von Obrigkeits wegen die neuesten Französischen und Englischen Modell-Bücher kommen, und den Handwerks-Gilden gegen Erstattung der Auslagen austheilen. Die Geschicklichkeit wird sich bald finden, und eine genugsame Menge der Hand- werker die Preise mehr erniedrigen, als alle Krämerey.......
Darf ich es sagen, daß auch sogar das System unserer Fabriken ungleich schlechter sey, als das alte? Vordem war die Eintheilung so, daß alle Fabriken zum Handwerk gehör- ten, und der Kaufmann blos der Verleger und Beförderer des Handwerks blieb. Jetzt hingegen ist der fabricirende Kaufmann gleichsam der Meister; und wer für ihn arbeitet, nur ein Gesell; und dieser Gesell arbeitet für Tagelohn. In einem solchen Plan, wenn er nicht von vielem Glücke beglei- tet wird, liegen weit mehr Fehler, als in dem alten: der Tagelöhner nimmt die Sache nicht so zu Herzen; er stiehlt manche Stunde; erfordet viele Aufsicht, und eine Reihe von Bedienten, um den richtigen Uebergang der Manufactur aus einer Hand in die andere zu bewahren, zu berechnen und zu balanciren. Der Handwerksmeister hingegen, der sich von jenem, wie der Pachter von dem Verwalter unterscheidet, könnte dem Kaufmann weit vortheilhafter dienen; und der Staat erhält Bürger statt flüchtiger Gesellen. Dieses war die Maxim der Städte in jenen Zeiten, welche wir die bar- barische nennen. Dies war die wahre Quelle ihrer Größe, che der Kaufmann den Handwerker verlassen, und sich dafür auf die Krämerey gelegt hat. Durch diese heben sich noch die Städte in der Laußnitz und im Voigtlande wieder empor. Alle Fabrik ist dort Handwerk, und der Kaufmann ihr Verleger.........
III.
B 4
der Handlung in den Landſtaͤdten.
von Obrigkeits wegen die neueſten Franzoͤſiſchen und Engliſchen Modell-Buͤcher kommen, und den Handwerks-Gilden gegen Erſtattung der Auslagen austheilen. Die Geſchicklichkeit wird ſich bald finden, und eine genugſame Menge der Hand- werker die Preiſe mehr erniedrigen, als alle Kraͤmerey.......
Darf ich es ſagen, daß auch ſogar das Syſtem unſerer Fabriken ungleich ſchlechter ſey, als das alte? Vordem war die Eintheilung ſo, daß alle Fabriken zum Handwerk gehoͤr- ten, und der Kaufmann blos der Verleger und Befoͤrderer des Handwerks blieb. Jetzt hingegen iſt der fabricirende Kaufmann gleichſam der Meiſter; und wer fuͤr ihn arbeitet, nur ein Geſell; und dieſer Geſell arbeitet fuͤr Tagelohn. In einem ſolchen Plan, wenn er nicht von vielem Gluͤcke beglei- tet wird, liegen weit mehr Fehler, als in dem alten: der Tageloͤhner nimmt die Sache nicht ſo zu Herzen; er ſtiehlt manche Stunde; erfordet viele Aufſicht, und eine Reihe von Bedienten, um den richtigen Uebergang der Manufactur aus einer Hand in die andere zu bewahren, zu berechnen und zu balanciren. Der Handwerksmeiſter hingegen, der ſich von jenem, wie der Pachter von dem Verwalter unterſcheidet, koͤnnte dem Kaufmann weit vortheilhafter dienen; und der Staat erhaͤlt Buͤrger ſtatt fluͤchtiger Geſellen. Dieſes war die Maxim der Staͤdte in jenen Zeiten, welche wir die bar- bariſche nennen. Dies war die wahre Quelle ihrer Groͤße, che der Kaufmann den Handwerker verlaſſen, und ſich dafuͤr auf die Kraͤmerey gelegt hat. Durch dieſe heben ſich noch die Staͤdte in der Laußnitz und im Voigtlande wieder empor. Alle Fabrik iſt dort Handwerk, und der Kaufmann ihr Verleger.........
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der Handlung in den Landſtaͤdten.
von Obrigkeits wegen die neueſten Franzoͤſiſchen und Engliſchen
Modell-Buͤcher kommen, und den Handwerks-Gilden gegen
Erſtattung der Auslagen austheilen. Die Geſchicklichkeit
wird ſich bald finden, und eine genugſame Menge der Hand-
werker die Preiſe mehr erniedrigen, als alle Kraͤmerey.......
Darf ich es ſagen, daß auch ſogar das Syſtem unſerer
Fabriken ungleich ſchlechter ſey, als das alte? Vordem war
die Eintheilung ſo, daß alle Fabriken zum Handwerk gehoͤr-
ten, und der Kaufmann blos der Verleger und Befoͤrderer
des Handwerks blieb. Jetzt hingegen iſt der fabricirende
Kaufmann gleichſam der Meiſter; und wer fuͤr ihn arbeitet,
nur ein Geſell; und dieſer Geſell arbeitet fuͤr Tagelohn. In
einem ſolchen Plan, wenn er nicht von vielem Gluͤcke beglei-
tet wird, liegen weit mehr Fehler, als in dem alten: der
Tageloͤhner nimmt die Sache nicht ſo zu Herzen; er ſtiehlt
manche Stunde; erfordet viele Aufſicht, und eine Reihe von
Bedienten, um den richtigen Uebergang der Manufactur aus
einer Hand in die andere zu bewahren, zu berechnen und zu
balanciren. Der Handwerksmeiſter hingegen, der ſich von
jenem, wie der Pachter von dem Verwalter unterſcheidet,
koͤnnte dem Kaufmann weit vortheilhafter dienen; und der
Staat erhaͤlt Buͤrger ſtatt fluͤchtiger Geſellen. Dieſes war
die Maxim der Staͤdte in jenen Zeiten, welche wir die bar-
bariſche nennen. Dies war die wahre Quelle ihrer Groͤße,
che der Kaufmann den Handwerker verlaſſen, und ſich dafuͤr
auf die Kraͤmerey gelegt hat. Durch dieſe heben ſich noch
die Staͤdte in der Laußnitz und im Voigtlande wieder empor.
Alle Fabrik iſt dort Handwerk, und der Kaufmann ihr
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/41>, abgerufen am 22.01.2025.
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