Genug, eine neue Colonie erfordert zu ihrer Aufnahme und Erhaltung ganz andre Maschinen als man jezt gebrauche und gebrauchen kann. Man muß nach Pensylvanien reisen. und aus der Vergleichung dieser einzigen Colonie mit allen übrigen sich von einer so wichtigen Wahrheit überzeugen. a)
Endlich, so sind die Gegenden, so man insgemein den Colonisten anweisen will, ohne Holz und ohne Bäche, und ringsherum mit Bauerhöfen, welche das Holz, die Bäche, und den besten Weidegrund eingenommen haben, besetzt. Auf diesen Höfen befinden sich die Saelstätte, die Leibzucht, und 2. 4. 6. 8 Nebenhäuser, welche von der nächsten Heide die besten Flecke auf mancherley Art nutzen. Wenn man nun zwischen diesen Gründen einzelne Köttereyen für Neubauer anlegen will: so ist es begreiflich, daß sie nicht allein von den ersten Anwohnern, sondern auch von der Natur auf alle Weise eingeschränkt sind. Sie sind selten im Stande ein Taglohn zu verdienen, weil die Hofgesessene ihre alten Nebenwohner um sich und von ihnen alle erforderliche Hülfe haben; der Alte sieht es als ein Eingrif in sein Eigenthum an, daß er dergleichen Neubauer, wodurch er in den öffentlichen Lasten nicht erleichtert wird, zum Mitgenuß seiner gemeinen Weide lassen soll, und er drückt sie auf so mancherley heimliche Art, bis sie endlich das Weite suchen müssen.
Die beste Art der Bevölkerung in Westphalen bleibt also allemal diese, daß der Hofgesessene vermocht wird, die an seinem Hofe zu nächst liegende Gemeinheiten mit zu seinem Hofe zu ziehen, darauf Heuerhäuser, welche ihm in allen La- sten zu Hülfe kommen, und in denselben Nachbars Kinder zu
setzen,
a) Wem diese Reise etwas zu weit dünkt, der lest An Account of the European Settlements in America, so zu Lon- don 1765 zum viertenmal in 2 Octavbänden aufgelegt, und im Jahr 1760. verfertiget worden.
Coloniſten in Weſtphalen zu ziehen.
Genug, eine neue Colonie erfordert zu ihrer Aufnahme und Erhaltung ganz andre Maſchinen als man jezt gebrauche und gebrauchen kann. Man muß nach Penſylvanien reiſen. und aus der Vergleichung dieſer einzigen Colonie mit allen uͤbrigen ſich von einer ſo wichtigen Wahrheit uͤberzeugen. a)
Endlich, ſo ſind die Gegenden, ſo man insgemein den Coloniſten anweiſen will, ohne Holz und ohne Baͤche, und ringsherum mit Bauerhoͤfen, welche das Holz, die Baͤche, und den beſten Weidegrund eingenommen haben, beſetzt. Auf dieſen Hoͤfen befinden ſich die Saelſtaͤtte, die Leibzucht, und 2. 4. 6. 8 Nebenhaͤuſer, welche von der naͤchſten Heide die beſten Flecke auf mancherley Art nutzen. Wenn man nun zwiſchen dieſen Gruͤnden einzelne Koͤttereyen fuͤr Neubauer anlegen will: ſo iſt es begreiflich, daß ſie nicht allein von den erſten Anwohnern, ſondern auch von der Natur auf alle Weiſe eingeſchraͤnkt ſind. Sie ſind ſelten im Stande ein Taglohn zu verdienen, weil die Hofgeſeſſene ihre alten Nebenwohner um ſich und von ihnen alle erforderliche Huͤlfe haben; der Alte ſieht es als ein Eingrif in ſein Eigenthum an, daß er dergleichen Neubauer, wodurch er in den oͤffentlichen Laſten nicht erleichtert wird, zum Mitgenuß ſeiner gemeinen Weide laſſen ſoll, und er druͤckt ſie auf ſo mancherley heimliche Art, bis ſie endlich das Weite ſuchen muͤſſen.
Die beſte Art der Bevoͤlkerung in Weſtphalen bleibt alſo allemal dieſe, daß der Hofgeſeſſene vermocht wird, die an ſeinem Hofe zu naͤchſt liegende Gemeinheiten mit zu ſeinem Hofe zu ziehen, darauf Heuerhaͤuſer, welche ihm in allen La- ſten zu Huͤlfe kommen, und in denſelben Nachbars Kinder zu
ſetzen,
a) Wem dieſe Reiſe etwas zu weit duͤnkt, der leſt An Account of the European Settlements in America, ſo zu Lon- don 1765 zum viertenmal in 2 Octavbaͤnden aufgelegt, und im Jahr 1760. verfertiget worden.
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Coloniſten in Weſtphalen zu ziehen.
Genug, eine neue Colonie erfordert zu ihrer Aufnahme
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und gebrauchen kann. Man muß nach Penſylvanien reiſen.
und aus der Vergleichung dieſer einzigen Colonie mit allen
uͤbrigen ſich von einer ſo wichtigen Wahrheit uͤberzeugen. a)
Endlich, ſo ſind die Gegenden, ſo man insgemein den
Coloniſten anweiſen will, ohne Holz und ohne Baͤche, und
ringsherum mit Bauerhoͤfen, welche das Holz, die Baͤche,
und den beſten Weidegrund eingenommen haben, beſetzt. Auf
dieſen Hoͤfen befinden ſich die Saelſtaͤtte, die Leibzucht, und
2. 4. 6. 8 Nebenhaͤuſer, welche von der naͤchſten Heide die
beſten Flecke auf mancherley Art nutzen. Wenn man nun
zwiſchen dieſen Gruͤnden einzelne Koͤttereyen fuͤr Neubauer
anlegen will: ſo iſt es begreiflich, daß ſie nicht allein von den
erſten Anwohnern, ſondern auch von der Natur auf alle Weiſe
eingeſchraͤnkt ſind. Sie ſind ſelten im Stande ein Taglohn
zu verdienen, weil die Hofgeſeſſene ihre alten Nebenwohner
um ſich und von ihnen alle erforderliche Huͤlfe haben; der
Alte ſieht es als ein Eingrif in ſein Eigenthum an, daß er
dergleichen Neubauer, wodurch er in den oͤffentlichen Laſten
nicht erleichtert wird, zum Mitgenuß ſeiner gemeinen Weide
laſſen ſoll, und er druͤckt ſie auf ſo mancherley heimliche Art,
bis ſie endlich das Weite ſuchen muͤſſen.
Die beſte Art der Bevoͤlkerung in Weſtphalen bleibt
alſo allemal dieſe, daß der Hofgeſeſſene vermocht wird, die an
ſeinem Hofe zu naͤchſt liegende Gemeinheiten mit zu ſeinem
Hofe zu ziehen, darauf Heuerhaͤuſer, welche ihm in allen La-
ſten zu Huͤlfe kommen, und in denſelben Nachbars Kinder zu
ſetzen,
a) Wem dieſe Reiſe etwas zu weit duͤnkt, der leſt An Account
of the European Settlements in America, ſo zu Lon-
don 1765 zum viertenmal in 2 Octavbaͤnden aufgelegt, und
im Jahr 1760. verfertiget worden.
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/369>, abgerufen am 16.02.2025.
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