Haben die V. des Reichsabsch. v. 1731. wol gethan.
so wenig der Marketenter die Ehre eines Soldaten hat; so wenig hatte der Schäfer die Ehre eines Bannalisten. Eben diese Unehrlichkeit würde allen Heuerleuten, (den Leibzüchter als den Invaliden aus dem Heerbann jedoch nicht mitgerechnet) angeklebet haben, wann unsre Vorfahren Heuerleute auf dem platten Lande gekannt hätten.
Der Grund, daß Schäfer, Hirten etc. und dergleichen Leute, doch gleichwohl unentbehrliche Mitglieder der Gesell- schaft sind, und daher billig aller Ehre geniessen solten; ist scheinbar in dem Munde des Philosophen, und des Christen, aber nicht die Sprache der rechten Policey. Der zweyte Rang kann sich in der Einbildung für beschimpft halten, daß er nicht zum ersten gehört; und der dritte kann eben so em- pfindlich darüber seyn, daß er nicht zum zweyten gehört. Aber darum ist es noch kein Schimpf zum dritten Range zu gehö- ren. Die unehrliche Classe in der bürgerlichen Gesellschaft ist weiter nichts, als die unterste oder die achte Classe. Die Ehre war durch die sieben Heerschilde vertheilet. Zum sieben- den gehörten die gemeinen Bannalisten. Wann nun die achte Classe sich nicht zu der siebenden rechnen kann, muß sie dieses nicht mit eben der Gedult ertragen, womit es die siebende Classe erträgt, daß sie nicht zur sechsten gehört?
Der Reichsabschied, der christliche und philosophische Ehrlichkeit bey solchen Menschen fand, welche in die Classe ohne Ehre gehörten, hatte daher noch keinen Grund, diese aus der achten Classe, oder aus der Classe ohne Nummer, in die sechste zu setzen; und noch jezt solten keine Heuerleute, Markkötter und andre, welche blos Rauchschatz bezahlen, zur siebenden Classe, worinn die Voll- und Halberben, wie auch Erbkötter stehen, die dem Staate mit dem Monatschatze, mit Wagen und Pferden ihre Ehre abverdienen, gerechnet wer- den, um so viel bessere Wirthe auf den Stätten zu erhalten,
und
Haben die V. des Reichsabſch. v. 1731. wol gethan.
ſo wenig der Marketenter die Ehre eines Soldaten hat; ſo wenig hatte der Schaͤfer die Ehre eines Bannaliſten. Eben dieſe Unehrlichkeit wuͤrde allen Heuerleuten, (den Leibzuͤchter als den Invaliden aus dem Heerbann jedoch nicht mitgerechnet) angeklebet haben, wann unſre Vorfahren Heuerleute auf dem platten Lande gekannt haͤtten.
Der Grund, daß Schaͤfer, Hirten ꝛc. und dergleichen Leute, doch gleichwohl unentbehrliche Mitglieder der Geſell- ſchaft ſind, und daher billig aller Ehre genieſſen ſolten; iſt ſcheinbar in dem Munde des Philoſophen, und des Chriſten, aber nicht die Sprache der rechten Policey. Der zweyte Rang kann ſich in der Einbildung fuͤr beſchimpft halten, daß er nicht zum erſten gehoͤrt; und der dritte kann eben ſo em- pfindlich daruͤber ſeyn, daß er nicht zum zweyten gehoͤrt. Aber darum iſt es noch kein Schimpf zum dritten Range zu gehoͤ- ren. Die unehrliche Claſſe in der buͤrgerlichen Geſellſchaft iſt weiter nichts, als die unterſte oder die achte Claſſe. Die Ehre war durch die ſieben Heerſchilde vertheilet. Zum ſieben- den gehoͤrten die gemeinen Bannaliſten. Wann nun die achte Claſſe ſich nicht zu der ſiebenden rechnen kann, muß ſie dieſes nicht mit eben der Gedult ertragen, womit es die ſiebende Claſſe ertraͤgt, daß ſie nicht zur ſechſten gehoͤrt?
