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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.

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Gedanken über die vielen Lotterien.
sterblichen Augen, wie sehr sich die fremden Lotterien verviel-
fältigen, und wie sie in jedem freyen Lande, in jedem kleinen
Flecken und in jedem Dorfe bereits ihre Schilder ausgehangen
und ihre Werbhäuser aufgerichtet haben. Sie sehen, wie
sich die ansteckende Begierde ohne Mühe reich zu werden, in
die kleinsten Köttereyen ausbreitet, und wo nicht den Mann,
wenn er seinen Brantewein trinket, doch gewiß die Frau, wenn
sie ihren Coffee holet, mit einem Billet erhaschet. Solte
denn nicht ein jeder Patriot wünschen, daß dieser allgemeine
Hang zum gemeinen Besten genutzt werden möchte? Ver-
wandelt sich nicht das Geld, was die Unterthanen auf solche
Weise verschwenden, in einem nützlichen Beytrag, wenn es
zur allgemeinen Wegebesserung verwandt, und denjenigen,
die es ausgeben, gleichsam wieder für die Thüre gebracht wird?
Gewiß Sie werden noch selbst hundert Billets nehmen, und
an dem Beschlag ihrer Wagen und Pferde jährlich so viel er-
sparen, als sie dafür ausgeben. Sie werden dieses Geld
mit so viel mehrerm Vergnügen ausgeben, je öfterer sie schon
gewünscht haben etwas zur Wegebesserung ohne Nachtheil ih-
rer Freyheit beytragen zu können. Dies werden Sie gewiß
thun. Ihre Devise ist: Freyheit, und ihre Seele: Patrio-
tismus
etc.

N. S.

Ich übersende Ihnen hiebey einen Plan von der hie-
sigen Lotterie, welchen Ihro Königl. Majestät als Vater ge-
nehmiget, und Löbl. Stiftsstände garantiret haben. An der
Sicherheit fehlt ihr also gewiß nichts. Daß sie mit aller
möglichen Treue und Aufrichtigkeit werde gezogen werden,
daran zweifeln sie gar nicht; und daß sie eben so vortheilhaft
als irgend eine andre Lotterie sey, können sie leicht daher
schließen, weil man nicht mehr und vielleicht noch weniger da-
von nimmt als anderwärts geschieht, und keine andre Neben-

absicht

Gedanken uͤber die vielen Lotterien.
ſterblichen Augen, wie ſehr ſich die fremden Lotterien verviel-
faͤltigen, und wie ſie in jedem freyen Lande, in jedem kleinen
Flecken und in jedem Dorfe bereits ihre Schilder ausgehangen
und ihre Werbhaͤuſer aufgerichtet haben. Sie ſehen, wie
ſich die anſteckende Begierde ohne Muͤhe reich zu werden, in
die kleinſten Koͤttereyen ausbreitet, und wo nicht den Mann,
wenn er ſeinen Brantewein trinket, doch gewiß die Frau, wenn
ſie ihren Coffee holet, mit einem Billet erhaſchet. Solte
denn nicht ein jeder Patriot wuͤnſchen, daß dieſer allgemeine
Hang zum gemeinen Beſten genutzt werden moͤchte? Ver-
wandelt ſich nicht das Geld, was die Unterthanen auf ſolche
Weiſe verſchwenden, in einem nuͤtzlichen Beytrag, wenn es
zur allgemeinen Wegebeſſerung verwandt, und denjenigen,
die es ausgeben, gleichſam wieder fuͤr die Thuͤre gebracht wird?
Gewiß Sie werden noch ſelbſt hundert Billets nehmen, und
an dem Beſchlag ihrer Wagen und Pferde jaͤhrlich ſo viel er-
ſparen, als ſie dafuͤr ausgeben. Sie werden dieſes Geld
mit ſo viel mehrerm Vergnuͤgen ausgeben, je oͤfterer ſie ſchon
gewuͤnſcht haben etwas zur Wegebeſſerung ohne Nachtheil ih-
rer Freyheit beytragen zu koͤnnen. Dies werden Sie gewiß
thun. Ihre Deviſe iſt: Freyheit, und ihre Seele: Patrio-
tiſmus
ꝛc.

N. S.

Ich uͤberſende Ihnen hiebey einen Plan von der hie-
ſigen Lotterie, welchen Ihro Koͤnigl. Majeſtaͤt als Vater ge-
nehmiget, und Loͤbl. Stiftsſtaͤnde garantiret haben. An der
Sicherheit fehlt ihr alſo gewiß nichts. Daß ſie mit aller
moͤglichen Treue und Aufrichtigkeit werde gezogen werden,
daran zweifeln ſie gar nicht; und daß ſie eben ſo vortheilhaft
als irgend eine andre Lotterie ſey, koͤnnen ſie leicht daher
ſchließen, weil man nicht mehr und vielleicht noch weniger da-
von nimmt als anderwaͤrts geſchieht, und keine andre Neben-

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[166/0184] Gedanken uͤber die vielen Lotterien. ſterblichen Augen, wie ſehr ſich die fremden Lotterien verviel- faͤltigen, und wie ſie in jedem freyen Lande, in jedem kleinen Flecken und in jedem Dorfe bereits ihre Schilder ausgehangen und ihre Werbhaͤuſer aufgerichtet haben. Sie ſehen, wie ſich die anſteckende Begierde ohne Muͤhe reich zu werden, in die kleinſten Koͤttereyen ausbreitet, und wo nicht den Mann, wenn er ſeinen Brantewein trinket, doch gewiß die Frau, wenn ſie ihren Coffee holet, mit einem Billet erhaſchet. Solte denn nicht ein jeder Patriot wuͤnſchen, daß dieſer allgemeine Hang zum gemeinen Beſten genutzt werden moͤchte? Ver- wandelt ſich nicht das Geld, was die Unterthanen auf ſolche Weiſe verſchwenden, in einem nuͤtzlichen Beytrag, wenn es zur allgemeinen Wegebeſſerung verwandt, und denjenigen, die es ausgeben, gleichſam wieder fuͤr die Thuͤre gebracht wird? Gewiß Sie werden noch ſelbſt hundert Billets nehmen, und an dem Beſchlag ihrer Wagen und Pferde jaͤhrlich ſo viel er- ſparen, als ſie dafuͤr ausgeben. Sie werden dieſes Geld mit ſo viel mehrerm Vergnuͤgen ausgeben, je oͤfterer ſie ſchon gewuͤnſcht haben etwas zur Wegebeſſerung ohne Nachtheil ih- rer Freyheit beytragen zu koͤnnen. Dies werden Sie gewiß thun. Ihre Deviſe iſt: Freyheit, und ihre Seele: Patrio- tiſmus ꝛc. N. S. Ich uͤberſende Ihnen hiebey einen Plan von der hie- ſigen Lotterie, welchen Ihro Koͤnigl. Majeſtaͤt als Vater ge- nehmiget, und Loͤbl. Stiftsſtaͤnde garantiret haben. An der Sicherheit fehlt ihr alſo gewiß nichts. Daß ſie mit aller moͤglichen Treue und Aufrichtigkeit werde gezogen werden, daran zweifeln ſie gar nicht; und daß ſie eben ſo vortheilhaft als irgend eine andre Lotterie ſey, koͤnnen ſie leicht daher ſchließen, weil man nicht mehr und vielleicht noch weniger da- von nimmt als anderwaͤrts geſchieht, und keine andre Neben- abſicht

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/184>, abgerufen am 22.11.2024.