sieget. Schwiegereltern und Verwandte glauben hier den reichen Holländer an seinem Kleide und Beutel zu erblicken, und die Ehe wird getroffen. Aber ach! Was entstehet dar- aus? Die betrogene Frau bereuet ihre Thorheit ohne Erhö- rung und stirbet endlich vor Gram. Der durch Faulheit zum Weichling gewordene Mann geräth in die gröste Armuth- und die unglücklichen Kinder werden zur Last der Gemeinde auf den Armen-Kasten verwiesen.
Noch mehr. Solche Art Leute, als wir bisher abge- malet haben, machen faule und üppige Bauren, die ihren Landes- oder Gutsherrn betriegen, und ihr Erbe in ewige Schulden setzen. In unsern wollüstigen Tagen weis der Bauer, allen strengen Gesetzen ohngeachtet, eben so gut Cof- fee und Thee zu trinken, als der vornehme Mann in der Stadt. Er hat bey seiner Stätte 8 bis 12 Malter Saatlan- des, und diese sind seine Goldgruben; und sie würden es auch ohnfehlbar seyn, wenn ers nur nicht auf die verkehrteste Art anfienge. Anstatt sein Land gehörig zu bearbeiten, ver- pfändet er lieber ein Schfl. Saat nach dem andern. Kommt ein Creditor, so spricht er ihn bis Allerheiligen zufrieden, und ist die Schuld nicht allzugroß, so giebt er ihm ein Gedulthuhn, sonst aber wohl gar ein Schwein mit auf dem Weg. Sein holländischer Heuermann ist kaum zu Haufe, so klopfet der Bauer schon an dessen Tasche und holet 80 Gulden auf 4 Schfl. Saatlandes zu dessen Gebrauch und Unterpfand. Damit be- zahlet er nun seine wollüstigen Schulden, und machet seine Stätte immer kleiner und drückender. Endlich nimmt er seine Zuflucht zum 6 oder 12 jährigen Stillstand, und setzet sich, sein Erbe und Kinder in die kläglichsten Umstände, die auch der unermüdete Schweiß seiner Nachkommen eines Jahrhun- derts nicht zu bessern vermögend sind. Würde nun der Bauer diese Quelle seines Verderbens nicht kennen; so würde er
auch
Ob das haͤufige Hollandgehen
ſieget. Schwiegereltern und Verwandte glauben hier den reichen Hollaͤnder an ſeinem Kleide und Beutel zu erblicken, und die Ehe wird getroffen. Aber ach! Was entſtehet dar- aus? Die betrogene Frau bereuet ihre Thorheit ohne Erhoͤ- rung und ſtirbet endlich vor Gram. Der durch Faulheit zum Weichling gewordene Mann geraͤth in die groͤſte Armuth- und die ungluͤcklichen Kinder werden zur Laſt der Gemeinde auf den Armen-Kaſten verwieſen.
Noch mehr. Solche Art Leute, als wir bisher abge- malet haben, machen faule und uͤppige Bauren, die ihren Landes- oder Gutsherrn betriegen, und ihr Erbe in ewige Schulden ſetzen. In unſern wolluͤſtigen Tagen weis der Bauer, allen ſtrengen Geſetzen ohngeachtet, eben ſo gut Cof- fee und Thee zu trinken, als der vornehme Mann in der Stadt. Er hat bey ſeiner Staͤtte 8 bis 12 Malter Saatlan- des, und dieſe ſind ſeine Goldgruben; und ſie wuͤrden es auch ohnfehlbar ſeyn, wenn ers nur nicht auf die verkehrteſte Art anfienge. Anſtatt ſein Land gehoͤrig zu bearbeiten, ver- pfaͤndet er lieber ein Schfl. Saat nach dem andern. Kommt ein Creditor, ſo ſpricht er ihn bis Allerheiligen zufrieden, und iſt die Schuld nicht allzugroß, ſo giebt er ihm ein Gedulthuhn, ſonſt aber wohl gar ein Schwein mit auf dem Weg. Sein hollaͤndiſcher Heuermann iſt kaum zu Haufe, ſo klopfet der Bauer ſchon an deſſen Taſche und holet 80 Gulden auf 4 Schfl. Saatlandes zu deſſen Gebrauch und Unterpfand. Damit be- zahlet er nun ſeine wolluͤſtigen Schulden, und machet ſeine Staͤtte immer kleiner und druͤckender. Endlich nimmt er ſeine Zuflucht zum 6 oder 12 jaͤhrigen Stillſtand, und ſetzet ſich, ſein Erbe und Kinder in die klaͤglichſten Umſtaͤnde, die auch der unermuͤdete Schweiß ſeiner Nachkommen eines Jahrhun- derts nicht zu beſſern vermoͤgend ſind. Wuͤrde nun der Bauer dieſe Quelle ſeines Verderbens nicht kennen; ſo wuͤrde er
auch
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Ob das haͤufige Hollandgehen
ſieget. Schwiegereltern und Verwandte glauben hier den
reichen Hollaͤnder an ſeinem Kleide und Beutel zu erblicken,
und die Ehe wird getroffen. Aber ach! Was entſtehet dar-
aus? Die betrogene Frau bereuet ihre Thorheit ohne Erhoͤ-
rung und ſtirbet endlich vor Gram. Der durch Faulheit zum
Weichling gewordene Mann geraͤth in die groͤſte Armuth-
und die ungluͤcklichen Kinder werden zur Laſt der Gemeinde
auf den Armen-Kaſten verwieſen.
Noch mehr. Solche Art Leute, als wir bisher abge-
malet haben, machen faule und uͤppige Bauren, die ihren
Landes- oder Gutsherrn betriegen, und ihr Erbe in ewige
Schulden ſetzen. In unſern wolluͤſtigen Tagen weis der
Bauer, allen ſtrengen Geſetzen ohngeachtet, eben ſo gut Cof-
fee und Thee zu trinken, als der vornehme Mann in der
Stadt. Er hat bey ſeiner Staͤtte 8 bis 12 Malter Saatlan-
des, und dieſe ſind ſeine Goldgruben; und ſie wuͤrden es
auch ohnfehlbar ſeyn, wenn ers nur nicht auf die verkehrteſte
Art anfienge. Anſtatt ſein Land gehoͤrig zu bearbeiten, ver-
pfaͤndet er lieber ein Schfl. Saat nach dem andern. Kommt
ein Creditor, ſo ſpricht er ihn bis Allerheiligen zufrieden, und
iſt die Schuld nicht allzugroß, ſo giebt er ihm ein Gedulthuhn,
ſonſt aber wohl gar ein Schwein mit auf dem Weg. Sein
hollaͤndiſcher Heuermann iſt kaum zu Haufe, ſo klopfet der
Bauer ſchon an deſſen Taſche und holet 80 Gulden auf 4 Schfl.
Saatlandes zu deſſen Gebrauch und Unterpfand. Damit be-
zahlet er nun ſeine wolluͤſtigen Schulden, und machet ſeine
Staͤtte immer kleiner und druͤckender. Endlich nimmt er ſeine
Zuflucht zum 6 oder 12 jaͤhrigen Stillſtand, und ſetzet ſich,
ſein Erbe und Kinder in die klaͤglichſten Umſtaͤnde, die auch
der unermuͤdete Schweiß ſeiner Nachkommen eines Jahrhun-
derts nicht zu beſſern vermoͤgend ſind. Wuͤrde nun der Bauer
dieſe Quelle ſeines Verderbens nicht kennen; ſo wuͤrde er
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/108>, abgerufen am 28.07.2024.
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