Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768.

Bild:
<< vorherige Seite
erster Abschnitt.
(c) Das wesentliche Stück des Adels, der ausser Dienst lebt,
ist, daß er keinem Kayser, Könige, Fürsten oder Herrn
anders als aus dem gemeinen Reichs- oder Land-Frie-
den verhaftet sey. Eadwardum regem in pacis defensorem
to mundboren petebant. CHRON. SAX. ad ann.
921. Die
Befugniß der Reichs-Gerichte und der Canzleyen grün-
det sich in Ansehung ihrer auf dem Reichs- und Land-
Friedebruch; Und es ist kein Fürstenthum in Nieder-
Sachsen und Westphalen, worin der Adel nicht den Bi-
schof, Herzog oder Grafen zum Land-Friedens-Handhaber
erwählet habe. Jch werde solches bey der Geschichte
des XIV. und XV. Saec. näher zeigen. Dies ist der Grund
des disparis nexus subdititii, welchen die Vertheidiger der
Reichs-Ritterschaften verfehlet haben. Der Abgang der
Fränkischen und Schwäbischen Herzoge hat die Reichs-
Ritterschaft nicht unmittelbar gemacht. Sie war es
vorher. Er ist nur die Ursache; daß es dem dortigen
Adel an Gelegenheit gefehlet, den Reichs General in de-
fensorem pacis
ferner zu erwählen. Daher ist der Reichs-
Adel ursprünglich nicht besser als der Adel in den jetzt
geschlossenen Landen.
(d) Man rechne auf jede Quadrat-Meile vier Edle; und dies
ist fast die heutige Proportion: so wird es sich nicht der
Mühe verlohnen einen separatum conventum nobilium
zum Urthel und Recht-finden anzunehmen; zumahl da
ihre Gränzen und Güter sich nicht berührten.
(e) Hiehin rechne ich das. Licet apud concilium accusare quo-
que & discrimen capitis intendere. TAC. G.
13. zu verste-
hen von dem Heer-Lager; wo man im Gottes-Frieden
versamlet war, nam Deum adesse bellantibus credebant,
ib. c.
7. und der Priester den Gottes-Frieden hand-
habete.
(f) Kann man einen andern Grund, als diesen angeben,
warum das jus belli privati das jus austregarum und ob-
stagii
bloß dem Adel zugestanden habe? Und würden jetzt
Souverains aus Mangel eines gemeinschaftlichen Rich-
ters, andre Rechtsmittel gegen einander haben?
§. 33.
erſter Abſchnitt.
(c) Das weſentliche Stuͤck des Adels, der auſſer Dienſt lebt,
iſt, daß er keinem Kayſer, Koͤnige, Fuͤrſten oder Herrn
anders als aus dem gemeinen Reichs- oder Land-Frie-
den verhaftet ſey. Eadwardum regem in pacis defenſorem
to mundboren petebant. CHRON. SAX. ad ann.
921. Die
Befugniß der Reichs-Gerichte und der Canzleyen gruͤn-
det ſich in Anſehung ihrer auf dem Reichs- und Land-
Friedebruch; Und es iſt kein Fuͤrſtenthum in Nieder-
Sachſen und Weſtphalen, worin der Adel nicht den Bi-
ſchof, Herzog oder Grafen zum Land-Friedens-Handhaber
erwaͤhlet habe. Jch werde ſolches bey der Geſchichte
des XIV. und XV. Sæc. naͤher zeigen. Dies iſt der Grund
des diſparis nexus ſubdititii, welchen die Vertheidiger der
Reichs-Ritterſchaften verfehlet haben. Der Abgang der
Fraͤnkiſchen und Schwaͤbiſchen Herzoge hat die Reichs-
Ritterſchaft nicht unmittelbar gemacht. Sie war es
vorher. Er iſt nur die Urſache; daß es dem dortigen
Adel an Gelegenheit gefehlet, den Reichs General in de-
fenſorem pacis
ferner zu erwaͤhlen. Daher iſt der Reichs-
Adel urſpruͤnglich nicht beſſer als der Adel in den jetzt
geſchloſſenen Landen.
