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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.

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in kleinen Städten.
schen Handwerkern durch die Finger, und erlauben ihnen erst
ein bisgen und dann wieder ein bisgen, und noch ein bisgen
von der alten wahren Reichsgesetzmäßigen Silber- oder Zinn-
probe herunter zu gehen, damit sie gegen die Betrieger doch
noch einigermaßen den Markt halten können. Wir werfen
ein Auge auf die angrenzende Länder, und haben auf jeder
Grenze eine besondre Probe, sinken immer nach dem Maaße
als unser Nachbar sinkt, und bringen es durch diesen Landver-
derblichen Wetteifer dahin, daß zulezt alle Handwerker Be-
trieger und allerseits Unterthanen betrogen werden müssen.
Dieses würde nicht geschehen, wenn die gesamten Städte im
Kreise sich vereinigten; die fremden Hausirer ausschafften,
und ihre Landesherrn dahin bewögen, die Schlüsse der Kreis-
städte mit seiner Macht zu unterstützen.

Die Vereinigung aller westphälischen Städte; eine
Kreis-Handlungsversammlung, und ein gutes Einverständ-
niß zwischen dieser Versammlung und einer gleichen im nie-
dersächsischen Kreise, würde überdem gewiß für die Wieder-
aufnahme der Städte von unendlichem Vortheil seyn. Es
ist eine ganz irrige Meinung, wenn man glaubt, daß die
Verschiedenheit der Länder und ihrer Landesherrn solches gar
nicht zulasse. Wir haben zu Bremen und Emden alle Frey-
heit zur Handlung die wir nöthig haben. Wir haben sogar
einen Vergleich mit England, daß die Bremer nicht blos ihre
eigne Producte, sondern auch die nachbarlichen mit Bremi-
schen Schiffen ins Grosbrittannische Reich fahren dürfen.
Es ist an beyden Orten kein Landesherr der sich der Aufnahme
des Handels widersetzt. Wir können uns vielmehr von ih-
nen alle nur mögliche Begünstigung versprechen. Warum
solten sie also nicht gemeinschaftlich eine Schifsfracht von ih-
ren Producten und verfertigten Waaren zusammen bringen,
und einen offnen Hafen besuchen; gemeinschaftlich sich der

Ein-

in kleinen Staͤdten.
ſchen Handwerkern durch die Finger, und erlauben ihnen erſt
ein bisgen und dann wieder ein bisgen, und noch ein bisgen
von der alten wahren Reichsgeſetzmaͤßigen Silber- oder Zinn-
probe herunter zu gehen, damit ſie gegen die Betrieger doch
noch einigermaßen den Markt halten koͤnnen. Wir werfen
ein Auge auf die angrenzende Laͤnder, und haben auf jeder
Grenze eine beſondre Probe, ſinken immer nach dem Maaße
als unſer Nachbar ſinkt, und bringen es durch dieſen Landver-
derblichen Wetteifer dahin, daß zulezt alle Handwerker Be-
trieger und allerſeits Unterthanen betrogen werden muͤſſen.
Dieſes wuͤrde nicht geſchehen, wenn die geſamten Staͤdte im
Kreiſe ſich vereinigten; die fremden Hauſirer ausſchafften,
und ihre Landesherrn dahin bewoͤgen, die Schluͤſſe der Kreis-
ſtaͤdte mit ſeiner Macht zu unterſtuͤtzen.

Die Vereinigung aller weſtphaͤliſchen Staͤdte; eine
Kreis-Handlungsverſammlung, und ein gutes Einverſtaͤnd-
niß zwiſchen dieſer Verſammlung und einer gleichen im nie-
derſaͤchſiſchen Kreiſe, wuͤrde uͤberdem gewiß fuͤr die Wieder-
aufnahme der Staͤdte von unendlichem Vortheil ſeyn. Es
iſt eine ganz irrige Meinung, wenn man glaubt, daß die
Verſchiedenheit der Laͤnder und ihrer Landesherrn ſolches gar
nicht zulaſſe. Wir haben zu Bremen und Emden alle Frey-
heit zur Handlung die wir noͤthig haben. Wir haben ſogar
einen Vergleich mit England, daß die Bremer nicht blos ihre
eigne Producte, ſondern auch die nachbarlichen mit Bremi-
ſchen Schiffen ins Grosbrittanniſche Reich fahren duͤrfen.
Es iſt an beyden Orten kein Landesherr der ſich der Aufnahme
des Handels widerſetzt. Wir koͤnnen uns vielmehr von ih-
nen alle nur moͤgliche Beguͤnſtigung verſprechen. Warum
ſolten ſie alſo nicht gemeinſchaftlich eine Schifsfracht von ih-
ren Producten und verfertigten Waaren zuſammen bringen,
und einen offnen Hafen beſuchen; gemeinſchaftlich ſich der

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[205/0223] in kleinen Staͤdten. ſchen Handwerkern durch die Finger, und erlauben ihnen erſt ein bisgen und dann wieder ein bisgen, und noch ein bisgen von der alten wahren Reichsgeſetzmaͤßigen Silber- oder Zinn- probe herunter zu gehen, damit ſie gegen die Betrieger doch noch einigermaßen den Markt halten koͤnnen. Wir werfen ein Auge auf die angrenzende Laͤnder, und haben auf jeder Grenze eine beſondre Probe, ſinken immer nach dem Maaße als unſer Nachbar ſinkt, und bringen es durch dieſen Landver- derblichen Wetteifer dahin, daß zulezt alle Handwerker Be- trieger und allerſeits Unterthanen betrogen werden muͤſſen. Dieſes wuͤrde nicht geſchehen, wenn die geſamten Staͤdte im Kreiſe ſich vereinigten; die fremden Hauſirer ausſchafften, und ihre Landesherrn dahin bewoͤgen, die Schluͤſſe der Kreis- ſtaͤdte mit ſeiner Macht zu unterſtuͤtzen. Die Vereinigung aller weſtphaͤliſchen Staͤdte; eine Kreis-Handlungsverſammlung, und ein gutes Einverſtaͤnd- niß zwiſchen dieſer Verſammlung und einer gleichen im nie- derſaͤchſiſchen Kreiſe, wuͤrde uͤberdem gewiß fuͤr die Wieder- aufnahme der Staͤdte von unendlichem Vortheil ſeyn. Es iſt eine ganz irrige Meinung, wenn man glaubt, daß die Verſchiedenheit der Laͤnder und ihrer Landesherrn ſolches gar nicht zulaſſe. Wir haben zu Bremen und Emden alle Frey- heit zur Handlung die wir noͤthig haben. Wir haben ſogar einen Vergleich mit England, daß die Bremer nicht blos ihre eigne Producte, ſondern auch die nachbarlichen mit Bremi- ſchen Schiffen ins Grosbrittanniſche Reich fahren duͤrfen. Es iſt an beyden Orten kein Landesherr der ſich der Aufnahme des Handels widerſetzt. Wir koͤnnen uns vielmehr von ih- nen alle nur moͤgliche Beguͤnſtigung verſprechen. Warum ſolten ſie alſo nicht gemeinſchaftlich eine Schifsfracht von ih- ren Producten und verfertigten Waaren zuſammen bringen, und einen offnen Hafen beſuchen; gemeinſchaftlich ſich der Ein-

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/223>, abgerufen am 22.11.2024.