Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.

Bild:
<< vorherige Seite

Von dem Verfall des Handwerks
"nicht zu hart falle: so soll das ganze Land zur Errichtung
"der Wälle und Graben helfen. Wir wollen solche auf ge-
"meinsame Kosten in guten Stand setzen, und euch eine kleine
"Accise von allem was durch euren Ort geht, erlauben, damit
"ihr solche unterhalten könnt. Ihr sollet den bisherigen
"Rauchschatz dazu einbehalten; und von den Wachen an den
"Amthäusern befreyet seyn. Die Bruchfälle, so in euerm
"Orte vorfallen, sollen zum Unterhalt eurer Bürgercapitains
"dienen. Sie sollen die Fischerey in den Graben zu ihrer
"Ergötzlichkeit und für die Räumung behalten. Ihr sollet,
"da ihr keinen Acker habt, und alle diese Lasten einzig und
"allein von eurer Handarbeit bestreiten müsset, nach Vor-
"schrift der vom Kayser ausgegangenen Befehle, das Hand-
"werk und den Handel durchs ganze Land allein treiben dür-
"fen, und dabey von allen Zöllen befreyet seyn. Es soll kein
"Jude oder ander reisender Krämer gegen euch gedultet wer-
"den. Und wir wollen ohne die höchste Noth keinen Krieg
"anfangen, ohne euch zu Rathe zu ziehen, damit wir euch
"nicht zu oft mit den Kosten einer ausserordentlichen Ver-
"theidigung überladen."

So sieht der Originalcontrakt zwischen dem Lande und
seinen Städten durch ganz Deutschland aus; und man wird
leicht von selbst einsehen, daß derselbe nicht anders angenom-
men werden könne: er ist auch würklich dem Plan vieler
orientalischer Städte vorzuziehen, worinn man oft tausend
Ackerhöfe zusammen gezogen hat, weil man sich nicht getrauete,
eine solche schwere Anlage blos dem Fleiße, oder dem Handel
und Handwerke allein aufzubürden.

Ehe wir aber die Folgen, so wir hieraus zu unser Ab-
sicht gebrauchen, ziehen wollen, wird es nöthig seyn, einige
scheinbare Einwürfe zu heben, welche man jetzt einer solchen

ehe-

Von dem Verfall des Handwerks
〟nicht zu hart falle: ſo ſoll das ganze Land zur Errichtung
〟der Waͤlle und Graben helfen. Wir wollen ſolche auf ge-
〟meinſame Koſten in guten Stand ſetzen, und euch eine kleine
〟Acciſe von allem was durch euren Ort geht, erlauben, damit
〟ihr ſolche unterhalten koͤnnt. Ihr ſollet den bisherigen
〟Rauchſchatz dazu einbehalten; und von den Wachen an den
〟Amthaͤuſern befreyet ſeyn. Die Bruchfaͤlle, ſo in euerm
〟Orte vorfallen, ſollen zum Unterhalt eurer Buͤrgercapitains
〟dienen. Sie ſollen die Fiſcherey in den Graben zu ihrer
〟Ergoͤtzlichkeit und fuͤr die Raͤumung behalten. Ihr ſollet,
〟da ihr keinen Acker habt, und alle dieſe Laſten einzig und
〟allein von eurer Handarbeit beſtreiten muͤſſet, nach Vor-
〟ſchrift der vom Kayſer ausgegangenen Befehle, das Hand-
〟werk und den Handel durchs ganze Land allein treiben duͤr-
〟fen, und dabey von allen Zoͤllen befreyet ſeyn. Es ſoll kein
〟Jude oder ander reiſender Kraͤmer gegen euch gedultet wer-
〟den. Und wir wollen ohne die hoͤchſte Noth keinen Krieg
〟anfangen, ohne euch zu Rathe zu ziehen, damit wir euch
〟nicht zu oft mit den Koſten einer auſſerordentlichen Ver-
〟theidigung uͤberladen.„

So ſieht der Originalcontrakt zwiſchen dem Lande und
ſeinen Staͤdten durch ganz Deutſchland aus; und man wird
leicht von ſelbſt einſehen, daß derſelbe nicht anders angenom-
men werden koͤnne: er iſt auch wuͤrklich dem Plan vieler
orientaliſcher Staͤdte vorzuziehen, worinn man oft tauſend
Ackerhoͤfe zuſammen gezogen hat, weil man ſich nicht getrauete,
eine ſolche ſchwere Anlage blos dem Fleiße, oder dem Handel
und Handwerke allein aufzubuͤrden.

Ehe wir aber die Folgen, ſo wir hieraus zu unſer Ab-
ſicht gebrauchen, ziehen wollen, wird es noͤthig ſeyn, einige
ſcheinbare Einwuͤrfe zu heben, welche man jetzt einer ſolchen

