Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.Gründe, warum sich die alten Sachsen der etc. entstanden bald große Städte, welche die ehrbaren Grund-sätze der Landeigenthümer zulezt ganz verdunkelten. Vorher war die Menge der Knechte groß, und wer sich darunter nicht begeben wollte, gleichwol aber nicht zum Eigenthum eines er- forderlichen Landerbes gelangen konnte, mußte nothwendig auswandern und neue Gegenden anbauen; ein Umstand, wel- cher die ersten Menschen immer mehr nöthigte auseinander zu ziehen, und nach des Schöpfers Absichten den ganzen Erd- kreis zu bevölkern. Noch vor zweyhundert Jahren, wie man keine Neu- XXXXIII. *) In verschiedenen alten Rechnungen findet man daher noch
eine Rubrik von Extravaganten, worunter man die Leibeig- nen verstand, welche nicht Hofgesessen waren. Jezt kennet man diese Rubrik nicht mehr. Gruͤnde, warum ſich die alten Sachſen der ꝛc. entſtanden bald große Staͤdte, welche die ehrbaren Grund-ſaͤtze der Landeigenthuͤmer zulezt ganz verdunkelten. Vorher war die Menge der Knechte groß, und wer ſich darunter nicht begeben wollte, gleichwol aber nicht zum Eigenthum eines er- forderlichen Landerbes gelangen konnte, mußte nothwendig auswandern und neue Gegenden anbauen; ein Umſtand, wel- cher die erſten Menſchen immer mehr noͤthigte auseinander zu ziehen, und nach des Schoͤpfers Abſichten den ganzen Erd- kreis zu bevoͤlkern. Noch vor zweyhundert Jahren, wie man keine Neu- XXXXIII. *) In verſchiedenen alten Rechnungen findet man daher noch
eine Rubrik von Extravaganten, worunter man die Leibeig- nen verſtand, welche nicht Hofgeſeſſen waren. Jezt kennet man dieſe Rubrik nicht mehr. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0274" n="256"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Gruͤnde, warum ſich die alten Sachſen der ꝛc.</hi></fw><lb/> entſtanden bald große Staͤdte, welche die ehrbaren Grund-<lb/> ſaͤtze der Landeigenthuͤmer zulezt ganz verdunkelten. Vorher<lb/> war die Menge der Knechte groß, und wer ſich darunter nicht<lb/> begeben wollte, gleichwol aber nicht zum Eigenthum eines er-<lb/> forderlichen Landerbes gelangen konnte, mußte nothwendig<lb/> auswandern und neue Gegenden anbauen; ein Umſtand, wel-<lb/> cher die erſten Menſchen immer mehr noͤthigte auseinander<lb/> zu ziehen, und nach des Schoͤpfers Abſichten den ganzen Erd-<lb/> kreis zu bevoͤlkern.</p><lb/> <p>Noch vor zweyhundert Jahren, wie man keine Neu-<lb/> bauer aufnahm, war die Menge der Knechte <note place="foot" n="*)">In verſchiedenen alten Rechnungen findet man daher noch<lb/> eine Rubrik von Extravaganten, worunter man die Leibeig-<lb/> nen verſtand, welche nicht Hofgeſeſſen waren. Jezt kennet<lb/> man dieſe Rubrik nicht mehr.</note> in Weſtpha-<lb/> len ſehr groß. Ein beguͤterter Edelmann hatte derſelben ins-<lb/> gemein einige hundert, welche ihre Freyheit nicht ſuchten, und<lb/> bey den ihrigen ſo haͤngen blieben. Seitdem aber der Neu-<lb/> bau uͤberhand genommen und eine Menge von Nebenhaͤuſern<lb/> entſtanden, kauft ſich jedes Kind, das nicht zum Hofe gelangt,<lb/> frey, und ſetzt ſich auf ſeine eigne Hand. Vorher mußte ei-<lb/> ner, der eine zweyte Leibzucht bauete, ſich verbinden, ſolche<lb/> nach dem Abſterben desjenigen, fuͤr welchem ſie hatte geſetzt<lb/> werden muͤſſen, wieder niederzureiſſen; jezt ſind wir nicht ſo<lb/> ſtrenge, und die Beduͤrfniſſe von Menſchen und Gelde haben<lb/> dem Staate ſo wie den menſchlichen Begriffen eine ganz an-<lb/> dre Wendung gegeben.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#b">XXXXIII.</hi> </hi> </fw><lb/> </body> </text> </TEI> [256/0274]
Gruͤnde, warum ſich die alten Sachſen der ꝛc.
entſtanden bald große Staͤdte, welche die ehrbaren Grund-
ſaͤtze der Landeigenthuͤmer zulezt ganz verdunkelten. Vorher
war die Menge der Knechte groß, und wer ſich darunter nicht
begeben wollte, gleichwol aber nicht zum Eigenthum eines er-
forderlichen Landerbes gelangen konnte, mußte nothwendig
auswandern und neue Gegenden anbauen; ein Umſtand, wel-
cher die erſten Menſchen immer mehr noͤthigte auseinander
zu ziehen, und nach des Schoͤpfers Abſichten den ganzen Erd-
kreis zu bevoͤlkern.
Noch vor zweyhundert Jahren, wie man keine Neu-
bauer aufnahm, war die Menge der Knechte *) in Weſtpha-
len ſehr groß. Ein beguͤterter Edelmann hatte derſelben ins-
gemein einige hundert, welche ihre Freyheit nicht ſuchten, und
bey den ihrigen ſo haͤngen blieben. Seitdem aber der Neu-
bau uͤberhand genommen und eine Menge von Nebenhaͤuſern
entſtanden, kauft ſich jedes Kind, das nicht zum Hofe gelangt,
frey, und ſetzt ſich auf ſeine eigne Hand. Vorher mußte ei-
ner, der eine zweyte Leibzucht bauete, ſich verbinden, ſolche
nach dem Abſterben desjenigen, fuͤr welchem ſie hatte geſetzt
werden muͤſſen, wieder niederzureiſſen; jezt ſind wir nicht ſo
ſtrenge, und die Beduͤrfniſſe von Menſchen und Gelde haben
dem Staate ſo wie den menſchlichen Begriffen eine ganz an-
dre Wendung gegeben.
XXXXIII.
*) In verſchiedenen alten Rechnungen findet man daher noch
eine Rubrik von Extravaganten, worunter man die Leibeig-
nen verſtand, welche nicht Hofgeſeſſen waren. Jezt kennet
man dieſe Rubrik nicht mehr.
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