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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.

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Antwort auf verschiedene Vorschläge
so Mittel haben, ohne sich ein bisgen hervorthun zu dürfen,
durch eine gar zu genaue Einschränkung zwingen, sich in solche
Länder zu begeben, wo sie unter dem Schutze eines leeren
Tittels ihre Thorheit und ihren Reichthum nach Gefallen
zeigen können? Werden wir diejenigen, so wir mit Gewalt
in eine niedrige Klasse setzen, auch abhalten können, sich ei-
nen Adelbrief oder einen Tittel und mit diesem das Recht
geben zu lassen, sich in derjenigen Farbe zu zeigen, die ihnen
am besten gefällt? Oder werden etwa die Gesetze blos für
kluge Leute gegeben?

Es ist kein einziger unter ihnen, der nicht den Adel in
eine Klasse werfe, und ihn alt oder neu, bewiesen oder unbe-
wiesen, reich oder arm, im Dienst oder ausser Dienst unter
einer Rubrik setze. Glauben die Verfasser demselben durch diese
Vermischung zu schmeicheln? Oder meinen sie, daß es etwas
sehr vernünftiges sey, ein Oberheroldsamt aufzurichten, für dem-
selben alle Stammtafeln zu prüfen, und um zwey fehlender
Ahnen willen den bemittelten Mann, der sich auf diese Art
beschimpft halten würde, ans dem Lande zu weisen? Glauben
sie, daß die gemeine Ehre und der gemeine Vorzug sich eben
so gut als der Hofrang und die Hofkleidung ausmachen lasse?
Ein Fürst darf nur sein Hausrecht gebrauchen um zu befehlen,
daß dieser in dieser und jener in jener Kleidung an Hof kom-
men solle. Wer keine Lust dazu hat, der setzt sich in seinem
Lehnstuhl und pfeift. Allein um die Kleider im ganzen Staat
zu reguliren, ohne hier wider die Billigkeit, dort gegen die
Klugheit, und dann gegen sein eignes und des Landes Intresse
anzustossen, dazu gehöret sehr viel. Ich erwehne nichts von
der Tyranney, welche darinn steckt, wenn Fürnehmere sich
alles erlauben, und den Geringern alles untersagen wollen;
nichts davon woher sie die Befugiß nehmen wollen, zehn
freyen Eigenthümern das, und zehn andern das zu verbieten,

und

Antwort auf verſchiedene Vorſchlaͤge
ſo Mittel haben, ohne ſich ein bisgen hervorthun zu duͤrfen,
durch eine gar zu genaue Einſchraͤnkung zwingen, ſich in ſolche
Laͤnder zu begeben, wo ſie unter dem Schutze eines leeren
Tittels ihre Thorheit und ihren Reichthum nach Gefallen
zeigen koͤnnen? Werden wir diejenigen, ſo wir mit Gewalt
in eine niedrige Klaſſe ſetzen, auch abhalten koͤnnen, ſich ei-
nen Adelbrief oder einen Tittel und mit dieſem das Recht
geben zu laſſen, ſich in derjenigen Farbe zu zeigen, die ihnen
am beſten gefaͤllt? Oder werden etwa die Geſetze blos fuͤr
kluge Leute gegeben?

Es iſt kein einziger unter ihnen, der nicht den Adel in
eine Klaſſe werfe, und ihn alt oder neu, bewieſen oder unbe-
wieſen, reich oder arm, im Dienſt oder auſſer Dienſt unter
einer Rubrik ſetze. Glauben die Verfaſſer demſelben durch dieſe
Vermiſchung zu ſchmeicheln? Oder meinen ſie, daß es etwas
ſehr vernuͤnftiges ſey, ein Oberheroldsamt aufzurichten, fuͤr dem-
ſelben alle Stammtafeln zu pruͤfen, und um zwey fehlender
Ahnen willen den bemittelten Mann, der ſich auf dieſe Art
beſchimpft halten wuͤrde, ans dem Lande zu weiſen? Glauben
ſie, daß die gemeine Ehre und der gemeine Vorzug ſich eben
ſo gut als der Hofrang und die Hofkleidung ausmachen laſſe?
Ein Fuͤrſt darf nur ſein Hausrecht gebrauchen um zu befehlen,
daß dieſer in dieſer und jener in jener Kleidung an Hof kom-
men ſolle. Wer keine Luſt dazu hat, der ſetzt ſich in ſeinem
Lehnſtuhl und pfeift. Allein um die Kleider im ganzen Staat
zu reguliren, ohne hier wider die Billigkeit, dort gegen die
Klugheit, und dann gegen ſein eignes und des Landes Intreſſe
anzuſtoſſen, dazu gehoͤret ſehr viel. Ich erwehne nichts von
der Tyranney, welche darinn ſteckt, wenn Fuͤrnehmere ſich
alles erlauben, und den Geringern alles unterſagen wollen;
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freyen Eigenthuͤmern das, und zehn andern das zu verbieten,

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[152/0170] Antwort auf verſchiedene Vorſchlaͤge ſo Mittel haben, ohne ſich ein bisgen hervorthun zu duͤrfen, durch eine gar zu genaue Einſchraͤnkung zwingen, ſich in ſolche Laͤnder zu begeben, wo ſie unter dem Schutze eines leeren Tittels ihre Thorheit und ihren Reichthum nach Gefallen zeigen koͤnnen? Werden wir diejenigen, ſo wir mit Gewalt in eine niedrige Klaſſe ſetzen, auch abhalten koͤnnen, ſich ei- nen Adelbrief oder einen Tittel und mit dieſem das Recht geben zu laſſen, ſich in derjenigen Farbe zu zeigen, die ihnen am beſten gefaͤllt? Oder werden etwa die Geſetze blos fuͤr kluge Leute gegeben? Es iſt kein einziger unter ihnen, der nicht den Adel in eine Klaſſe werfe, und ihn alt oder neu, bewieſen oder unbe- wieſen, reich oder arm, im Dienſt oder auſſer Dienſt unter einer Rubrik ſetze. Glauben die Verfaſſer demſelben durch dieſe Vermiſchung zu ſchmeicheln? Oder meinen ſie, daß es etwas ſehr vernuͤnftiges ſey, ein Oberheroldsamt aufzurichten, fuͤr dem- ſelben alle Stammtafeln zu pruͤfen, und um zwey fehlender Ahnen willen den bemittelten Mann, der ſich auf dieſe Art beſchimpft halten wuͤrde, ans dem Lande zu weiſen? Glauben ſie, daß die gemeine Ehre und der gemeine Vorzug ſich eben ſo gut als der Hofrang und die Hofkleidung ausmachen laſſe? Ein Fuͤrſt darf nur ſein Hausrecht gebrauchen um zu befehlen, daß dieſer in dieſer und jener in jener Kleidung an Hof kom- men ſolle. Wer keine Luſt dazu hat, der ſetzt ſich in ſeinem Lehnſtuhl und pfeift. Allein um die Kleider im ganzen Staat zu reguliren, ohne hier wider die Billigkeit, dort gegen die Klugheit, und dann gegen ſein eignes und des Landes Intreſſe anzuſtoſſen, dazu gehoͤret ſehr viel. Ich erwehne nichts von der Tyranney, welche darinn ſteckt, wenn Fuͤrnehmere ſich alles erlauben, und den Geringern alles unterſagen wollen; nichts davon woher ſie die Befugiß nehmen wollen, zehn freyen Eigenthuͤmern das, und zehn andern das zu verbieten, und

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/170>, abgerufen am 22.11.2024.