in demselben angegriffen werden muß. Sie ler-
nen gute Herrn und Frauen zu werden. Sie gewöhnen sich

zu

eine Oſnabruͤckiſche Geſchichte.
Sold zu dienen? Warum ſollte ich alſo nicht mit meinem Ge-
ſinde wie Montecuculi mit ſeinen Soldaten umgehen?

Ein geſunder und reinlicher Menſch hat von der Na-
tur ein Recht, ein ſtarkes Recht uns zu gefallen. Der Ehr-
geitzige braucht ihn; die Wolluſt ſucht ihn; und der Geitz
verſpricht ſich alles von ſeinen Kraͤften. Ich habe allzeit ge-
ſundes und reinliches Geſinde; und bey der Ordnung, welche
wir in allen Stuͤcken halten, faͤllt es uns nicht ſchwer es wohl
zu ernaͤhren und gut zu kleiden. Das Kleid macht nicht blos
den Staatsmann; es macht auch eine gute Hausmagd; und
es kann ihnen, mein lieber Ariſt, nicht unbemerkt geblieben
ſeyn, daß der Zuſchnitt ihrer Muͤtzen und Waͤmſer ihnen eine
vorzuͤgliche Leichtigkeit, Munterkeit und Achtſamkeit gebe.
Ich erniedrige mich nicht zu ihnen; ich erhebe ſie zu mir.
Durch die Achtung, welche ich ihnen bezeige, gebe ich ihnen
eine Wuͤrde, welche ſie auch im Verborgnen zur Rechtſchaf-
fenheit leitet. Und dieſe Wuͤrde, dieſes Gefuͤhl der Ehre
dienet mir beſſer als andern die Furcht vor dem Zuchthauſe.
Wenn ſie des Abends zu uns in die Stube gelaſſen werden,
haben ſie Gelegenheit manche gute Lehre im Vertrauen zu
hoͤren, welche ſich nicht ſo gut in ihr Herz praͤgen wuͤrden, wenn
ich ſie ihnen als Herr im Voruͤbergehen mit einer ernſthaften
Mine ſagte. Durch unſer Betragen gegen ſie, ſind ſie ver-
ſichert, daß wir es wohl mit ihnen meynen, und ſie muͤßten
ſehr unempfindliche Geſchoͤpfe ſeyn, wenn ſie ſich nicht dar-
nach beſſerten. Ich habe zugleich Gelegenheit, ohne von
meiner Arbeit aufzuſtehen, und meine Zeit zu verlieren, von
ihnen Rechenſchaft wegen ihrer Tagesarbeit zu fordern, und
ihnen Vorſchriften auf den kuͤnftigen Morgen zu geben.
Meine Kinder hoͤren zugleich wie der Haushalt gefuͤhret, und
jedes Ding in demſelben angegriffen werden muß. Sie ler-
nen gute Herrn und Frauen zu werden. Sie gewoͤhnen ſich

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[47/0065] eine Oſnabruͤckiſche Geſchichte. Sold zu dienen? Warum ſollte ich alſo nicht mit meinem Ge- ſinde wie Montecuculi mit ſeinen Soldaten umgehen? Ein geſunder und reinlicher Menſch hat von der Na- tur ein Recht, ein ſtarkes Recht uns zu gefallen. Der Ehr- geitzige braucht ihn; die Wolluſt ſucht ihn; und der Geitz verſpricht ſich alles von ſeinen Kraͤften. Ich habe allzeit ge- ſundes und reinliches Geſinde; und bey der Ordnung, welche wir in allen Stuͤcken halten, faͤllt es uns nicht ſchwer es wohl zu ernaͤhren und gut zu kleiden. Das Kleid macht nicht blos den Staatsmann; es macht auch eine gute Hausmagd; und es kann ihnen, mein lieber Ariſt, nicht unbemerkt geblieben ſeyn, daß der Zuſchnitt ihrer Muͤtzen und Waͤmſer ihnen eine vorzuͤgliche Leichtigkeit, Munterkeit und Achtſamkeit gebe. Ich erniedrige mich nicht zu ihnen; ich erhebe ſie zu mir. Durch die Achtung, welche ich ihnen bezeige, gebe ich ihnen eine Wuͤrde, welche ſie auch im Verborgnen zur Rechtſchaf- fenheit leitet. Und dieſe Wuͤrde, dieſes Gefuͤhl der Ehre dienet mir beſſer als andern die Furcht vor dem Zuchthauſe. Wenn ſie des Abends zu uns in die Stube gelaſſen werden, haben ſie Gelegenheit manche gute Lehre im Vertrauen zu hoͤren, welche ſich nicht ſo gut in ihr Herz praͤgen wuͤrden, wenn ich ſie ihnen als Herr im Voruͤbergehen mit einer ernſthaften Mine ſagte. Durch unſer Betragen gegen ſie, ſind ſie ver- ſichert, daß wir es wohl mit ihnen meynen, und ſie muͤßten ſehr unempfindliche Geſchoͤpfe ſeyn, wenn ſie ſich nicht dar- nach beſſerten. Ich habe zugleich Gelegenheit, ohne von meiner Arbeit aufzuſtehen, und meine Zeit zu verlieren, von ihnen Rechenſchaft wegen ihrer Tagesarbeit zu fordern, und ihnen Vorſchriften auf den kuͤnftigen Morgen zu geben. Meine Kinder hoͤren zugleich wie der Haushalt gefuͤhret, und jedes Ding in demſelben angegriffen werden muß. Sie ler- nen gute Herrn und Frauen zu werden. Sie gewoͤhnen ſich zu

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/65>, abgerufen am 22.11.2024.