(d) Man rechne auf jede Quadrat-Meile vier Edle; und dies
iſt faſt die heutige Proportion: ſo wird es ſich nicht der
Muͤhe verlohnen einen ſeparatum conventum nobilium
zum Urthel und Recht-finden anzunehmen; zumahl da
ihre Graͤnzen und Guͤter ſich nicht beruͤhrten.
(e) Hiehin rechne ich das. Licet apud concilium accuſare quo-
que & diſcrimen capitis intendere. TAC. G.
13. zu verſte-
hen von dem Heer-Lager; wo man im Gottes-Frieden
verſamlet war, nam Deum adeſſe bellantibus credebant,
ib. c.
7. und der Prieſter den Gottes-Frieden hand-
habete.
(f) Kann man einen andern Grund, als dieſen angeben,
warum das jus belli privati das jus auſtregarum und ob-
ſtagii
bloß dem Adel zugeſtanden habe? Und wuͤrden jetzt
Souverains aus Mangel eines gemeinſchaftlichen Rich-
ters, andre Rechtsmittel gegen einander haben?
§. 33.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0091" n="61"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">er&#x017F;ter Ab&#x017F;chnitt.</hi> </fw><lb/>
          <note place="end" n="(c)">Das we&#x017F;entliche Stu&#x0364;ck des Adels, der au&#x017F;&#x017F;er Dien&#x017F;t lebt,<lb/>
i&#x017F;t, daß er keinem Kay&#x017F;er, Ko&#x0364;nige, Fu&#x0364;r&#x017F;ten oder Herrn<lb/>
anders als aus dem gemeinen Reichs- oder Land-Frie-<lb/>
den verhaftet &#x017F;ey. <hi rendition="#aq">Eadwardum regem in pacis defen&#x017F;orem<lb/><hi rendition="#i">to mundboren</hi> petebant. CHRON. SAX. ad ann.</hi> 921. Die<lb/>
Befugniß der Reichs-Gerichte und der Canzleyen gru&#x0364;n-<lb/>
det &#x017F;ich in An&#x017F;ehung ihrer auf dem Reichs- und Land-<lb/>
Friedebruch; Und es i&#x017F;t kein Fu&#x0364;r&#x017F;tenthum in Nieder-<lb/>
Sach&#x017F;en und We&#x017F;tphalen, worin der Adel nicht den Bi-<lb/>
&#x017F;chof, Herzog oder Grafen zum Land-Friedens-Handhaber<lb/><hi rendition="#fr">erwa&#x0364;hlet</hi> habe. Jch werde &#x017F;olches bey der Ge&#x017F;chichte<lb/>
des <hi rendition="#aq">XIV.</hi> und <hi rendition="#aq">XV. Sæc.</hi> na&#x0364;her zeigen. Dies i&#x017F;t der Grund<lb/>
des <hi rendition="#aq">di&#x017F;paris nexus &#x017F;ubdititii,</hi> welchen die Vertheidiger der<lb/>
Reichs-Ritter&#x017F;chaften verfehlet haben. Der Abgang der<lb/>
Fra&#x0364;nki&#x017F;chen und Schwa&#x0364;bi&#x017F;chen Herzoge hat die Reichs-<lb/>
Ritter&#x017F;chaft nicht unmittelbar gemacht. Sie war es<lb/>
vorher. Er i&#x017F;t nur die Ur&#x017F;ache; daß es dem dortigen<lb/>
Adel an Gelegenheit gefehlet, den Reichs General <hi rendition="#aq">in de-<lb/>
fen&#x017F;orem pacis</hi> ferner zu erwa&#x0364;hlen. Daher i&#x017F;t der Reichs-<lb/>
Adel ur&#x017F;pru&#x0364;nglich nicht be&#x017F;&#x017F;er als der Adel in den jetzt<lb/>
ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Landen.</note><lb/>
          <note place="end" n="(d)">Man rechne auf jede Quadrat-Meile vier Edle; und dies<lb/>
i&#x017F;t fa&#x017F;t die heutige Proportion: &#x017F;o wird es &#x017F;ich nicht der<lb/>
Mu&#x0364;he verlohnen einen <hi rendition="#aq">&#x017F;eparatum conventum nobilium</hi><lb/>
zum Urthel und Recht-finden anzunehmen; zumahl da<lb/>
ihre Gra&#x0364;nzen und Gu&#x0364;ter &#x017F;ich nicht beru&#x0364;hrten.</note><lb/>