ehe-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0208" n="190"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von dem Verfall des Handwerks</hi></fw><lb/>
&#x301F;nicht zu hart falle: &#x017F;o &#x017F;oll das ganze Land zur Errichtung<lb/>
&#x301F;der Wa&#x0364;lle und Graben helfen. Wir wollen &#x017F;olche auf ge-<lb/>
&#x301F;mein&#x017F;ame Ko&#x017F;ten in guten Stand &#x017F;etzen, und euch eine kleine<lb/>
&#x301F;Acci&#x017F;e von allem was durch euren Ort geht, erlauben, damit<lb/>
&#x301F;ihr &#x017F;olche unterhalten ko&#x0364;nnt. Ihr &#x017F;ollet den bisherigen<lb/>
&#x301F;Rauch&#x017F;chatz dazu einbehalten; und von den Wachen an den<lb/>
&#x301F;Amtha&#x0364;u&#x017F;ern befreyet &#x017F;eyn. Die Bruchfa&#x0364;lle, &#x017F;o in euerm<lb/>
&#x301F;Orte vorfallen, &#x017F;ollen zum Unterhalt eurer Bu&#x0364;rgercapitains<lb/>
&#x301F;dienen. Sie &#x017F;ollen die Fi&#x017F;cherey in den Graben zu ihrer<lb/>
&#x301F;Ergo&#x0364;tzlichkeit und fu&#x0364;r die Ra&#x0364;umung behalten. Ihr &#x017F;ollet,<lb/>
&#x301F;da ihr keinen Acker habt, und alle die&#x017F;e La&#x017F;ten einzig und<lb/>
&#x301F;allein von eurer Handarbeit be&#x017F;treiten mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;et, nach Vor-<lb/>
&#x301F;&#x017F;chrift der vom Kay&#x017F;er ausgegangenen Befehle, das Hand-<lb/>
&#x301F;werk und den Handel durchs ganze Land allein treiben du&#x0364;r-<lb/>
&#x301F;fen, und dabey von allen Zo&#x0364;llen befreyet &#x017F;eyn. Es &#x017F;oll kein<lb/>
&#x301F;Jude oder ander rei&#x017F;ender Kra&#x0364;mer gegen euch gedultet wer-<lb/>
&#x301F;den. Und wir wollen ohne die ho&#x0364;ch&#x017F;te Noth keinen Krieg<lb/>
&#x301F;anfangen, ohne euch zu Rathe zu ziehen, damit wir euch<lb/>
&#x301F;nicht zu oft mit den Ko&#x017F;ten einer au&#x017F;&#x017F;erordentlichen Ver-<lb/>
&#x301F;theidigung u&#x0364;berladen.&#x201E;</p><lb/>
        <p>So &#x017F;ieht der Originalcontrakt zwi&#x017F;chen dem Lande und<lb/>
&#x017F;einen Sta&#x0364;dten durch ganz Deut&#x017F;chland aus; und man wird<lb/>
leicht von &#x017F;elb&#x017F;t ein&#x017F;ehen, daß der&#x017F;elbe nicht anders angenom-<lb/>
men werden ko&#x0364;nne: er i&#x017F;t auch wu&#x0364;rklich dem Plan vieler<lb/>
orientali&#x017F;cher Sta&#x0364;dte vorzuziehen, worinn man oft tau&#x017F;end<lb/>
Ackerho&#x0364;fe zu&#x017F;ammen gezogen hat, weil man &#x017F;ich nicht getrauete,<lb/>
eine &#x017F;olche &#x017F;chwere Anlage blos dem Fleiße, oder dem Handel<lb/>
und Handwerke allein aufzubu&#x0364;rden.</p><lb/>
        <p>Ehe wir aber die Folgen, &#x017F;o wir hieraus zu un&#x017F;er Ab-<lb/>
&#x017F;icht gebrauchen, ziehen wollen, wird es no&#x0364;thig &#x017F;eyn, einige<lb/>
&#x017F;cheinbare Einwu&#x0364;rfe zu heben, welche man jetzt einer &#x017F;olchen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ehe-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[190/0208] Von dem Verfall des Handwerks 〟nicht zu hart falle: ſo ſoll das ganze Land zur Errichtung 〟der Waͤlle und Graben helfen. Wir wollen ſolche auf ge- 〟meinſame Koſten in guten Stand ſetzen, und euch eine kleine 〟Acciſe von allem was durch euren Ort geht, erlauben, damit 〟ihr ſolche unterhalten koͤnnt. Ihr ſollet den bisherigen 〟Rauchſchatz dazu einbehalten; und von den Wachen an den 〟Amthaͤuſern befreyet ſeyn. Die Bruchfaͤlle, ſo in euerm 〟Orte vorfallen, ſollen zum Unterhalt eurer Buͤrgercapitains 〟dienen. Sie ſollen die Fiſcherey in den Graben zu ihrer 〟Ergoͤtzlichkeit und fuͤr die Raͤumung behalten. Ihr ſollet, 〟da ihr keinen Acker habt, und alle dieſe Laſten einzig und 〟allein von eurer Handarbeit beſtreiten muͤſſet, nach Vor- 〟ſchrift der vom Kayſer ausgegangenen Befehle, das Hand- 〟werk und den Handel durchs ganze Land allein treiben duͤr- 〟fen, und dabey von allen Zoͤllen befreyet ſeyn. Es ſoll kein 〟Jude oder ander reiſender Kraͤmer gegen euch gedultet wer- 〟den. Und wir wollen ohne die hoͤchſte Noth keinen Krieg 〟anfangen, ohne euch zu Rathe zu ziehen, damit wir euch 〟nicht zu oft mit den Koſten einer auſſerordentlichen Ver- 〟theidigung uͤberladen.„ So ſieht der Originalcontrakt zwiſchen dem Lande und ſeinen Staͤdten durch ganz Deutſchland aus; und man wird leicht von ſelbſt einſehen, daß derſelbe nicht anders angenom- men werden koͤnne: er iſt auch wuͤrklich dem Plan vieler orientaliſcher Staͤdte vorzuziehen, worinn man oft tauſend Ackerhoͤfe zuſammen gezogen hat, weil man ſich nicht getrauete, eine ſolche ſchwere Anlage blos dem Fleiße, oder dem Handel und Handwerke allein aufzubuͤrden. Ehe wir aber die Folgen, ſo wir hieraus zu unſer Ab- ſicht gebrauchen, ziehen wollen, wird es noͤthig ſeyn, einige ſcheinbare Einwuͤrfe zu heben, welche man jetzt einer ſolchen ehe-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/208
Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/208>, abgerufen am 22.11.2024.