Der Reichsabſchied, der chriſtliche und philoſophiſche Ehrlichkeit bey ſolchen Menſchen fand, welche in die Claſſe ohne Ehre gehoͤrten, hatte daher noch keinen Grund, dieſe aus der achten Claſſe, oder aus der Claſſe ohne Nummer, in die ſechſte zu ſetzen; und noch jezt ſolten keine Heuerleute, Markkoͤtter und andre, welche blos Rauchſchatz bezahlen, zur ſiebenden Claſſe, worinn die Voll- und Halberben, wie auch Erbkoͤtter ſtehen, die dem Staate mit dem Monatſchatze, mit Wagen und Pferden ihre Ehre abverdienen, gerechnet wer- den, um ſo viel beſſere Wirthe auf den Staͤtten zu erhalten,
und
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0308"n="290"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Haben die V. des Reichsabſch. v. 1731. wol gethan.</hi></fw><lb/>ſo wenig der Marketenter die Ehre eines Soldaten hat; ſo<lb/>
wenig hatte der Schaͤfer die Ehre eines Bannaliſten. Eben<lb/>
dieſe Unehrlichkeit wuͤrde allen Heuerleuten, (den Leibzuͤchter<lb/>
als den Invaliden aus dem Heerbann jedoch nicht mitgerechnet)<lb/>
angeklebet haben, wann unſre Vorfahren Heuerleute auf dem<lb/>
platten Lande gekannt haͤtten.</p><lb/><p>Der Grund, daß Schaͤfer, Hirten ꝛc. und dergleichen<lb/>
Leute, doch gleichwohl unentbehrliche Mitglieder der Geſell-<lb/>ſchaft ſind, und daher billig aller Ehre genieſſen ſolten; iſt<lb/>ſcheinbar in dem Munde des Philoſophen, und des Chriſten,<lb/>
aber nicht die Sprache der rechten Policey. Der zweyte<lb/>
Rang kann ſich in der Einbildung fuͤr beſchimpft halten, daß<lb/>
er nicht zum erſten gehoͤrt; und der dritte kann eben ſo em-<lb/>
pfindlich daruͤber ſeyn, daß er nicht zum zweyten gehoͤrt. Aber<lb/>
darum iſt es noch kein Schimpf zum dritten Range zu gehoͤ-<lb/>
ren. Die <hirendition="#fr">unehrliche</hi> Claſſe in der buͤrgerlichen Geſellſchaft<lb/>
iſt weiter nichts, als die unterſte oder die achte Claſſe. Die<lb/>
Ehre war durch die ſieben Heerſchilde vertheilet. Zum ſieben-<lb/>
den gehoͤrten die gemeinen Bannaliſten. Wann nun die<lb/>
achte Claſſe ſich nicht zu der ſiebenden rechnen kann, muß ſie<lb/>
dieſes nicht mit eben der Gedult ertragen, womit es die ſiebende<lb/>
Claſſe ertraͤgt, daß ſie nicht zur ſechſten gehoͤrt?</p><lb/><p>Der Reichsabſchied, der chriſtliche und philoſophiſche<lb/>
Ehrlichkeit bey ſolchen Menſchen fand, welche in die Claſſe<lb/><hirendition="#fr">ohne Ehre</hi> gehoͤrten, hatte daher noch keinen Grund, dieſe<lb/>
aus der achten Claſſe, oder aus der Claſſe ohne Nummer,<lb/>
in die ſechſte zu ſetzen; und noch jezt ſolten keine Heuerleute,<lb/>
Markkoͤtter und andre, welche blos Rauchſchatz bezahlen, zur<lb/>ſiebenden Claſſe, worinn die Voll- und Halberben, wie auch<lb/>
Erbkoͤtter ſtehen, die dem Staate mit dem Monatſchatze, mit<lb/>
Wagen und Pferden ihre Ehre abverdienen, gerechnet wer-<lb/>
den, um ſo viel beſſere Wirthe auf den Staͤtten zu erhalten,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">und</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[290/0308]
Haben die V. des Reichsabſch. v. 1731. wol gethan.
ſo wenig der Marketenter die Ehre eines Soldaten hat; ſo
wenig hatte der Schaͤfer die Ehre eines Bannaliſten. Eben
dieſe Unehrlichkeit wuͤrde allen Heuerleuten, (den Leibzuͤchter
als den Invaliden aus dem Heerbann jedoch nicht mitgerechnet)
angeklebet haben, wann unſre Vorfahren Heuerleute auf dem
platten Lande gekannt haͤtten.
Der Grund, daß Schaͤfer, Hirten ꝛc. und dergleichen
Leute, doch gleichwohl unentbehrliche Mitglieder der Geſell-
ſchaft ſind, und daher billig aller Ehre genieſſen ſolten; iſt
ſcheinbar in dem Munde des Philoſophen, und des Chriſten,
aber nicht die Sprache der rechten Policey. Der zweyte
Rang kann ſich in der Einbildung fuͤr beſchimpft halten, daß
er nicht zum erſten gehoͤrt; und der dritte kann eben ſo em-
pfindlich daruͤber ſeyn, daß er nicht zum zweyten gehoͤrt. Aber
darum iſt es noch kein Schimpf zum dritten Range zu gehoͤ-
ren. Die unehrliche Claſſe in der buͤrgerlichen Geſellſchaft
iſt weiter nichts, als die unterſte oder die achte Claſſe. Die
Ehre war durch die ſieben Heerſchilde vertheilet. Zum ſieben-
den gehoͤrten die gemeinen Bannaliſten. Wann nun die
achte Claſſe ſich nicht zu der ſiebenden rechnen kann, muß ſie
dieſes nicht mit eben der Gedult ertragen, womit es die ſiebende
Claſſe ertraͤgt, daß ſie nicht zur ſechſten gehoͤrt?
Der Reichsabſchied, der chriſtliche und philoſophiſche
Ehrlichkeit bey ſolchen Menſchen fand, welche in die Claſſe
ohne Ehre gehoͤrten, hatte daher noch keinen Grund, dieſe
aus der achten Claſſe, oder aus der Claſſe ohne Nummer,
in die ſechſte zu ſetzen; und noch jezt ſolten keine Heuerleute,
Markkoͤtter und andre, welche blos Rauchſchatz bezahlen, zur
ſiebenden Claſſe, worinn die Voll- und Halberben, wie auch
Erbkoͤtter ſtehen, die dem Staate mit dem Monatſchatze, mit
Wagen und Pferden ihre Ehre abverdienen, gerechnet wer-
den, um ſo viel beſſere Wirthe auf den Staͤtten zu erhalten,
und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/308>, abgerufen am 22.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.