Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768.erster Abschnitt. frage des Abten zu Jburg haben die Stifts-Stände ein-mal Gutachtlich dafür gehalten, daß der Holzgrafe ei- nen Verbrecher zum ehrlichen Pfahl verdammen könne. Allein noch zur Zeit ist solches niemals in einer Mark für Recht gewiesen; in keiner Mark ist ein Pfahl oder Gefängniß, welches sich nothwendig finden müste, wenn die Genossen Leibeigne des Holzgrafen gewesen wären. Und so bald der Holzgrafe jene Befugnis gegen einen Genossen hätte: so könnte der Adel dem Gerichte nicht folgen. Es finden sich zwar die grausamsten und lächerlich- sten Leibesstrafen in den Holtings-Urtheilen; PIPER l. c. und KRESS vom Archid. Wesen in app. p. 140. Allein nie gegen einen Genossen; sondern allezeit ge- gen einen Unberechtigten oder Ausmärker. Und höchstens gegen einen der den heiligen Schnat-Baum fället, und solchergestalt nicht den Mark-Frieden son- dern den Gottes Frieden bricht. Und man hat diese Strafen gar nicht fest setzen, sondern nur damit anzeigen wollen, daß ein Ausmärker nicht des Mark- Friedens und der poenae conventionalis genösse, sondern als ein Feind der Gnade und Willkühr seines Ueber- winders leben müsse. Dies ist der esprit de loi. Und das berühmte Römische Gesetze de Sectione debitoris in partes hat wol ebeu den Sinn; und soll so viel bedeu- ten, daß der unvermögende Schuldner seiner Gläubiger Gnade leben müsse; weil der Richter beyden nicht wei- ter helfen können. (g) Das Gerichte geht an, wenn der Holzgraf oder Unter- holzgraf die Bank spannet, das ist, mit der Hand eine Spanne auf dem gemeinen Tisch, wobey man sich setzt, gemessen, und dabey Hand und Mund verboten hat. S. MASCOV. in notit. jur. Osn. VII. §. 6. Diese Feyerlichkeit, welche nur noch an einigen Orten, als zu Alfhausen etc. beachtet wird, hat die Wirkung, daß von diesem Augenblick an, der Gerichts-Friede zu dem Mark-Frieden tritt. Denn so bald wie die Span- nung geschehn, gehören Schlägerey und Scheitwort, welche bey der Bank vorfallen, zur Ahndung des Holz- B 5
erſter Abſchnitt. frage des Abten zu Jburg haben die Stifts-Staͤnde ein-mal Gutachtlich dafuͤr gehalten, daß der Holzgrafe ei- nen Verbrecher zum ehrlichen Pfahl verdammen koͤnne. Allein noch zur Zeit iſt ſolches niemals in einer Mark fuͤr Recht gewieſen; in keiner Mark iſt ein Pfahl oder Gefaͤngniß, welches ſich nothwendig finden muͤſte, wenn die Genoſſen Leibeigne des Holzgrafen geweſen waͤren. Und ſo bald der Holzgrafe jene Befugnis gegen einen Genoſſen haͤtte: ſo koͤnnte der Adel dem Gerichte nicht folgen. Es finden ſich zwar die grauſamſten und laͤcherlich- ſten Leibesſtrafen in den Holtings-Urtheilen; PIPER l. c. und KRESS vom Archid. Weſen in app. p. 140. Allein nie gegen einen Genoſſen; ſondern allezeit ge- gen einen Unberechtigten oder Ausmaͤrker. Und hoͤchſtens gegen einen der den heiligen Schnat-Baum faͤllet, und ſolchergeſtalt nicht den Mark-Frieden ſon- dern den Gottes Frieden bricht. Und man hat dieſe Strafen gar nicht feſt ſetzen, ſondern nur damit anzeigen wollen, daß ein Ausmaͤrker nicht des