          <note place="end" n="(e)">Hiehin rechne ich das. <hi rendition="#aq">Licet <hi rendition="#i">apud concilium</hi> accu&#x017F;are quo-<lb/>
que &amp; di&#x017F;crimen capitis intendere. TAC. G.</hi> 13. zu ver&#x017F;te-<lb/>
hen von dem Heer-Lager; wo man im Gottes-Frieden<lb/>
ver&#x017F;amlet war, <hi rendition="#aq">nam Deum ade&#x017F;&#x017F;e bellantibus credebant,<lb/>
ib. c.</hi> 7. und <hi rendition="#fr">der Prie&#x017F;ter</hi> den Gottes-Frieden hand-<lb/>
habete.</note><lb/>
          <note place="end" n="(f)">Kann man einen andern Grund, als die&#x017F;en angeben,<lb/>
warum das <hi rendition="#aq">jus belli privati</hi> das <hi rendition="#aq">jus au&#x017F;tregarum</hi> und <hi rendition="#aq">ob-<lb/>
&#x017F;tagii</hi> bloß dem Adel zuge&#x017F;tanden habe? Und wu&#x0364;rden jetzt<lb/>
Souverains aus Mangel eines gemein&#x017F;chaftlichen Rich-<lb/>
ters, andre Rechtsmittel gegen einander haben?</note>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">§. 33.</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[61/0091] erſter Abſchnitt. ⁽c⁾ Das weſentliche Stuͤck des Adels, der auſſer Dienſt lebt, iſt, daß er keinem Kayſer, Koͤnige, Fuͤrſten oder Herrn anders als aus dem gemeinen Reichs- oder Land-Frie- den verhaftet ſey. Eadwardum regem in pacis defenſorem to mundboren petebant. CHRON. SAX. ad ann. 921. Die Befugniß der Reichs-Gerichte und der Canzleyen gruͤn- det ſich in Anſehung ihrer auf dem Reichs- und Land- Friedebruch; Und es iſt kein Fuͤrſtenthum in Nieder- Sachſen und Weſtphalen, worin der Adel nicht den Bi- ſchof, Herzog oder Grafen zum Land-Friedens-Handhaber erwaͤhlet habe. Jch werde ſolches bey der Geſchichte des XIV. und XV. Sæc. naͤher zeigen. Dies iſt der Grund des diſparis nexus ſubdititii, welchen die Vertheidiger der Reichs-Ritterſchaften verfehlet haben. Der Abgang der Fraͤnkiſchen und Schwaͤbiſchen Herzoge hat die Reichs- Ritterſchaft nicht unmittelbar gemacht. Sie war es vorher. Er iſt nur die Urſache; daß es dem dortigen Adel an Gelegenheit gefehlet, den Reichs General in de- fenſorem pacis ferner zu erwaͤhlen. Daher iſt der Reichs- Adel urſpruͤnglich nicht beſſer als der Adel in den jetzt geſchloſſenen Landen. ⁽d⁾ Man rechne auf jede Quadrat-Meile vier Edle; und dies iſt faſt die heutige Proportion: ſo wird es ſich nicht der Muͤhe verlohnen einen ſeparatum conventum nobilium zum Urthel und Recht-finden anzunehmen; zumahl da ihre Graͤnzen und Guͤter ſich nicht beruͤhrten. ⁽e⁾ Hiehin rechne ich das. Licet apud concilium accuſare quo- que & diſcrimen capitis intendere. TAC. G. 13. zu verſte- hen von dem Heer-Lager; wo man im Gottes-Frieden verſamlet war, nam Deum adeſſe bellantibus credebant, ib. c. 7. und der Prieſter den Gottes-Frieden hand- habete. ⁽f⁾ Kann man einen andern Grund, als dieſen angeben, warum das jus belli privati das jus auſtregarum und ob- ſtagii bloß dem Adel zugeſtanden habe? Und wuͤrden jetzt Souverains aus Mangel eines gemeinſchaftlichen Rich- ters, andre Rechtsmittel gegen einander haben? §. 33.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/91
Zitationshilfe: Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/91>, abgerufen am 22.11.2024.