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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.

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Von der Steuer-Freyheit
geringste Edelmann würde es nicht leiden, daß ihm der Kay-
ser einen Burgfestendienst aus der Reihe nähme, und ihm
dafür einen Reichsgrafen, wenn er auch den Erbfeind des
christlichen Namens zur See und zu Lande geschlagen hätte,
einschöbe. Und eben die Bewandniß hat es mit den Städ-
ten und Flecken.

Die Beamte, welche mehrere Kirchspiele unter sich ha-
ben, die Richter, Gerichtschreiber, Vögte, Pedellen und
Amtsdiener, ja selbst der Pfarrer und der Küster, wenn
Bauerschaften in dem Flecken eingepfarret sind, können dem-
selben mit ihren Freyheiten nicht zur Last fallen, weil dieselbe
von dem ganzen Amte, dem Gerichtssprengel, der Vogtey
oder dem Pfarrsprengel, der offenbaresten Billigkeit und Ge-
rechtigkeit nach, mit gemeinsamen Schultern übertragen wer-
den müssen. Dies ist die Regel der Vernunft; eine Folge
des Originalcontrakts, und der Grundsatz, worauf das Al-
terthum gebauet hat. Nun wollen wir aber auch die Ausnah-
men betrachten.

Die erste giebt uns das Wehdum, welches seinen Na-
men von geweihten Gute hat. Dieses wurde zwar in der
sächsischen Anlage von Carln dem Großen nicht Dienstfrey
erklärt. Allein der gemeine Dienst, so davon kommen mußte,
wurde ans Altar gelegt; und auf diese Art wurde es in der
weltlichen Dienstleistung frey. Das Wehdum ist fast durch-
gehends älter als Städte und Flecken, und diese haben folglich
nie ein Recht gehabt, solches zum Weichbildesgute zu rech-
nen, und eine Beyhülfe davon zu fordern. Eben das gilt
von allen geistlichen Gründen, deren besitzlich hergebrachte
Freyheit einen gleichen Ursprung rechtlich vermuthen läßt.

Die zweyte Ausnahme macht Reichs- oder Amtsgut.
Lange vorher ehe Städte und Flecken sich schlossen, waren

Amts-

Von der Steuer-Freyheit
geringſte Edelmann wuͤrde es nicht leiden, daß ihm der Kay-
ſer einen Burgfeſtendienſt aus der Reihe naͤhme, und ihm
dafuͤr einen Reichsgrafen, wenn er auch den Erbfeind des
chriſtlichen Namens zur See und zu Lande geſchlagen haͤtte,
einſchoͤbe. Und eben die Bewandniß hat es mit den Staͤd-
ten und Flecken.

Die Beamte, welche mehrere Kirchſpiele unter ſich ha-
ben, die Richter, Gerichtſchreiber, Voͤgte, Pedellen und
Amtsdiener, ja ſelbſt der Pfarrer und der Kuͤſter, wenn
Bauerſchaften in dem Flecken eingepfarret ſind, koͤnnen dem-
ſelben mit ihren Freyheiten nicht zur Laſt fallen, weil dieſelbe
von dem ganzen Amte, dem Gerichtsſprengel, der Vogtey
oder dem Pfarrſprengel, der offenbareſten Billigkeit und Ge-
rechtigkeit nach, mit gemeinſamen Schultern uͤbertragen wer-
den muͤſſen. Dies iſt die Regel der Vernunft; eine Folge
des Originalcontrakts, und der Grundſatz, worauf das Al-
terthum gebauet hat. Nun wollen wir aber auch die Ausnah-
men betrachten.

Die erſte giebt uns das Wehdum, welches ſeinen Na-
men von geweihten Gute hat. Dieſes wurde zwar in der
ſaͤchſiſchen Anlage von Carln dem Großen nicht Dienſtfrey
erklaͤrt. Allein der gemeine Dienſt, ſo davon kommen mußte,
wurde ans Altar gelegt; und auf dieſe Art wurde es in der
weltlichen Dienſtleiſtung frey. Das Wehdum iſt faſt durch-
gehends aͤlter als Staͤdte und Flecken, und dieſe haben folglich
nie ein Recht gehabt, ſolches zum Weichbildesgute zu rech-
nen, und eine Beyhuͤlfe davon zu fordern. Eben das gilt
von allen geiſtlichen Gruͤnden, deren beſitzlich hergebrachte
Freyheit einen gleichen Urſprung rechtlich vermuthen laͤßt.

Die zweyte Ausnahme macht Reichs- oder Amtsgut.
Lange vorher ehe Staͤdte und Flecken ſich ſchloſſen, waren

Amts-
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[236/0254] Von der Steuer-Freyheit geringſte Edelmann wuͤrde es nicht leiden, daß ihm der Kay- ſer einen Burgfeſtendienſt aus der Reihe naͤhme, und ihm dafuͤr einen Reichsgrafen, wenn er auch den Erbfeind des chriſtlichen Namens zur See und zu Lande geſchlagen haͤtte, einſchoͤbe. Und eben die Bewandniß hat es mit den Staͤd- ten und Flecken. Die Beamte, welche mehrere Kirchſpiele unter ſich ha- ben, die Richter, Gerichtſchreiber, Voͤgte, Pedellen und Amtsdiener, ja ſelbſt der Pfarrer und der Kuͤſter, wenn Bauerſchaften in dem Flecken eingepfarret ſind, koͤnnen dem- ſelben mit ihren Freyheiten nicht zur Laſt fallen, weil dieſelbe von dem ganzen Amte, dem Gerichtsſprengel, der Vogtey oder dem Pfarrſprengel, der offenbareſten Billigkeit und Ge- rechtigkeit nach, mit gemeinſamen Schultern uͤbertragen wer- den muͤſſen. Dies iſt die Regel der Vernunft; eine Folge des Originalcontrakts, und der Grundſatz, worauf das Al- terthum gebauet hat. Nun wollen wir aber auch die Ausnah- men betrachten. Die erſte giebt uns das Wehdum, welches ſeinen Na- men von geweihten Gute hat. Dieſes wurde zwar in der ſaͤchſiſchen Anlage von Carln dem Großen nicht Dienſtfrey erklaͤrt. Allein der gemeine Dienſt, ſo davon kommen mußte, wurde ans Altar gelegt; und auf dieſe Art wurde es in der weltlichen Dienſtleiſtung frey. Das Wehdum iſt faſt durch- gehends aͤlter als Staͤdte und Flecken, und dieſe haben folglich nie ein Recht gehabt, ſolches zum Weichbildesgute zu rech- nen, und eine Beyhuͤlfe davon zu fordern. Eben das gilt von allen geiſtlichen Gruͤnden, deren beſitzlich hergebrachte Freyheit einen gleichen Urſprung rechtlich vermuthen laͤßt. Die zweyte Ausnahme macht Reichs- oder Amtsgut. Lange vorher ehe Staͤdte und Flecken ſich ſchloſſen, waren Amts-

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/254>, abgerufen am 25.11.2024.