Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.Klagen einer Hauswirthin. Bequemlichkeit für die vornehmen Sünder mit Pelouse *)belegen, für den Unterhalt aller von ihnen verdorbenen Haus- haltungen im Zuchthause arbeiten müßten. Denn ihnen und sonst keinem haben wir es zu danken, daß dem Städtischen Geschlechte vor dem lieben Brodte so ekelt, und meine Mäd- gen nichts als Filet machen wollen, da ich ihnen denn die Strümpfe für baar Geld kaufen muß. Ehedem hatte man ein Ehrenkleid für sein Lebenlang, und meine Brautschuh währen noch nach dreyßig Jahren, indem ich sie nicht anders als auf allen vier hohen Zeiten anziehe: aber jezt gehr alles mit seid- nen Schuhen und Strümpfen durch dicke und dünne, und das zu einer Zeit, wo der liebe Rocken kaum vor Geld zu haben ist. Doch ich mag gar nicht mehr daran gedenken; Gott bes- sere die Zeiten, und gebe uns einen guten Winter, damit das Vieh noch eine Zeitlang draussen bleiben und die Frucht auf dem Felde allen denjenigen, welche auf ein theures Frühjahr lauern eine solche Aussicht zeigen möge, daß sie es nicht wagen, ih- ren Vorrath bis zum äußersten zurück zu halten. LXVII. *) a Paris on ne marche actuellement que sur la Pe-
louse. Pelu oder Velu ist eins; und zeigt also das Pe- louse so viel als einen Grasweg an, der geschornen Sammte gleicht. Klagen einer Hauswirthin. Bequemlichkeit fuͤr die vornehmen Suͤnder mit Pelouſe *)belegen, fuͤr den Unterhalt aller von ihnen verdorbenen Haus- haltungen im Zuchthauſe arbeiten muͤßten. Denn ihnen und ſonſt keinem haben wir es zu danken, daß dem Staͤdtiſchen Geſchlechte vor dem lieben Brodte ſo ekelt, und meine Maͤd- gen nichts als Filet machen wollen, da ich ihnen denn die Struͤmpfe fuͤr baar Geld kaufen muß. Ehedem hatte man ein Ehrenkleid fuͤr ſein Lebenlang, und meine Brautſchuh waͤhren noch nach dreyßig Jahren, indem ich ſie nicht anders als auf allen vier hohen Zeiten anziehe: aber jezt gehr alles mit ſeid- nen Schuhen und Struͤmpfen durch dicke und duͤnne, und das zu einer Zeit, wo der liebe Rocken kaum vor Geld zu haben iſt. Doch ich mag gar nicht mehr daran gedenken; Gott beſ- ſere die Zeiten, und gebe uns einen guten Winter, damit das Vieh noch eine Zeitlang drauſſen bleiben und die Frucht auf dem Felde allen denjenigen, welche auf ein theures Fruͤhjahr lauern eine ſolche Ausſicht zeigen moͤge, daß ſie es nicht wagen, ih- ren Vorrath bis zum aͤußerſten zuruͤck zu halten. LXVII. *) à Paris on ne marche actuellement que ſur la Pe-
louſe. Pelu oder Velu iſt eins; und zeigt alſo das Pe- louſe ſo viel als einen Grasweg an, der geſchornen Sammte gleicht. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0388" n="370"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Klagen einer Hauswirthin.</hi></fw><lb/> Bequemlichkeit fuͤr die vornehmen Suͤnder mit Pelouſe <note place="foot" n="*)"><hi rendition="#aq">à Paris on ne marche actuellement que ſur la Pe-<lb/> louſe. Pelu</hi> oder <hi rendition="#aq">Velu</hi> iſt eins; und zeigt alſo das Pe-<lb/> louſe ſo viel als einen Grasweg an, der geſchornen Sammte<lb/> gleicht.</note><lb/> belegen, fuͤr den Unterhalt aller von ihnen verdorbenen Haus-<lb/> haltungen im Zuchthauſe arbeiten muͤßten. Denn ihnen und<lb/> ſonſt keinem haben wir es zu danken, daß dem Staͤdtiſchen<lb/> Geſchlechte vor dem lieben Brodte ſo ekelt, und meine Maͤd-<lb/> gen nichts als Filet machen wollen, da ich ihnen denn die<lb/> Struͤmpfe fuͤr baar Geld kaufen muß. Ehedem hatte man ein<lb/> Ehrenkleid fuͤr ſein Lebenlang, und meine Brautſchuh waͤhren<lb/> noch nach dreyßig Jahren, indem ich ſie nicht anders als auf<lb/> allen vier hohen Zeiten anziehe: aber jezt gehr alles mit ſeid-<lb/> nen Schuhen und Struͤmpfen durch dicke und duͤnne, und das<lb/> zu einer Zeit, wo der liebe Rocken kaum vor Geld zu haben<lb/> iſt. Doch ich mag gar nicht mehr daran gedenken; Gott beſ-<lb/> ſere die Zeiten, und gebe uns einen guten Winter, damit das<lb/> Vieh noch eine Zeitlang drauſſen bleiben und die Frucht auf dem<lb/> Felde allen denjenigen, welche auf ein theures Fruͤhjahr lauern<lb/> eine ſolche Ausſicht zeigen moͤge, daß ſie es nicht wagen, ih-<lb/> ren Vorrath bis zum aͤußerſten zuruͤck zu halten.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq">LXVII.</hi> </fw><lb/> </body> </text> </TEI> [370/0388]
Klagen einer Hauswirthin.
Bequemlichkeit fuͤr die vornehmen Suͤnder mit Pelouſe *)
belegen, fuͤr den Unterhalt aller von ihnen verdorbenen Haus-
haltungen im Zuchthauſe arbeiten muͤßten. Denn ihnen und
ſonſt keinem haben wir es zu danken, daß dem Staͤdtiſchen
Geſchlechte vor dem lieben Brodte ſo ekelt, und meine Maͤd-
gen nichts als Filet machen wollen, da ich ihnen denn die
Struͤmpfe fuͤr baar Geld kaufen muß. Ehedem hatte man ein
Ehrenkleid fuͤr ſein Lebenlang, und meine Brautſchuh waͤhren
noch nach dreyßig Jahren, indem ich ſie nicht anders als auf
allen vier hohen Zeiten anziehe: aber jezt gehr alles mit ſeid-
nen Schuhen und Struͤmpfen durch dicke und duͤnne, und das
zu einer Zeit, wo der liebe Rocken kaum vor Geld zu haben
iſt. Doch ich mag gar nicht mehr daran gedenken; Gott beſ-
ſere die Zeiten, und gebe uns einen guten Winter, damit das
Vieh noch eine Zeitlang drauſſen bleiben und die Frucht auf dem
Felde allen denjenigen, welche auf ein theures Fruͤhjahr lauern
eine ſolche Ausſicht zeigen moͤge, daß ſie es nicht wagen, ih-
ren Vorrath bis zum aͤußerſten zuruͤck zu halten.
LXVII.
*) à Paris on ne marche actuellement que ſur la Pe-
louſe. Pelu oder Velu iſt eins; und zeigt alſo das Pe-
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