Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768.

Bild:
<< vorherige Seite

Osnabrücksche Geschichte
gehobenen Land-eigenthums seyn mogte, (b) weil
man ihn gerade ausser ihren Gränzen, (c) bey den
Franken, besonders aber bey den Sachsen und Frie-
sen findet; und vermuthlich ist er mit den Sachsen
nach Engelland übergegangen. Bey den Westphä-
lingern hat er sich am längsten (d) in seiner eignen
Verfassung (e) erhalten. Als Geissel, (f) als Zehnt-
pflichtiger (g) und als ein Mensch, der unter keiner
Leibes-strafe stund, (h) wiederspricht er einem knech-
tischen (i) Ursprunge, ob er gleich gar frühzeitig mit
Leib und Gut in eine Gilde, Echte oder Vogts-rolle
gerathen, und solchergestalt von einem Vogt geschützt,
vertreten und aufgeboten worden. Er leistete auch
den Leut-eid der Treue, (k) zog im Heerbann zu
Felde, stand unter dem Heergewedde, (l) heyrathete
wo er wollte, (m) gab aber keine Kinder aus ohne
Freybrief des Edelvogts. Der Lehnhof ward später
nach dem Vogts-hofe gebildet; (n) und der Unter-
schied der Höfe machte billig einen Unterschied der
Leute. (o)

(a) Man darf nur die Gesetze der Allemannier, Bayern,
Burgundier, Wisigothen, Anglier und Weriner auf-
merksam durchlesen, und solche mit den Salischen,
Sächsischen und Friesischen vergleichen, um sich davon
zu überzeugen. Jn den erstern wird keines Leuts haupt-
sächlich gedacht, in letztern aber heißt es immer: Nobi-
les, ingenui & liti.
Man fieht aber aus allen Spuren,
daß die sächsische Erfindung des nexus litonici Beyfall ge-
funden, und die Kayser mit ihren fiscalinis aldionibus &c.
sich jenen zum Muster vorgestellet haben. Daher kamen
Liti in Jtalien, wie Holländereyen in Deutschland.
Die Ausführung hievon ist zu weitläufig. Sonst könnte
man es auch ex LL. feud. Long. wahrscheinlich machen,

Oſnabruͤckſche Geſchichte
gehobenen Land-eigenthums ſeyn mogte, (b) weil
man ihn gerade auſſer ihren Graͤnzen, (c) bey den
Franken, beſonders aber bey den Sachſen und Frie-
ſen findet; und vermuthlich iſt er mit den Sachſen
nach Engelland uͤbergegangen. Bey den Weſtphaͤ-
lingern hat er ſich am laͤngſten (d) in ſeiner eignen
Verfaſſung (e) erhalten. Als Geiſſel, (f) als Zehnt-
pflichtiger (g) und als ein Menſch, der unter keiner
Leibes-ſtrafe ſtund, (h) wiederſpricht er einem knech-
tiſchen (i) Urſprunge, ob er gleich gar fruͤhzeitig mit
Leib und Gut in eine Gilde, Echte oder Vogts-rolle
gerathen, und ſolchergeſtalt von einem Vogt geſchuͤtzt,
vertreten und aufgeboten worden. Er leiſtete auch
den Leut-eid der Treue, (k) zog im Heerbann zu
Felde, ſtand unter dem Heergewedde, (l) heyrathete
wo er wollte, (m) gab aber keine Kinder aus ohne
Freybrief des Edelvogts. Der Lehnhof ward ſpaͤter
nach dem Vogts-hofe gebildet; (n) und der Unter-
ſchied der Hoͤfe machte billig einen Unterſchied der
Leute. (o)

