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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.

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und Fallens der Hanseatischen Handlung
bringen und aus England in ihre Heymath wieder zurück-
führen; und man mag daraus wohl schliessen, daß schon da-
mals der Geist, welcher im Jahr 1660. die Schiffahrtsacte
eingab, für die englische Handlung gewachet habe. Denn
hier wird es ebenfalls ausdrücklich festgesetzt, daß keiner mit
fremder Waare in England Markt halten; und keiner engli-
sche Waare auf fremde Märkte verführen sollte. Beydes
wollten die Engländer zur Beförderung ihrer Schiffahrt selbst
thun, oder sie giengen von den damals in ganz Europa her-
gebrachten Satze aus: Daß dasjenige, was einer von seinen
Gütern nach der Stadt und von dieser wieder nach seinen Gü-
tern bringt, Zollfrey sey; gleich es sich denn noch auch wohl
erweisen liesse, daß in diesen Fällen alle Bauren Zollfrey ge-
wesen, und der Zoll blos die Handlung mit fremder Waare
rühren sollen.

Indessen giengen die Engländer von diesem großen
Grundsatze bald hernach selbst ab, und Eduard der erste war
derjenige, der 1303. ganz England gleichsam zu einem Frey-
hafen machte b), und allen Nationen gegen sichere schwere
Abgaben
erlaubte sowol ihre eigne als fremde Waaren dahin
zu bringen und en Gros zu verhandeln, mithin auch allerley
Waaren von dort wieder mitzunehmen, und hinzufahren wo-
hin sie wollten, selbst von einem englischen Hafen zum andern.
Jedoch wurde dadurch das besondre Privilegium der deutschen
Hanse nicht aufgehoben, indem diese mit allen Waaren, welche
sie aus ihrer Heymath nach England, und von dorther wie-
der dahin zurück brachten, nach wie vor ohne jene neuen Ab-
gaben
zu entrichten, auf den vorigen Fuß handlen konnten. c)
Natürlicher Weise mißbrauchten die Hansischen Kaufleute diese

Frey-
b) Ibid. pag. 12. n. 4.
c) Ibid. pag. 48.

und Fallens der Hanſeatiſchen Handlung
bringen und aus England in ihre Heymath wieder zurück-
führen; und man mag daraus wohl ſchlieſſen, daß ſchon da-
mals der Geiſt, welcher im Jahr 1660. die Schiffahrtsacte
eingab, fuͤr die engliſche Handlung gewachet habe. Denn
hier wird es ebenfalls ausdruͤcklich feſtgeſetzt, daß keiner mit
fremder Waare in England Markt halten; und keiner engli-
ſche Waare auf fremde Maͤrkte verfuͤhren ſollte. Beydes
wollten die Englaͤnder zur Befoͤrderung ihrer Schiffahrt ſelbſt
thun, oder ſie giengen von den damals in ganz Europa her-
gebrachten Satze aus: Daß dasjenige, was einer von ſeinen
Guͤtern nach der Stadt und von dieſer wieder nach ſeinen Guͤ-
tern bringt, Zollfrey ſey; gleich es ſich denn noch auch wohl
erweiſen lieſſe, daß in dieſen Faͤllen alle Bauren Zollfrey ge-
weſen, und der Zoll blos die Handlung mit fremder Waare
ruͤhren ſollen.

Indeſſen giengen die Englaͤnder von dieſem großen
Grundſatze bald hernach ſelbſt ab, und Eduard der erſte war
derjenige, der 1303. ganz England gleichſam zu einem Frey-
hafen machte b), und allen Nationen gegen ſichere ſchwere
Abgaben
erlaubte ſowol ihre eigne als fremde Waaren dahin
zu bringen und en Gros zu verhandeln, mithin auch allerley
Waaren von dort wieder mitzunehmen, und hinzufahren wo-
hin ſie wollten, ſelbſt von einem engliſchen Hafen zum andern.
Jedoch wurde dadurch das beſondre Privilegium der deutſchen
Hanſe nicht aufgehoben, indem dieſe mit allen Waaren, welche
ſie aus ihrer Heymath nach England, und von dorther wie-
der dahin zuruͤck brachten, nach wie vor ohne jene neuen Ab-
gaben
zu entrichten, auf den vorigen Fuß handlen konnten. c)
Natuͤrlicher Weiſe mißbrauchten die Hanſiſchen Kaufleute dieſe

Frey-
b) Ibid. pag. 12. n. 4.
c) Ibid. pag. 48.
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[271/0289] und Fallens der Hanſeatiſchen Handlung bringen und aus England in ihre Heymath wieder zurück- führen; und man mag daraus wohl ſchlieſſen, daß ſchon da- mals der Geiſt, welcher im Jahr 1660. die Schiffahrtsacte eingab, fuͤr die engliſche Handlung gewachet habe. Denn hier wird es ebenfalls ausdruͤcklich feſtgeſetzt, daß keiner mit fremder Waare in England Markt halten; und keiner engli- ſche Waare auf fremde Maͤrkte verfuͤhren ſollte. Beydes wollten die Englaͤnder zur Befoͤrderung ihrer Schiffahrt ſelbſt thun, oder ſie giengen von den damals in ganz Europa her- gebrachten Satze aus: Daß dasjenige, was einer von ſeinen Guͤtern nach der Stadt und von dieſer wieder nach ſeinen Guͤ- tern bringt, Zollfrey ſey; gleich es ſich denn noch auch wohl erweiſen lieſſe, daß in dieſen Faͤllen alle Bauren Zollfrey ge- weſen, und der Zoll blos die Handlung mit fremder Waare ruͤhren ſollen. Indeſſen giengen die Englaͤnder von dieſem großen Grundſatze bald hernach ſelbſt ab, und Eduard der erſte war derjenige, der 1303. ganz England gleichſam zu einem Frey- hafen machte b), und allen Nationen gegen ſichere ſchwere Abgaben erlaubte ſowol ihre eigne als fremde Waaren dahin zu bringen und en Gros zu verhandeln, mithin auch allerley Waaren von dort wieder mitzunehmen, und hinzufahren wo- hin ſie wollten, ſelbſt von einem engliſchen Hafen zum andern. Jedoch wurde dadurch das beſondre Privilegium der deutſchen Hanſe nicht aufgehoben, indem dieſe mit allen Waaren, welche ſie aus ihrer Heymath nach England, und von dorther wie- der dahin zuruͤck brachten, nach wie vor ohne jene neuen Ab- gaben zu entrichten, auf den vorigen Fuß handlen konnten. c) Natuͤrlicher Weiſe mißbrauchten die Hanſiſchen Kaufleute dieſe Frey- b) Ibid. pag. 12. n. 4. c) Ibid. pag. 48.

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/289>, abgerufen am 27.08.2024.