Mark- Friedens und der pœnæ conventionalis genoͤſſe, ſondern als ein Feind der Gnade und Willkuͤhr ſeines Ueber- winders leben muͤſſe. Dies iſt der eſprit de loi. Und das beruͤhmte Roͤmiſche Geſetze de Sectione debitoris in partes hat wol ebeu den Sinn; und ſoll ſo viel bedeu- ten, daß der unvermoͤgende Schuldner ſeiner Glaͤubiger Gnade leben muͤſſe; weil der Richter beyden nicht wei- ter helfen koͤnnen. (g) Das Gerichte geht an, wenn der Holzgraf oder Unter- holzgraf die Bank ſpannet, das iſt, mit der Hand eine Spanne auf dem gemeinen Tiſch, wobey man ſich ſetzt, gemeſſen, und dabey Hand und Mund verboten hat. S. MASCOV. in notit. jur. Oſn. VII. §. 6. Dieſe Feyerlichkeit, welche nur noch an einigen Orten, als zu Alfhauſen ꝛc. beachtet wird, hat die Wirkung, daß von dieſem Augenblick an, der Gerichts-Friede zu dem Mark-Frieden tritt. Denn ſo bald wie die Span- nung geſchehn, gehoͤren Schlaͤgerey und Scheitwort, welche bey der Bank vorfallen, zur Ahndung des Holz- B 5
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frage des Abten zu Jburg haben die Stifts-Staͤnde ein-
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nen Verbrecher zum ehrlichen Pfahl verdammen koͤnne.
Allein noch zur Zeit iſt ſolches niemals in einer Mark
fuͤr Recht gewieſen; in keiner Mark iſt ein Pfahl oder
Gefaͤngniß, welches ſich nothwendig finden muͤſte, wenn
die Genoſſen Leibeigne des Holzgrafen geweſen waͤren.
Und ſo bald der Holzgrafe jene Befugnis gegen einen
Genoſſen haͤtte: ſo koͤnnte der Adel dem Gerichte nicht
folgen. Es finden ſich zwar die grauſamſten und laͤcherlich-
ſten Leibesſtrafen in den Holtings-Urtheilen; PIPER
l. c. und KRESS vom Archid. Weſen in app. p. 140.
Allein nie gegen einen Genoſſen; ſondern allezeit ge-
gen einen Unberechtigten oder Ausmaͤrker. Und
hoͤchſtens gegen einen der den heiligen Schnat-Baum
faͤllet, und ſolchergeſtalt nicht den Mark-Frieden ſon-
dern den Gottes Frieden bricht. Und man hat
dieſe Strafen gar nicht feſt ſetzen, ſondern nur damit
anzeigen wollen, daß ein Ausmaͤrker nicht des Mark-
Friedens und der pœnæ conventionalis genoͤſſe, ſondern
als ein Feind der Gnade und Willkuͤhr ſeines Ueber-
winders leben muͤſſe. Dies iſt der eſprit de loi. Und
das beruͤhmte Roͤmiſche Geſetze de Sectione debitoris in
partes hat wol ebeu den Sinn; und ſoll ſo viel bedeu-
ten, daß der unvermoͤgende Schuldner ſeiner Glaͤubiger
Gnade leben muͤſſe; weil der Richter beyden nicht wei-
ter helfen koͤnnen.
⁽g⁾ Das Gerichte geht an, wenn der Holzgraf oder Unter-
holzgraf die Bank ſpannet, das iſt, mit der Hand eine
Spanne auf dem gemeinen Tiſch, wobey man ſich ſetzt,
gemeſſen, und dabey Hand und Mund verboten hat.
S. MASCOV. in notit. jur. Oſn. VII. §. 6. Dieſe
Feyerlichkeit, welche nur noch an einigen Orten, als
zu Alfhauſen ꝛc. beachtet wird, hat die Wirkung,
daß von dieſem Augenblick an, der Gerichts-Friede zu
dem Mark-Frieden tritt. Denn ſo bald wie die Span-
nung geſchehn, gehoͤren Schlaͤgerey und Scheitwort,
welche bey der Bank vorfallen, zur Ahndung des Holz-
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