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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.

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Gedanken über die Mittel, den übermäßigen
unbeschwert, unvermindert und ohne alle Nebenbedingungen.
Und der darauf gefestete Mann, oder der Wehrfester, muß sie
unbeschwert und unverändert erhalten; dem Gutsherrn wie
dem Staate das seinige davon geben; und wenn er solches
nicht mehr thun kann, wenn es durch Unglück ist, auf die
Leibzucht, und wenn es durch sein Verschulden geschieht, ganz
herunter gesetzt werden. Die deutschen Rechte sind in diesem
Stücke klar und allgemein gewesen. Die fürstlichen Vor-
mundschaften sind mit der völligen Abnutzung verknüpft, so
lange der Erbfolger zu schwach ist sein Reichslehn zu verthey-
digen. Ein gleiches hat bey allen Gütern, welche jemals
im Reichs- Lehns- und Landeskataster gestanden, Statt ge-
habt; und der Grund unser Mahljahre oder einer auf sichere
Jahre bestimmten Verwaltung mit der völligen Abnutzung
des Hofes liegt darinn. Wer an Jahren, Verstande, Ver-
nunft, Vermögen, guten Willen und Kräften zu schwach ist,
sein Land, sein Lehn oder sein schatzbares Erbe zu vertheydi-
gen, der ist ohne Rücksicht auf Schuld oder Unschuld seiner
Pfründe auf ewig oder so lange sein Unvermögen dauret, zu
entsetzen.

Wir haben diese klaren Begriffe selbst dadurch verwir-
ret, daß wir theils den Contract zwischen dem Gutsherrn und
seinen pachtpflichtigen Mann, als eine gemeine aber mit der
Zeit erblich gewordene Verpachtung betrachtet und solche nach
den römischen Rechten beurtheilt; sodann aber zu den Ab-
meyerungsursachen ein Verbrechen, oder doch so etwas ähnli-
ches, erfordert haben, wozu uns dasjenige, was in der Eigen-
thumsordnung vom Ehebruch und Hurerey gesagt ist, ver-
führet haben kann. Allein das erstere ist irrig, wie mit un-
widerleglichen Gründen gezeigt werden kann, und das letztere
ein offenbares Mißverständniß. Es ist nicht der Ehebruch,
nicht die Hurerey, sondern die daraus erwachsende schwere

Last,

Gedanken uͤber die Mittel, den uͤbermaͤßigen
unbeſchwert, unvermindert und ohne alle Nebenbedingungen.
Und der darauf gefeſtete Mann, oder der Wehrfeſter, muß ſie
unbeſchwert und unveraͤndert erhalten; dem Gutsherrn wie
dem Staate das ſeinige davon geben; und wenn er ſolches
nicht mehr thun kann, wenn es durch Ungluͤck iſt, auf die
Leibzucht, und wenn es durch ſein Verſchulden geſchieht, ganz
herunter geſetzt werden. Die deutſchen Rechte ſind in dieſem
Stuͤcke klar und allgemein geweſen. Die fuͤrſtlichen Vor-
mundſchaften ſind mit der voͤlligen Abnutzung verknuͤpft, ſo
lange der Erbfolger zu ſchwach iſt ſein Reichslehn zu verthey-
digen. Ein gleiches hat bey allen Guͤtern, welche jemals
im Reichs- Lehns- und Landeskataſter geſtanden, Statt ge-
habt; und der Grund unſer Mahljahre oder einer auf ſichere
Jahre beſtimmten Verwaltung mit der voͤlligen Abnutzung
des Hofes liegt darinn. Wer an Jahren, Verſtande, Ver-
nunft, Vermoͤgen, guten Willen und Kraͤften zu ſchwach iſt,
ſein Land, ſein Lehn oder ſein ſchatzbares Erbe zu vertheydi-
gen, der iſt ohne Ruͤckſicht auf Schuld oder Unſchuld ſeiner
Pfruͤnde auf ewig oder ſo lange ſein Unvermoͤgen dauret, zu
entſetzen.

Wir haben dieſe klaren Begriffe ſelbſt dadurch verwir-
ret, daß wir theils den Contract zwiſchen dem Gutsherrn und
ſeinen pachtpflichtigen Mann, als eine gemeine aber mit der
Zeit erblich gewordene Verpachtung betrachtet und ſolche nach
den roͤmiſchen Rechten beurtheilt; ſodann aber zu den Ab-
meyerungsurſachen ein Verbrechen, oder doch ſo etwas aͤhnli-
ches, erfordert haben, wozu uns dasjenige, was in der Eigen-
thumsordnung vom Ehebruch und Hurerey geſagt iſt, ver-
fuͤhret haben kann. Allein das erſtere iſt irrig, wie mit un-
widerleglichen Gruͤnden gezeigt werden kann, und das letztere
ein offenbares Mißverſtaͤndniß. Es iſt nicht der Ehebruch,
nicht die Hurerey, ſondern die daraus erwachſende ſchwere

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[146/0164] Gedanken uͤber die Mittel, den uͤbermaͤßigen unbeſchwert, unvermindert und ohne alle Nebenbedingungen. Und der darauf gefeſtete Mann, oder der Wehrfeſter, muß ſie unbeſchwert und unveraͤndert erhalten; dem Gutsherrn wie dem Staate das ſeinige davon geben; und wenn er ſolches nicht mehr thun kann, wenn es durch Ungluͤck iſt, auf die Leibzucht, und wenn es durch ſein Verſchulden geſchieht, ganz herunter geſetzt werden. Die deutſchen Rechte ſind in dieſem Stuͤcke klar und allgemein geweſen. Die fuͤrſtlichen Vor- mundſchaften ſind mit der voͤlligen Abnutzung verknuͤpft, ſo lange der Erbfolger zu ſchwach iſt ſein Reichslehn zu verthey- digen. Ein gleiches hat bey allen Guͤtern, welche jemals im Reichs- Lehns- und Landeskataſter geſtanden, Statt ge- habt; und der Grund unſer Mahljahre oder einer auf ſichere Jahre beſtimmten Verwaltung mit der voͤlligen Abnutzung des Hofes liegt darinn. Wer an Jahren, Verſtande, Ver- nunft, Vermoͤgen, guten Willen und Kraͤften zu ſchwach iſt, ſein Land, ſein Lehn oder ſein ſchatzbares Erbe zu vertheydi- gen, der iſt ohne Ruͤckſicht auf Schuld oder Unſchuld ſeiner Pfruͤnde auf ewig oder ſo lange ſein Unvermoͤgen dauret, zu entſetzen. Wir haben dieſe klaren Begriffe ſelbſt dadurch verwir- ret, daß wir theils den Contract zwiſchen dem Gutsherrn und ſeinen pachtpflichtigen Mann, als eine gemeine aber mit der Zeit erblich gewordene Verpachtung betrachtet und ſolche nach den roͤmiſchen Rechten beurtheilt; ſodann aber zu den Ab- meyerungsurſachen ein Verbrechen, oder doch ſo etwas aͤhnli- ches, erfordert haben, wozu uns dasjenige, was in der Eigen- thumsordnung vom Ehebruch und Hurerey geſagt iſt, ver- fuͤhret haben kann. Allein das erſtere iſt irrig, wie mit un- widerleglichen Gruͤnden gezeigt werden kann, und das letztere ein offenbares Mißverſtaͤndniß. Es iſt nicht der Ehebruch, nicht die Hurerey, ſondern die daraus erwachſende ſchwere Laſt,

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/164>, abgerufen am 22.11.2024.