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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.

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Die Frage: Ist es gut, daß die Unterthan.
stichige Aepfel fallen, ist insgemein fruchtbarer, als ein an-
der, worunter keiner liegt. Wer hier blos auf die Erde und
nicht in die Höhe sieht, der wird leicht unrichtig urtheilen,
und nicht erkennen, daß jener mehr Früchte habe als dieser.

Es läßt sich sehr wahrscheinlich zeigen, daß in diesem
Jahrhundert, sich über viertausend Neubauer im hiesigen
Stifte niedergelassen haben; und der unmäßige Preis unser
Ländereyen, welcher höher ist, als er irgendwo in Europa seyn
wird, bestärket diese Vermuthung. Sechs und funfzig Qua-
dratruthen von unsern besten Feldlande, und wahrlich unser
bestes kann in Vergleichung anderer Länder, kaum für mit-
telmäßiges gelten, ist in verschiedenen Gegenden über vier
Thaler jährlichen Heuergeldes ausgebracht worden; und das
Gartenland doppelt so hoch als das Feldland. Es ist kein ein-
ziger sogenannter großer Haushalt im ganzen Stifte mehr,
weil kein Pächter das Land so hoch bezahlen und kein Eigen-
thümer es so theuer nutzen kann, als es die Heuerleute bezah-
len. Da diese in den öffentlichen Lasten weislich geschonet;
von aller Werbung befreyet, und an manchen Orten mit der
Feurung und Weide leicht versorget werden: so verheuret der
Eigenthümer der Ländereyen nicht blos sein Land, sondern
auch die freye edle Luft unter einer milden Regierung; und
alle die Vortheile, die ein Land ohne Truppen, ohne Accise, und
ohne Cameralisten gewähren kann; die Vortheile, welche Heiden
und Mohre darbieten; und den öffentlichen Credit, worinn
unsere glückliche Verfassung, sowol die heilsame Gerechtigkeit,
als die Landesherrliche Macht erhalten hat; alle diese Vor-
theile würden ungenutzt seyn, wenn wir die Menge von Heuer-
leuten nicht hätten; und diese wieder wegfallen, wenn sie ihr
Brod aus dem Heid- Sand- oder Mohrlande ziehen sollten.

Viele Edelleute machen sich mit Recht ein Gewissen
daraus, ihre Länder an den Meistbiethenden zu vermiethen.

Die

Die Frage: Iſt es gut, daß die Unterthan.
ſtichige Aepfel fallen, iſt insgemein fruchtbarer, als ein an-
der, worunter keiner liegt. Wer hier blos auf die Erde und
nicht in die Hoͤhe ſieht, der wird leicht unrichtig urtheilen,
und nicht erkennen, daß jener mehr Fruͤchte habe als dieſer.

Es laͤßt ſich ſehr wahrſcheinlich zeigen, daß in dieſem
Jahrhundert, ſich uͤber viertauſend Neubauer im hieſigen
Stifte niedergelaſſen haben; und der unmaͤßige Preis unſer
Laͤndereyen, welcher hoͤher iſt, als er irgendwo in Europa ſeyn
wird, beſtaͤrket dieſe Vermuthung. Sechs und funfzig Qua-
dratruthen von unſern beſten Feldlande, und wahrlich unſer
beſtes kann in Vergleichung anderer Laͤnder, kaum fuͤr mit-
telmaͤßiges gelten, iſt in verſchiedenen Gegenden uͤber vier
Thaler jaͤhrlichen Heuergeldes ausgebracht worden; und das
Gartenland doppelt ſo hoch als das Feldland. Es iſt kein ein-
ziger ſogenannter großer Haushalt im ganzen Stifte mehr,
weil kein Paͤchter das Land ſo hoch bezahlen und kein Eigen-
thuͤmer es ſo theuer nutzen kann, als es die Heuerleute bezah-
len. Da dieſe in den oͤffentlichen Laſten weislich geſchonet;
von aller Werbung befreyet, und an manchen Orten mit der
Feurung und Weide leicht verſorget werden: ſo verheuret der
Eigenthuͤmer der Laͤndereyen nicht blos ſein Land, ſondern
auch die freye edle Luft unter einer milden Regierung; und
alle die Vortheile, die ein Land ohne Truppen, ohne Acciſe, und
ohne Cameraliſten gewaͤhren kann; die Vortheile, welche Heiden
und Mohre darbieten; und den oͤffentlichen Credit, worinn
unſere gluͤckliche Verfaſſung, ſowol die heilſame Gerechtigkeit,
als die Landesherrliche Macht erhalten hat; alle dieſe Vor-
theile wuͤrden ungenutzt ſeyn, wenn wir die Menge von Heuer-
leuten nicht haͤtten; und dieſe wieder wegfallen, wenn ſie ihr
Brod aus dem Heid- Sand- oder Mohrlande ziehen ſollten.

Viele Edelleute machen ſich mit Recht ein Gewiſſen
daraus, ihre Laͤnder an den Meiſtbiethenden zu vermiethen.

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[98/0116] Die Frage: Iſt es gut, daß die Unterthan. ſtichige Aepfel fallen, iſt insgemein fruchtbarer, als ein an- der, worunter keiner liegt. Wer hier blos auf die Erde und nicht in die Hoͤhe ſieht, der wird leicht unrichtig urtheilen, und nicht erkennen, daß jener mehr Fruͤchte habe als dieſer. Es laͤßt ſich ſehr wahrſcheinlich zeigen, daß in dieſem Jahrhundert, ſich uͤber viertauſend Neubauer im hieſigen Stifte niedergelaſſen haben; und der unmaͤßige Preis unſer Laͤndereyen, welcher hoͤher iſt, als er irgendwo in Europa ſeyn wird, beſtaͤrket dieſe Vermuthung. Sechs und funfzig Qua- dratruthen von unſern beſten Feldlande, und wahrlich unſer beſtes kann in Vergleichung anderer Laͤnder, kaum fuͤr mit- telmaͤßiges gelten, iſt in verſchiedenen Gegenden uͤber vier Thaler jaͤhrlichen Heuergeldes ausgebracht worden; und das Gartenland doppelt ſo hoch als das Feldland. Es iſt kein ein- ziger ſogenannter großer Haushalt im ganzen Stifte mehr, weil kein Paͤchter das Land ſo hoch bezahlen und kein Eigen- thuͤmer es ſo theuer nutzen kann, als es die Heuerleute bezah- len. Da dieſe in den oͤffentlichen Laſten weislich geſchonet; von aller Werbung befreyet, und an manchen Orten mit der Feurung und Weide leicht verſorget werden: ſo verheuret der Eigenthuͤmer der Laͤndereyen nicht blos ſein Land, ſondern auch die freye edle Luft unter einer milden Regierung; und alle die Vortheile, die ein Land ohne Truppen, ohne Acciſe, und ohne Cameraliſten gewaͤhren kann; die Vortheile, welche Heiden und Mohre darbieten; und den oͤffentlichen Credit, worinn unſere gluͤckliche Verfaſſung, ſowol die heilſame Gerechtigkeit, als die Landesherrliche Macht erhalten hat; alle dieſe Vor- theile wuͤrden ungenutzt ſeyn, wenn wir die Menge von Heuer- leuten nicht haͤtten; und dieſe wieder wegfallen, wenn ſie ihr Brod aus dem Heid- Sand- oder Mohrlande ziehen ſollten. Viele Edelleute machen ſich mit Recht ein Gewiſſen daraus, ihre Laͤnder an den Meiſtbiethenden zu vermiethen. Die

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/116>, abgerufen am 22.11.2024.