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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.

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Ueber die Veränderung der Sitten.
welche zur andern Zeit ungestraft hingehen. Nach dem Reichs-
abschiede von 1431. sollte allen denjenigen, so in der Armee
spielen würden, die Hand abgehauen werden. Diese Ver-
antwortung wurde im Reichsabschiede von 1486. dahin ge-
schärft, daß den Spielern der Kopf abgeschlagen werden
sollte. In der Reichs- Fuß- Knechtsbestallung von 1570.
lenkte man wieder dahin ein, daß niemand auf Credit spielen
sollte, bey Verlust des Gewinnstes; und nachher hat man es
gar unnöthig gefunden, dieserhalb Reichsgesetze zu machen.
In dem Reichsabschiede von 1577. wird den Weibsleuten
das Springen verboten.
Und jezt läßt man sie so viel sprin-
gen wie sie wollen. Es ist fast kein Reichs-Policeygesetz,
worinn nicht gegen die Schalksnarren geeifert wird. Ist es
aber eine Folge des Verbots oder der veränderten Zeiten, daß
die Narren ihre Kappen abgelegt und dafür ehrbare Kleider
angezogen haben? Wie vielmal heißt es nicht in eben diesen
Gesetzen, als z. E. in den Reichsabschieden von 1497, 1498,
1500, 1530, 1548, 1577, daß die Herrn, welche Pfeiffer
und Trommeter halten, solche bey andern als ihren Untertha-
nen, welche es leiden wollen, nicht zum Neujahr blasen schicken
sollen? Dennoch aber sehen wir deren oft viele aus benach-
barten Ländern, welche auf dem platten Lande herumziehen,
und den Unterthanen das neue Jahr ungerufen verkündigen.
Vermöge des Reichsabschiedes vom Jahr 1498. soll jeglicher
kurzer Rock oder Mantel in der Länge gemacht werden,
daß er hinten und vorn ziemlich und wohl decken möge.

Jezt aber würde ein Reichsgesetz erfordert werden, um die
gar zu große Länge der Kleider zu verbieten. Ferner wird im
Reichsabschiede von 1427. verboten, gar keine Frauen mit
zur Armee zu bringen; in dem vom Jahr 1431. aber wird
dieses auf die gemeinen Frauen eingeschränkt. Wer derglei-

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Z 3

Ueber die Veraͤnderung der Sitten.
welche zur andern Zeit ungeſtraft hingehen. Nach dem Reichs-
abſchiede von 1431. ſollte allen denjenigen, ſo in der Armee
ſpielen wuͤrden, die Hand abgehauen werden. Dieſe Ver-
antwortung wurde im Reichsabſchiede von 1486. dahin ge-
ſchaͤrft, daß den Spielern der Kopf abgeſchlagen werden
ſollte. In der Reichs- Fuß- Knechtsbeſtallung von 1570.
lenkte man wieder dahin ein, daß niemand auf Credit ſpielen
ſollte, bey Verluſt des Gewinnſtes; und nachher hat man es
gar unnoͤthig gefunden, dieſerhalb Reichsgeſetze zu machen.
In dem Reichsabſchiede von 1577. wird den Weibsleuten
das Springen verboten.
Und jezt laͤßt man ſie ſo viel ſprin-
gen wie ſie wollen. Es iſt faſt kein Reichs-Policeygeſetz,
worinn nicht gegen die Schalksnarren geeifert wird. Iſt es
aber eine Folge des Verbots oder der veraͤnderten Zeiten, daß
die Narren ihre Kappen abgelegt und dafuͤr ehrbare Kleider
angezogen haben? Wie vielmal heißt es nicht in eben dieſen
Geſetzen, als z. E. in den Reichsabſchieden von 1497, 1498,
1500, 1530, 1548, 1577, daß die Herrn, welche Pfeiffer
und Trommeter halten, ſolche bey andern als ihren Untertha-
nen, welche es leiden wollen, nicht zum Neujahr blaſen ſchicken
ſollen? Dennoch aber ſehen wir deren oft viele aus benach-
barten Laͤndern, welche auf dem platten Lande herumziehen,
und den Unterthanen das neue Jahr ungerufen verkuͤndigen.
Vermoͤge des Reichsabſchiedes vom Jahr 1498. ſoll jeglicher
kurzer Rock oder Mantel in der Länge gemacht werden,
daß er hinten und vorn ziemlich und wohl decken möge.

Jezt aber wuͤrde ein Reichsgeſetz erfordert werden, um die
gar zu große Laͤnge der Kleider zu verbieten. Ferner wird im
Reichsabſchiede von 1427. verboten, gar keine Frauen mit
zur Armee zu bringen; in dem vom Jahr 1431. aber wird
dieſes auf die gemeinen Frauen eingeſchraͤnkt. Wer derglei-

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[357/0375] Ueber die Veraͤnderung der Sitten. welche zur andern Zeit ungeſtraft hingehen. Nach dem Reichs- abſchiede von 1431. ſollte allen denjenigen, ſo in der Armee ſpielen wuͤrden, die Hand abgehauen werden. Dieſe Ver- antwortung wurde im Reichsabſchiede von 1486. dahin ge- ſchaͤrft, daß den Spielern der Kopf abgeſchlagen werden ſollte. In der Reichs- Fuß- Knechtsbeſtallung von 1570. lenkte man wieder dahin ein, daß niemand auf Credit ſpielen ſollte, bey Verluſt des Gewinnſtes; und nachher hat man es gar unnoͤthig gefunden, dieſerhalb Reichsgeſetze zu machen. In dem Reichsabſchiede von 1577. wird den Weibsleuten das Springen verboten. Und jezt laͤßt man ſie ſo viel ſprin- gen wie ſie wollen. Es iſt faſt kein Reichs-Policeygeſetz, worinn nicht gegen die Schalksnarren geeifert wird. Iſt es aber eine Folge des Verbots oder der veraͤnderten Zeiten, daß die Narren ihre Kappen abgelegt und dafuͤr ehrbare Kleider angezogen haben? Wie vielmal heißt es nicht in eben dieſen Geſetzen, als z. E. in den Reichsabſchieden von 1497, 1498, 1500, 1530, 1548, 1577, daß die Herrn, welche Pfeiffer und Trommeter halten, ſolche bey andern als ihren Untertha- nen, welche es leiden wollen, nicht zum Neujahr blaſen ſchicken ſollen? Dennoch aber ſehen wir deren oft viele aus benach- barten Laͤndern, welche auf dem platten Lande herumziehen, und den Unterthanen das neue Jahr ungerufen verkuͤndigen. Vermoͤge des Reichsabſchiedes vom Jahr 1498. ſoll jeglicher kurzer Rock oder Mantel in der Länge gemacht werden, daß er hinten und vorn ziemlich und wohl decken möge. Jezt aber wuͤrde ein Reichsgeſetz erfordert werden, um die gar zu große Laͤnge der Kleider zu verbieten. Ferner wird im Reichsabſchiede von 1427. verboten, gar keine Frauen mit zur Armee zu bringen; in dem vom Jahr 1431. aber wird dieſes auf die gemeinen Frauen eingeſchraͤnkt. Wer derglei- chen Z 3

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/375>, abgerufen am 22.11.2024.