Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.jährlich nach Holland gehen; wird bejahet. Die geringen Nebenwohner, da sie einmal da sind, und inbenachbarten Ländern nicht gleiche Vortheile finden, können es nicht entbehren; und die Prediger in manchen Kirchspielen eifern gegen das Verheuren an den Meistbiethenden auf den Canzeln als gegen eine Sünde. Wo ist aber ein Land, da man diese Art von Sünde kennt? Der vornehme Verfasser des Hausvaters, der gewiß den Haushalt von allen möglichen Seiten betrachtet hat, der Herr Landdrost von Münchhausen gesteht, daß, wenn er seine Güter in unserm Stifte hätte, sie ihm doppelt so viel als jetzt einbringen würden. Dies würden sie thun, ohne daß er nöthig hätte, sich des Jahrs mehr als einmal, wenn der Zahlungstag der Heuergelder ist, darnach umzusehen. Die Ursachen, so derselbe hievon an- giebt, besteht in der vorzüglichen Bevölkerung durch jene Heuerleute. Wahr ist es, daß diese Bevölkerung den Landbesitzern thig G 2
jaͤhrlich nach Holland gehen; wird bejahet. Die geringen Nebenwohner, da ſie einmal da ſind, und inbenachbarten Laͤndern nicht gleiche Vortheile finden, koͤnnen es nicht entbehren; und die Prediger in manchen Kirchſpielen eifern gegen das Verheuren an den Meiſtbiethenden auf den Canzeln als gegen eine Suͤnde. Wo iſt aber ein Land, da man dieſe Art von Suͤnde kennt? Der vornehme Verfaſſer des Hausvaters, der gewiß den Haushalt von allen moͤglichen Seiten betrachtet hat, der Herr Landdroſt von Muͤnchhauſen geſteht, daß, wenn er ſeine Guͤter in unſerm Stifte haͤtte, ſie ihm doppelt ſo viel als jetzt einbringen wuͤrden. Dies wuͤrden ſie thun, ohne daß er noͤthig haͤtte, ſich des Jahrs mehr als einmal, wenn der Zahlungstag der Heuergelder iſt, darnach umzuſehen. Die Urſachen, ſo derſelbe hievon an- giebt, beſteht in der vorzuͤglichen Bevoͤlkerung durch jene Heuerleute. Wahr iſt es, daß dieſe Bevoͤlkerung den Landbeſitzern thig G 2
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jaͤhrlich nach Holland gehen; wird bejahet.
Die geringen Nebenwohner, da ſie einmal da ſind, und in
benachbarten Laͤndern nicht gleiche Vortheile finden, koͤnnen
es nicht entbehren; und die Prediger in manchen Kirchſpielen
eifern gegen das Verheuren an den Meiſtbiethenden auf den
Canzeln als gegen eine Suͤnde. Wo iſt aber ein Land, da
man dieſe Art von Suͤnde kennt? Der vornehme Verfaſſer
des Hausvaters, der gewiß den Haushalt von allen moͤglichen
Seiten betrachtet hat, der Herr Landdroſt von Muͤnchhauſen
geſteht, daß, wenn er ſeine Guͤter in unſerm Stifte haͤtte,
ſie ihm doppelt ſo viel als jetzt einbringen wuͤrden. Dies
wuͤrden ſie thun, ohne daß er noͤthig haͤtte, ſich des Jahrs
mehr als einmal, wenn der Zahlungstag der Heuergelder iſt,
darnach umzuſehen. Die Urſachen, ſo derſelbe hievon an-
giebt, beſteht in der vorzuͤglichen Bevoͤlkerung durch jene
Heuerleute.
Wahr iſt es, daß dieſe Bevoͤlkerung den Landbeſitzern
auf ſichere Weiſe zur Laſt falle; und die unzaͤhlichen Beſchwer-
den, welche die Landſtaͤnde ehedem uͤber die Zunahme der
Neubauer gefuͤhret haben, ſind damals nicht ohne Grund
geweſen. Wir haben Landesherrliche Verordnungen von dem
Biſchoffe Philipp Sigismund, worinn die Anſetzung eines
neuen Hauſes, bey einer Strafe von 10 Goldfl. verboten iſt;
und der Landtags-Abſchied vom Jahr 1608. enthaͤlt buchſtaͤb-
lich, daß auf den ganzen und halben Erben, wo vorhin zwey
Feuerſtaͤtten geweſen, nur die Sahlſtaͤtte und Leibzucht geſtat-
tet, auf den Kotten, wo vorhin keine geweſen, keine neue er-
richtet, und auf jeder Feuerſtaͤtte nur eine Parthey geduldet
werden ſollte. Allein ſeitdem ſich unter der Territorial-Ho-
heit die Grundſaͤtze in dieſem Stuͤcke veraͤndert haben, und
die Bevoͤlkerung in einen andern Geſichtspunkt gekommen iſt;
ſeitdem der Landbeſitzer ſich nicht mehr mit ſeinem eigenen
Vieh und Korne fertig machen kann, ſondern auch Geld noͤ-
thig
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