sind, entrichten mußten, unter welcher Beschwerde es ihnen unmöglich war den Hansischen gleich zu kommen.
Man wird aber auch gleich den Grund ersehen, warum die Hanseatische Handlung zu Grunde gehen müssen. Denn so bald die Engländer diesen das Unterthanenrecht oder die freye Ausfuhr nach allen Gegenden untersagten: so konnten diese die englischen Waaren, worauf der Handel sich haupt- sächlich gründete, in Rußland, Schweden und Dännemark nicht mehr so wohlfeil geben als es die Engländer selbst zu thun vermögend waren. Die Russen, Dänen und Schweden sahen bald ein, daß die Hanseatischen zu einer zweyten Hand herab- gesunken waren, und begünstigten sofort die Engländer mit den Freyheiten, welche die Hanseatischen bisher genossen hat- ten. Folglich verlohren diese in den Nordlanden das Unter- thanenrecht; und ihr Handel mußte sofort stocken, wie sie überäll als Fremde die Beschwerden der Ein- und Ausfuhr er- legen mußten.
Freylich erfolgte diese Entwickelung nicht so plötzlich, wie sie hier beschrieben wird; es gieng ein Zeitraum von mehr als hundert Jahren darüber hin, ehe die deutschen Kaufleute solchergestalt unterbohret wurden. Allein bey einer aufmerk- samen Betrachtung der widerseitigen Unterhandlungen, ergiebt sich jener einfache Plan deutlich; die Hanseatischen schrien zwar beständig über Chicane, Gewalt und Unrecht, und über die Verletzung der heiligsten Verträge; besonders auch im Norden. Wie konnte man aber den Czaaren und Königen zumuthen, ihnen ihre Privilegien zu halten, nachdem die Hansischen ihr Unterthanenrecht oder die freye Ausfuhr aus England verlohren hatten, folglich ihres Orts nicht mehr im Stande waren den Russen, Schweden und Dänen die Waaren so wohlfeil zu liefern, als die Englän- der sie selbst dahin brachten. Die Bundbrüchigkeit der Köni-
ge
Von den wahren Urſachen des Steigens
ſind, entrichten mußten, unter welcher Beſchwerde es ihnen unmoͤglich war den Hanſiſchen gleich zu kommen.
Man wird aber auch gleich den Grund erſehen, warum die Hanſeatiſche Handlung zu Grunde gehen muͤſſen. Denn ſo bald die Englaͤnder dieſen das Unterthanenrecht oder die freye Ausfuhr nach allen Gegenden unterſagten: ſo konnten dieſe die engliſchen Waaren, worauf der Handel ſich haupt- ſaͤchlich gruͤndete, in Rußland, Schweden und Daͤnnemark nicht mehr ſo wohlfeil geben als es die Englaͤnder ſelbſt zu thun vermoͤgend waren. Die Ruſſen, Daͤnen und Schweden ſahen bald ein, daß die Hanſeatiſchen zu einer zweyten Hand herab- geſunken waren, und beguͤnſtigten ſofort die Englaͤnder mit den Freyheiten, welche die Hanſeatiſchen bisher genoſſen hat- ten. Folglich verlohren dieſe in den Nordlanden das Unter- thanenrecht; und ihr Handel mußte ſofort ſtocken, wie ſie uͤberaͤll als Fremde die Beſchwerden der Ein- und Ausfuhr er- legen mußten.
Freylich erfolgte dieſe Entwickelung nicht ſo ploͤtzlich, wie ſie hier beſchrieben wird; es gieng ein Zeitraum von mehr als hundert Jahren daruͤber hin, ehe die deutſchen Kaufleute ſolchergeſtalt unterbohret wurden. Allein bey einer aufmerk- ſamen Betrachtung der widerſeitigen Unterhandlungen, ergiebt ſich jener einfache Plan deutlich; die Hanſeatiſchen ſchrien zwar beſtaͤndig uͤber Chicane, Gewalt und Unrecht, und uͤber die Verletzung der heiligſten Vertraͤge; beſonders auch im Norden. Wie konnte man aber den Czaaren und Koͤnigen zumuthen, ihnen ihre Privilegien zu halten, nachdem die Hanſiſchen ihr Unterthanenrecht oder die freye Ausfuhr aus England verlohren hatten, folglich ihres Orts nicht mehr im Stande waren den Ruſſen, Schweden und Daͤnen die Waaren ſo wohlfeil zu liefern, als die Englaͤn- der ſie ſelbſt dahin brachten. Die Bundbruͤchigkeit der Koͤni-
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Von den wahren Urſachen des Steigens
ſind, entrichten mußten, unter welcher Beſchwerde es ihnen
unmoͤglich war den Hanſiſchen gleich zu kommen.
Man wird aber auch gleich den Grund erſehen, warum
die Hanſeatiſche Handlung zu Grunde gehen muͤſſen. Denn
ſo bald die Englaͤnder dieſen das Unterthanenrecht oder die
freye Ausfuhr nach allen Gegenden unterſagten: ſo konnten
dieſe die engliſchen Waaren, worauf der Handel ſich haupt-
ſaͤchlich gruͤndete, in Rußland, Schweden und Daͤnnemark
nicht mehr ſo wohlfeil geben als es die Englaͤnder ſelbſt zu thun
vermoͤgend waren. Die Ruſſen, Daͤnen und Schweden ſahen
bald ein, daß die Hanſeatiſchen zu einer zweyten Hand herab-
geſunken waren, und beguͤnſtigten ſofort die Englaͤnder mit
den Freyheiten, welche die Hanſeatiſchen bisher genoſſen hat-
ten. Folglich verlohren dieſe in den Nordlanden das Unter-
thanenrecht; und ihr Handel mußte ſofort ſtocken, wie ſie
uͤberaͤll als Fremde die Beſchwerden der Ein- und Ausfuhr er-
legen mußten.
Freylich erfolgte dieſe Entwickelung nicht ſo ploͤtzlich,
wie ſie hier beſchrieben wird; es gieng ein Zeitraum von mehr
als hundert Jahren daruͤber hin, ehe die deutſchen Kaufleute
ſolchergeſtalt unterbohret wurden. Allein bey einer aufmerk-
ſamen Betrachtung der widerſeitigen Unterhandlungen, ergiebt
ſich jener einfache Plan deutlich; die Hanſeatiſchen ſchrien
zwar beſtaͤndig uͤber Chicane, Gewalt und Unrecht, und uͤber
die Verletzung der heiligſten Vertraͤge; beſonders auch im
Norden. Wie konnte man aber den Czaaren und Koͤnigen
zumuthen, ihnen ihre Privilegien zu halten, nachdem
die Hanſiſchen ihr Unterthanenrecht oder die freye Ausfuhr
aus England verlohren hatten, folglich ihres Orts nicht
mehr im Stande waren den Ruſſen, Schweden und
Daͤnen die Waaren ſo wohlfeil zu liefern, als die Englaͤn-
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/294>, abgerufen am 22.11.2024.
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