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Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768.

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erster Abschnitt.
§. 22.
Wie weit sich diese Bürgschaft erstreckt.

Endlich folgte es von selbst daß jeder Hausvater (a) für seine Kinder, Gesinde und andre, die er auf seine
Gründe nahm, nothwendiger Bürge werden und bis
auf ihre Wehrung haften mußte. Blos einen Gast
konnte er drey Tage (b) beherbergen ohne für ihn
einzustehen; und jeder Fremde war ein nothwendiger
Feind, (c) so lange er keinen Bürgen hatte. Denn
keiner war befugt auf die Rechnung der gemeinen
Bürgschaft unsichere Leute aufzunehmen und zu hegen.
Und der Fremden Schutz, die Geleits-Gerechtigkeit,
das Recht Fremde ohne Bürgschaft zu herbergen, oder
ein Wirthshaus zu halten, mußte in der Folge zu den
Obrigkeitlichen Befugnissen gehören. (d) Der Wild-
fang oder wie es bey uns heißt, der Biester-Freyen
Sterbfall ist damit verknüpft. Und man findet leicht
den Grund warum alle Fremde anfänglich als Knechte
angesehen wurden. Mit ihrer Haut konnten sie da-
mals noch wenig bezahlen, und man borgte ihnen dar-
auf das Geleit nicht wie jetzt.

(a) Deswegen wird der Hausherr propriae familiae fidejussor
genannt in LL. Cnuti II. 8. Diese Bürgschaft liegt auch
schon in dem System einzelner Wohner. Wie denn
überhaupt die Lehre von dem Wehrgelde ganz systema-
tisch, und von dem größten Einfluß in die deutsche
Rechtsgelehrsamkeit ist. So wenig einer schädlich Vieh
auf die Gemeinheit laufen lassen darf, ohne den Scha-
den zu bezahlen; eben so wenig kann er unsichere Leute
hegen, ohne für sie einzustehen, und sie wenigstens dem
Beschädigten darzustellen, noxae dare. Quilibet homo
habeat suam fidejussionem & fidejussor illum ad quodlibet

C 3
erſter Abſchnitt.
§. 22.
Wie weit ſich dieſe Buͤrgſchaft erſtreckt.

Endlich folgte es von ſelbſt daß jeder Hausvater (a) fuͤr ſeine Kinder, Geſinde und andre, die er auf ſeine
Gruͤnde nahm, nothwendiger Buͤrge werden und bis
auf ihre Wehrung haften mußte. Blos einen Gaſt
konnte er drey Tage (b) beherbergen ohne fuͤr ihn
einzuſtehen; und jeder Fremde war ein nothwendiger
Feind, (c) ſo lange er keinen Buͤrgen hatte. Denn
keiner war befugt auf die Rechnung der gemeinen
Buͤrgſchaft unſichere Leute aufzunehmen und zu hegen.
Und der Fremden Schutz, die Geleits-Gerechtigkeit,
das Recht Fremde ohne Buͤrgſchaft zu herbergen, oder
ein Wirthshaus zu halten, mußte in der Folge zu den
Obrigkeitlichen Befugniſſen gehoͤren. (d) Der Wild-
fang oder wie es bey uns heißt, der Bieſter-Freyen
Sterbfall iſt damit verknuͤpft. Und man findet leicht
den Grund warum alle Fremde anfaͤnglich als Knechte
angeſehen wurden. Mit ihrer Haut konnten ſie da-
mals noch wenig bezahlen, und man borgte ihnen dar-
auf das Geleit nicht wie jetzt.

(a) Deswegen wird der Hausherr propriæ familiæ fidejuſſor
genannt in LL. Cnuti II. 8. Dieſe Buͤrgſchaft liegt auch
ſchon in dem Syſtem einzelner Wohner. Wie denn
uͤberhaupt die Lehre von dem Wehrgelde ganz ſyſtema-
tiſch, und von dem groͤßten Einfluß in die deutſche
Rechtsgelehrſamkeit iſt. So wenig einer ſchaͤdlich Vieh
auf die Gemeinheit laufen laſſen darf, ohne den Scha-
den zu bezahlen; eben ſo wenig kann er unſichere Leute
hegen, ohne fuͤr ſie einzuſtehen, und ſie wenigſtens dem
Beſchaͤdigten darzuſtellen, noxæ dare. Quilibet homo
habeat ſuam fidejuſſionem & fidejuſſor illum ad quodlibet

C 3
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[37/0067] erſter Abſchnitt. §. 22. Wie weit ſich dieſe Buͤrgſchaft erſtreckt. Endlich folgte es von ſelbſt daß jeder Hausvater ⁽a⁾ fuͤr ſeine Kinder, Geſinde und andre, die er auf ſeine Gruͤnde nahm, nothwendiger Buͤrge werden und bis auf ihre Wehrung haften mußte. Blos einen Gaſt konnte er drey Tage ⁽b⁾ beherbergen ohne fuͤr ihn einzuſtehen; und jeder Fremde war ein nothwendiger Feind, ⁽c⁾ ſo lange er keinen Buͤrgen hatte. Denn keiner war befugt auf die Rechnung der gemeinen Buͤrgſchaft unſichere Leute aufzunehmen und zu hegen. Und der Fremden Schutz, die Geleits-Gerechtigkeit, das Recht Fremde ohne Buͤrgſchaft zu herbergen, oder ein Wirthshaus zu halten, mußte in der Folge zu den Obrigkeitlichen Befugniſſen gehoͤren. ⁽d⁾ Der Wild- fang oder wie es bey uns heißt, der Bieſter-Freyen Sterbfall iſt damit verknuͤpft. Und man findet leicht den Grund warum alle Fremde anfaͤnglich als Knechte angeſehen wurden. Mit ihrer Haut konnten ſie da- mals noch wenig bezahlen, und man borgte ihnen dar- auf das Geleit nicht wie jetzt. ⁽a⁾ Deswegen wird der Hausherr propriæ familiæ fidejuſſor genannt in LL. Cnuti II. 8. Dieſe Buͤrgſchaft liegt auch ſchon in dem Syſtem einzelner Wohner. Wie denn uͤberhaupt die Lehre von dem Wehrgelde ganz ſyſtema- tiſch, und von dem groͤßten Einfluß in die deutſche Rechtsgelehrſamkeit iſt. So wenig einer ſchaͤdlich Vieh auf die Gemeinheit laufen laſſen darf, ohne den Scha- den zu bezahlen; eben ſo wenig kann er unſichere Leute hegen, ohne fuͤr ſie einzuſtehen, und ſie wenigſtens dem Beſchaͤdigten darzuſtellen, noxæ dare. Quilibet homo habeat ſuam fidejuſſionem & fidejuſſor illum ad quodlibet jus C 3

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/67>, abgerufen am 23.11.2024.