den. Eine Wendung, wodurch die menschliche Eigenliebe weniger als durch menschliche Aussprüche gekränket wurde.
Da sie von keinem Regenten besoldet wurden; und oh- ne Zweifel eben wie die Leviten keine liegende Gründe erwer- ben konnten, vielleicht auch nicht heyrathen durften. c) So war ihre Weisheit noch einigermaßen ohne Nachtheil der Freyheit zu ertragen; wenigstens besser als die von den spätern Grafen, welche von einer höhern Macht verordnet und besoldet wur- den; jedoch aber das Urtheil nicht selbst zu sprechen, sondern nur dasjenige zu bestätigen hatten, was ihnen von einer glei- chen Anzahl beyderseits oder von sämtlichen Genossen erwähl- ter Schöpfen zugewiesen wurde. Hätten die Grafen eben wie jene, Gottesurtheile finden dürfen: so wäre sogleich al- les was unter ihnen gestanden, Knecht geworden.
Die Einrichtung mit den Druiden hatte indessen noch einen feinern Vortheil, welcher darinn bestand, daß sie von keiner Parthey als ungenoß angesehen werden konnten. Das Schöpfenwerk hingegen bey den Deutschen hatte die Unbe- quemlichkeit, oder wie andre denken werden, die Bequem- lichkeit, daß kein Gemeiner mit einem Edelmann unmittel- bar Proceß führen konnte. (Man muß aber hiebey wissen, daß alles, was wir jezt schatzbare Unterthanen nennen, noch in eigne Rollen oder Compagnien vertheilt war, und seine be- sondren Vorsteher oder belehnte Gerichtsherrn hatte; und fer- ner, daß zur Zeit, wovon ich hier rede, unter einem Edel- manne der Hauptmann im Heerbanne verstanden ist.) War
ei-
c) Sie waren wenigstens wie unsre heutigen Orden Sodali- tiis ad stricti consortiis. Ammian: und erhielten ihre novitios a parentibus propinquisque. Caes. genossen auch einer vollkommenen Befreyung a tributis Id.
Ueber die Art und Weiſe
den. Eine Wendung, wodurch die menſchliche Eigenliebe weniger als durch menſchliche Ausſpruͤche gekraͤnket wurde.
Da ſie von keinem Regenten beſoldet wurden; und oh- ne Zweifel eben wie die Leviten keine liegende Gruͤnde erwer- ben konnten, vielleicht auch nicht heyrathen durften. c) So war ihre Weisheit noch einigermaßen ohne Nachtheil der Freyheit zu ertragen; wenigſtens beſſer als die von den ſpaͤtern Grafen, welche von einer hoͤhern Macht verordnet und beſoldet wur- den; jedoch aber das Urtheil nicht ſelbſt zu ſprechen, ſondern nur dasjenige zu beſtaͤtigen hatten, was ihnen von einer glei- chen Anzahl beyderſeits oder von ſaͤmtlichen Genoſſen erwaͤhl- ter Schoͤpfen zugewieſen wurde. Haͤtten die Grafen eben wie jene, Gottesurtheile finden duͤrfen: ſo waͤre ſogleich al- les was unter ihnen geſtanden, Knecht geworden.
Die Einrichtung mit den Druiden hatte indeſſen noch einen feinern Vortheil, welcher darinn beſtand, daß ſie von keiner Parthey als ungenoß angeſehen werden konnten. Das Schoͤpfenwerk hingegen bey den Deutſchen hatte die Unbe- quemlichkeit, oder wie andre denken werden, die Bequem- lichkeit, daß kein Gemeiner mit einem Edelmann unmittel- bar Proceß fuͤhren konnte. (Man muß aber hiebey wiſſen, daß alles, was wir jezt ſchatzbare Unterthanen nennen, noch in eigne Rollen oder Compagnien vertheilt war, und ſeine be- ſondren Vorſteher oder belehnte Gerichtsherrn hatte; und fer- ner, daß zur Zeit, wovon ich hier rede, unter einem Edel- manne der Hauptmann im Heerbanne verſtanden iſt.) War
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c) Sie waren wenigſtens wie unſre heutigen Orden Sodali- tiis ad ſtricti conſortiis. Ammian: und erhielten ihre novitios a parentibus propinquisque. Caes. genoſſen auch einer vollkommenen Befreyung a tributis Id.
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Ueber die Art und Weiſe
den. Eine Wendung, wodurch die menſchliche Eigenliebe
weniger als durch menſchliche Ausſpruͤche gekraͤnket wurde.
Da ſie von keinem Regenten beſoldet wurden; und oh-
ne Zweifel eben wie die Leviten keine liegende Gruͤnde erwer-
ben konnten, vielleicht auch nicht heyrathen durften. c) So war
ihre Weisheit noch einigermaßen ohne Nachtheil der Freyheit zu
ertragen; wenigſtens beſſer als die von den ſpaͤtern Grafen,
welche von einer hoͤhern Macht verordnet und beſoldet wur-
den; jedoch aber das Urtheil nicht ſelbſt zu ſprechen, ſondern
nur dasjenige zu beſtaͤtigen hatten, was ihnen von einer glei-
chen Anzahl beyderſeits oder von ſaͤmtlichen Genoſſen erwaͤhl-
ter Schoͤpfen zugewieſen wurde. Haͤtten die Grafen eben
wie jene, Gottesurtheile finden duͤrfen: ſo waͤre ſogleich al-
les was unter ihnen geſtanden, Knecht geworden.
Die Einrichtung mit den Druiden hatte indeſſen noch
einen feinern Vortheil, welcher darinn beſtand, daß ſie von
keiner Parthey als ungenoß angeſehen werden konnten. Das
Schoͤpfenwerk hingegen bey den Deutſchen hatte die Unbe-
quemlichkeit, oder wie andre denken werden, die Bequem-
lichkeit, daß kein Gemeiner mit einem Edelmann unmittel-
bar Proceß fuͤhren konnte. (Man muß aber hiebey wiſſen,
daß alles, was wir jezt ſchatzbare Unterthanen nennen, noch
in eigne Rollen oder Compagnien vertheilt war, und ſeine be-
ſondren Vorſteher oder belehnte Gerichtsherrn hatte; und fer-
ner, daß zur Zeit, wovon ich hier rede, unter einem Edel-
manne der Hauptmann im Heerbanne verſtanden iſt.) War
ei-
c) Sie waren wenigſtens wie unſre heutigen Orden Sodali-
tiis ad ſtricti conſortiis. Ammian: und erhielten
ihre novitios a parentibus propinquisque. Caes.
genoſſen auch einer vollkommenen Befreyung a tributis
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/322>, abgerufen am 23.07.2024.
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