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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.

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solten ein Handwerk lernen.
geringste Bediente, der geringste Handwerker ohne Ehrgeitz
ist insgemein ein schlechter Mensch.

Um aber dem Handwerke seine Ehre wieder zu geben,
sollte man jede Zunft zum wenigsten doppelt eintheilen. In
England wie in Frankreich steht der handelnde Handwerker
mit dem Tagwerkenden (journeymen) nicht in einer Gilde,
und überall werden Kaufleute von Krämern unterschieden.

Die Kaufleute machen billig die erste Classe der Bür-
gerschaft aus. Niemand aber sollte zu dieser Classe gehören,
der nicht am Schluß des Jahrs bescheinigen könnte, daß er
eine nach den Umständen jedes Orts abgemessene Quantität
einheimischer Produkten und im Lande verfertigter Waaren
auswärts verkaufet habe. Nächst diesen könnten diejenigen,
welche mit fremden Waaren ins Große handeln, ihren Rang
behalten.

Auf die Kaufleute aber sollten alle Handwerker in ihrer
Ordnung folgen, welche ein bestimmtes Lager von ihrer Ar-
beit halten. Diesen möchten die Handwerker, welche auf
Bestellung arbeiten oder Tagwerk machen, und gar keinen
Verlag haben, folgen. Die Krämerey aber sollte die un-
terste Classe von allen seyn, oder jedem Bürger offen stehen,
und folglich gar kein Gilderecht haben.

Denn was ist doch in aller Welt mancher Krämer?
Ein Mann der Tag und Nacht darauf denkt neue Moden,
neue Kleidungsarten und neue Reitzungen für den Geschmack
einzuführen; ein Mann der in der ganzen Welt herum lauscht,
ob nicht irgendwo eine ärmere Nation sey, welche ein Stück
Arbeit um etliche Pfennige wohlfeiler macht; und dann sei-
nen Mitbürger, der unter mehrern Lasten und bey theurern
Arbeitspreisen, die seinige nicht gleich eben so wohlfeil geben
kann, ums Brod bringt; ein Mann der jedem Handwerke

mit

ſolten ein Handwerk lernen.
geringſte Bediente, der geringſte Handwerker ohne Ehrgeitz
iſt insgemein ein ſchlechter Menſch.

Um aber dem Handwerke ſeine Ehre wieder zu geben,
ſollte man jede Zunft zum wenigſten doppelt eintheilen. In
England wie in Frankreich ſteht der handelnde Handwerker
mit dem Tagwerkenden (journeymen) nicht in einer Gilde,
und uͤberall werden Kaufleute von Krämern unterſchieden.

Die Kaufleute machen billig die erſte Claſſe der Buͤr-
gerſchaft aus. Niemand aber ſollte zu dieſer Claſſe gehoͤren,
der nicht am Schluß des Jahrs beſcheinigen koͤnnte, daß er
eine nach den Umſtaͤnden jedes Orts abgemeſſene Quantitaͤt
einheimiſcher Produkten und im Lande verfertigter Waaren
auswaͤrts verkaufet habe. Naͤchſt dieſen koͤnnten diejenigen,
welche mit fremden Waaren ins Große handeln, ihren Rang
behalten.

Auf die Kaufleute aber ſollten alle Handwerker in ihrer
Ordnung folgen, welche ein beſtimmtes Lager von ihrer Ar-
beit halten. Dieſen moͤchten die Handwerker, welche auf
Beſtellung arbeiten oder Tagwerk machen, und gar keinen
Verlag haben, folgen. Die Kraͤmerey aber ſollte die un-
terſte Claſſe von allen ſeyn, oder jedem Buͤrger offen ſtehen,
und folglich gar kein Gilderecht haben.

Denn was iſt doch in aller Welt mancher Kraͤmer?
Ein Mann der Tag und Nacht darauf denkt neue Moden,
neue Kleidungsarten und neue Reitzungen fuͤr den Geſchmack
einzufuͤhren; ein Mann der in der ganzen Welt herum lauſcht,
ob nicht irgendwo eine aͤrmere Nation ſey, welche ein Stuͤck
Arbeit um etliche Pfennige wohlfeiler macht; und dann ſei-
nen Mitbuͤrger, der unter mehrern Laſten und bey theurern
Arbeitspreiſen, die ſeinige nicht gleich eben ſo wohlfeil geben
kann, ums Brod bringt; ein Mann der jedem Handwerke

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[31/0049] ſolten ein Handwerk lernen. geringſte Bediente, der geringſte Handwerker ohne Ehrgeitz iſt insgemein ein ſchlechter Menſch. Um aber dem Handwerke ſeine Ehre wieder zu geben, ſollte man jede Zunft zum wenigſten doppelt eintheilen. In England wie in Frankreich ſteht der handelnde Handwerker mit dem Tagwerkenden (journeymen) nicht in einer Gilde, und uͤberall werden Kaufleute von Krämern unterſchieden. Die Kaufleute machen billig die erſte Claſſe der Buͤr- gerſchaft aus. Niemand aber ſollte zu dieſer Claſſe gehoͤren, der nicht am Schluß des Jahrs beſcheinigen koͤnnte, daß er eine nach den Umſtaͤnden jedes Orts abgemeſſene Quantitaͤt einheimiſcher Produkten und im Lande verfertigter Waaren auswaͤrts verkaufet habe. Naͤchſt dieſen koͤnnten diejenigen, welche mit fremden Waaren ins Große handeln, ihren Rang behalten. Auf die Kaufleute aber ſollten alle Handwerker in ihrer Ordnung folgen, welche ein beſtimmtes Lager von ihrer Ar- beit halten. Dieſen moͤchten die Handwerker, welche auf Beſtellung arbeiten oder Tagwerk machen, und gar keinen Verlag haben, folgen. Die Kraͤmerey aber ſollte die un- terſte Claſſe von allen ſeyn, oder jedem Buͤrger offen ſtehen, und folglich gar kein Gilderecht haben. Denn was iſt doch in aller Welt mancher Kraͤmer? Ein Mann der Tag und Nacht darauf denkt neue Moden, neue Kleidungsarten und neue Reitzungen fuͤr den Geſchmack einzufuͤhren; ein Mann der in der ganzen Welt herum lauſcht, ob nicht irgendwo eine aͤrmere Nation ſey, welche ein Stuͤck Arbeit um etliche Pfennige wohlfeiler macht; und dann ſei- nen Mitbuͤrger, der unter mehrern Laſten und bey theurern Arbeitspreiſen, die ſeinige nicht gleich eben ſo wohlfeil geben kann, ums Brod bringt; ein Mann der jedem Handwerke mit

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/49>, abgerufen am 24.11.2024.