Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.Die Schenkung unter den Lebendigen mich aber ohne daß ich es begriffen, das meinige unter denLebendigen verschenken lassen; und nun trotzen mir meine künftigen Erben täglich im Hause, und sagen: Sie wären Herrn meiner Kötterey, und ich könnte ihnen keinen größern Gefallen thun, als wenn ich mich zu Tode ärgerte. Diese Undankbarkeit schneidet mich durch die Seele; Der Beweis, sagte er, daß ich eine Schenkung auf den Wie kann aber eine geringe Kötters Frau den Unter- eher
Die Schenkung unter den Lebendigen mich aber ohne daß ich es begriffen, das meinige unter denLebendigen verſchenken laſſen; und nun trotzen mir meine kuͤnftigen Erben taͤglich im Hauſe, und ſagen: Sie waͤren Herrn meiner Koͤtterey, und ich koͤnnte ihnen keinen groͤßern Gefallen thun, als wenn ich mich zu Tode aͤrgerte. Dieſe Undankbarkeit ſchneidet mich durch die Seele; Der Beweis, ſagte er, daß ich eine Schenkung auf den Wie kann aber eine geringe Koͤtters Frau den Unter- eher
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Die Schenkung unter den Lebendigen
mich aber ohne daß ich es begriffen, das meinige unter den
Lebendigen verſchenken laſſen; und nun trotzen mir meine
kuͤnftigen Erben taͤglich im Hauſe, und ſagen: Sie waͤren
Herrn meiner Koͤtterey, und ich koͤnnte ihnen keinen groͤßern
Gefallen thun, als wenn ich mich zu Tode aͤrgerte.
Dieſe Undankbarkeit ſchneidet mich durch die Seele;
und ich bin deswegen zu einem Rechtsgelahrten in die Stadt
gegangen, um mich bey demſelben Raths zu erholen; ob ich
nicht noch mit dem meinigen thun koͤnnte was ich wollte?
Allein er hat mir ſchlechten Troſt gegeben.
Der Beweis, ſagte er, daß ich eine Schenkung auf den
Todesfall und keine Schenkung unter den Lebendigen haͤtte
machen wollen, wuͤrde mir ſchwer fallen, indem der Notarius
mit zween Zeugen das Gegentheil bekraͤftigte. Mit dem Be-
weiſe der Undankbarkeit wuͤrde ich ſo leicht nicht auslangen,
weil meines Brudern Kinder keine Zeugen dabey gerufen ha-
ben wuͤrden, wenn ſie mich fuͤr eine alte Hexe geſcholten, und
mir den Tod gewuͤnſchet haͤtten. Endlich beliefe ſich auch
mein verſchenktes Vermoͤgen nicht uͤber 500 Ducaten, und
ſo waͤre dieſe Schenkung, ob ſie gleich auſſer Gerichts geſchehen,
zu Recht beſtaͤndig.
Wie kann aber eine geringe Koͤtters Frau den Unter-
ſchied zwiſchen ſchenken auf den Todesfall und ſchenken unter
den Lebendigen wiſſen, wenn ſie in beyden Faͤllen das ver-
ſchenkte Zeit Lebens in Beſitz behaͤlt? Wer huͤtet ſich fuͤr
ſolche verzweifelte Quinten? Und haben die Geſetzgeber,
welche eine auſſer gerichtliche Schenkung alsdenn, wenn ſie
unter 500 Ducaten iſt, fuͤr guͤltig erkennen, auch wohl an
eine Koͤtters Frau in Weſtphalen gedacht? Sind dieſer ihre
fuͤnfhundert Pfennige nicht eben ſo lieb und wichtig, als ei-
nem Edelmann 500 Ducaten? Und ſolten die Geſetze nicht
eher
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