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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.

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über die Beschwerl. Colonisten anzusetzen.

In dem Augenblick, bekennen Sie es nur, als Sie
von dem großen Reuter zu Pferde, von dem Wagenrad, von
der Fuhrmannspeitsche und von dem aromatischen Strohe im
Reiche schrieben, waren Sie dichterisch begeistert, und mehr
rednerisch als die gegenwärtige Sache erforderte.

Bilden Sie sich von dem Colonistenwesen den wahren
Begriff, so werden Sie anderst denken.

Der König, der Ausländer, die Ursache finden ihr
Vaterland zu verlassen, ohne Unterschied der Religion und
der Sprachen, in seinen Ländern aufnimmt, und ihnen von
seinen eigenthümlichen Grundstücken oder wüsten Feldern,
nothdürftig Land, große ungezweifelte Freyheiten schenket,
nimmt den alten Einwohnern nichtes, und befördert den An-
bau ihrer Söhne mit gleicher Bereitwilligkeit als der Auslän-
der. Dies ist der Plan wornach wir arbeiten.

Alle Deutsche sind Unterthanen ihrer Fürsten. So
viele Fürsten, so viele Köpfe. Was Wunder, daß sich der
Unterthan den besten erwählet, wenn er die Gelegenheit dazu
findet. Es sind also für Ausländer mehr als die zwey Ursa-
chen die Sie angeben, ausziehen, und wenn Sie alle andere
auch dahin rechnen wollten, so müssen Sie die Neigung,
welche Fremde haben, in den preußischen Staaten zu wohnen,
doch als die dritte hinzusetzen.

Die Fruchtbarkeit einer Provinz ist es nicht allein, das
die Menschen vorzüglich bewegt, dieselbe zu bewohnen, denn
sonst würden die Corsen, sich nicht um die rohen Felsen ihres
Landes streiten, und wenigstens gegenwärtig unter der franzö-
sischen Herrschaft gebeuget, Timian suchen und daselbst die
Wollust der Elisäen geniessen.

Was hilft es dem Rheingauer zu Hochheim die fetten
Trauben keltern, die wir ohne Durst und zum Scherz her-
unterschlucken.

Un-
Mösers patr. Phantas. I. Th. Z
uͤber die Beſchwerl. Coloniſten anzuſetzen.

In dem Augenblick, bekennen Sie es nur, als Sie
von dem großen Reuter zu Pferde, von dem Wagenrad, von
der Fuhrmannspeitſche und von dem aromatiſchen Strohe im
Reiche ſchrieben, waren Sie dichteriſch begeiſtert, und mehr
redneriſch als die gegenwaͤrtige Sache erforderte.

Bilden Sie ſich von dem Coloniſtenweſen den wahren
Begriff, ſo werden Sie anderſt denken.

Der Koͤnig, der Auslaͤnder, die Urſache finden ihr
Vaterland zu verlaſſen, ohne Unterſchied der Religion und
der Sprachen, in ſeinen Laͤndern aufnimmt, und ihnen von
ſeinen eigenthuͤmlichen Grundſtuͤcken oder wuͤſten Feldern,
nothduͤrftig Land, große ungezweifelte Freyheiten ſchenket,
nimmt den alten Einwohnern nichtes, und befoͤrdert den An-
bau ihrer Soͤhne mit gleicher Bereitwilligkeit als der Auslaͤn-
der. Dies iſt der Plan wornach wir arbeiten.

Alle Deutſche ſind Unterthanen ihrer Fuͤrſten. So
viele Fuͤrſten, ſo viele Koͤpfe. Was Wunder, daß ſich der
Unterthan den beſten erwaͤhlet, wenn er die Gelegenheit dazu
findet. Es ſind alſo fuͤr Auslaͤnder mehr als die zwey Urſa-
chen die Sie angeben, ausziehen, und wenn Sie alle andere
auch dahin rechnen wollten, ſo muͤſſen Sie die Neigung,
welche Fremde haben, in den preußiſchen Staaten zu wohnen,
doch als die dritte hinzuſetzen.

Die Fruchtbarkeit einer Provinz iſt es nicht allein, das
die Menſchen vorzuͤglich bewegt, dieſelbe zu bewohnen, denn
ſonſt wuͤrden die Corſen, ſich nicht um die rohen Felſen ihres
Landes ſtreiten, und wenigſtens gegenwaͤrtig unter der franzoͤ-
ſiſchen Herrſchaft gebeuget, Timian ſuchen und daſelbſt die
Wolluſt der Eliſaͤen genieſſen.

Was hilft es dem Rheingauer zu Hochheim die fetten
Trauben keltern, die wir ohne Durſt und zum Scherz her-
unterſchlucken.

Un-
Möſers patr. Phantaſ. I. Th. Z
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[353/0371] uͤber die Beſchwerl. Coloniſten anzuſetzen. In dem Augenblick, bekennen Sie es nur, als Sie von dem großen Reuter zu Pferde, von dem Wagenrad, von der Fuhrmannspeitſche und von dem aromatiſchen Strohe im Reiche ſchrieben, waren Sie dichteriſch begeiſtert, und mehr redneriſch als die gegenwaͤrtige Sache erforderte. Bilden Sie ſich von dem Coloniſtenweſen den wahren Begriff, ſo werden Sie anderſt denken. Der Koͤnig, der Auslaͤnder, die Urſache finden ihr Vaterland zu verlaſſen, ohne Unterſchied der Religion und der Sprachen, in ſeinen Laͤndern aufnimmt, und ihnen von ſeinen eigenthuͤmlichen Grundſtuͤcken oder wuͤſten Feldern, nothduͤrftig Land, große ungezweifelte Freyheiten ſchenket, nimmt den alten Einwohnern nichtes, und befoͤrdert den An- bau ihrer Soͤhne mit gleicher Bereitwilligkeit als der Auslaͤn- der. Dies iſt der Plan wornach wir arbeiten. Alle Deutſche ſind Unterthanen ihrer Fuͤrſten. So viele Fuͤrſten, ſo viele Koͤpfe. Was Wunder, daß ſich der Unterthan den beſten erwaͤhlet, wenn er die Gelegenheit dazu findet. Es ſind alſo fuͤr Auslaͤnder mehr als die zwey Urſa- chen die Sie angeben, ausziehen, und wenn Sie alle andere auch dahin rechnen wollten, ſo muͤſſen Sie die Neigung, welche Fremde haben, in den preußiſchen Staaten zu wohnen, doch als die dritte hinzuſetzen. Die Fruchtbarkeit einer Provinz iſt es nicht allein, das die Menſchen vorzuͤglich bewegt, dieſelbe zu bewohnen, denn ſonſt wuͤrden die Corſen, ſich nicht um die rohen Felſen ihres Landes ſtreiten, und wenigſtens gegenwaͤrtig unter der franzoͤ- ſiſchen Herrſchaft gebeuget, Timian ſuchen und daſelbſt die Wolluſt der Eliſaͤen genieſſen. Was hilft es dem Rheingauer zu Hochheim die fetten Trauben keltern, die wir ohne Durſt und zum Scherz her- unterſchlucken. Un- Möſers patr. Phantaſ. I. Th. Z

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/371>, abgerufen am 25.11.2024.