(a) Man darf nur die Geſetze der Allemannier, Bayern,
Burgundier, Wiſigothen, Anglier und Weriner auf-
merkſam durchleſen, und ſolche mit den Saliſchen,
Saͤchſiſchen und Frieſiſchen vergleichen, um ſich davon
zu uͤberzeugen. Jn den erſtern wird keines Leuts haupt-
ſaͤchlich gedacht, in letztern aber heißt es immer: Nobi-
les, ingenui & liti.
Man fieht aber aus allen Spuren,
daß die ſaͤchſiſche Erfindung des nexus litonici Beyfall ge-
funden, und die Kayſer mit ihren fiſcalinis aldionibus &c.
ſich jenen zum Muſter vorgeſtellet haben. Daher kamen
Liti in Jtalien, wie Hollaͤndereyen in Deutſchland.
Die Ausfuͤhrung hievon iſt zu weitlaͤufig. Sonſt koͤnnte
man es auch ex LL. feud. Long. wahrſcheinlich machen,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0322" n="292"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">O&#x017F;nabru&#x0364;ck&#x017F;che Ge&#x017F;chichte</hi></fw><lb/>
gehobenen Land-eigenthums &#x017F;eyn mogte, <note place="end" n="(b)"/> weil<lb/>
man ihn gerade au&#x017F;&#x017F;er ihren Gra&#x0364;nzen, <note place="end" n="(c)"/> bey den<lb/>
Franken, be&#x017F;onders aber bey den Sach&#x017F;en und Frie-<lb/>
&#x017F;en findet; und vermuthlich i&#x017F;t er mit den Sach&#x017F;en<lb/>
nach Engelland u&#x0364;bergegangen. Bey den We&#x017F;tpha&#x0364;-<lb/>
lingern hat er &#x017F;ich am la&#x0364;ng&#x017F;ten <note place="end" n="(d)"/> in &#x017F;einer eignen<lb/>
Verfa&#x017F;&#x017F;ung <note place="end" n="(e)"/> erhalten. Als Gei&#x017F;&#x017F;el, <note place="end" n="(f)"/> als Zehnt-<lb/>
pflichtiger <note place="end" n="(g)"/> und als ein Men&#x017F;ch, der unter keiner<lb/>
Leibes-&#x017F;trafe &#x017F;tund, <note place="end" n="(h)"/> wieder&#x017F;pricht er einem knech-<lb/>
ti&#x017F;chen <note place="end" n="(i)"/> Ur&#x017F;prunge, ob er gleich gar fru&#x0364;hzeitig mit<lb/>
Leib und Gut in eine Gilde, Echte oder Vogts-rolle<lb/>
gerathen, und &#x017F;olcherge&#x017F;talt von einem Vogt ge&#x017F;chu&#x0364;tzt,<lb/>
vertreten und aufgeboten worden. Er lei&#x017F;tete auch<lb/>
den Leut-eid der Treue, <note place="end" n="(k)"/> zog im Heerbann zu<lb/>
Felde, &#x017F;tand unter dem Heergewedde, <note place="end" n="(l)"/> heyrathete<lb/>
wo er wollte, <note place="end" n="(m)"/> gab aber keine Kinder aus ohne<lb/>
Freybrief des Edelvogts. Der Lehnhof ward &#x017F;pa&#x0364;ter<lb/>
nach dem Vogts-hofe gebildet; <note place="end" n="(n)"/> und der Unter-<lb/>
&#x017F;chied der <hi rendition="#fr">Ho&#x0364;fe</hi> machte billig einen Unter&#x017F;chied der<lb/><hi rendition="#fr">Leute.</hi> <note place="end" n="(o)"/></p><lb/>
          <note place="end" n="(a)">Man darf nur die Ge&#x017F;etze der Allemannier, Bayern,<lb/>
Burgundier, Wi&#x017F;igothen, Anglier und Weriner auf-<lb/>
merk&#x017F;am durchle&#x017F;en, und &#x017F;olche mit den Sali&#x017F;chen,<lb/>
Sa&#x0364;ch&#x017F;i&#x017F;chen und Frie&#x017F;i&#x017F;chen vergleichen, um &#x017F;ich davon<lb/>
zu u&#x0364;berzeugen. Jn den er&#x017F;tern wird keines Leuts haupt-<lb/>
&#x017F;a&#x0364;chlich gedacht, in letztern aber heißt es immer: <hi rendition="#aq">Nobi-<lb/>
les, ingenui &amp; liti.</hi> Man fieht aber aus allen Spuren,<lb/>
daß die &#x017F;a&#x0364;ch&#x017F;i&#x017F;che Erfindung des <hi rendition="#aq">nexus litonici</hi> Beyfall ge-<lb/>
funden, und die Kay&#x017F;er mit ihren <hi rendition="#aq">fi&#x017F;calinis aldionibus &amp;c.</hi><lb/>
&#x017F;ich jenen zum Mu&#x017F;ter vorge&#x017F;tellet haben. Daher kamen<lb/><hi rendition="#aq">Liti</hi> in Jtalien, wie Holla&#x0364;ndereyen in Deut&#x017F;chland.<lb/>
Die Ausfu&#x0364;hrung hievon i&#x017F;t zu weitla&#x0364;ufig. Son&#x017F;t ko&#x0364;nnte<lb/>
man es auch <hi rendition="#aq">ex LL. feud. Long.</hi> wahr&#x017F;cheinlich machen,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">daß</fw><lb/></note>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[292/0322] Oſnabruͤckſche Geſchichte gehobenen Land-eigenthums ſeyn mogte, ⁽b⁾ weil man ihn gerade auſſer ihren Graͤnzen, ⁽c⁾ bey den Franken, beſonders aber bey den Sachſen und Frie- ſen findet; und vermuthlich iſt er mit den Sachſen nach Engelland uͤbergegangen. Bey den Weſtphaͤ- lingern hat er ſich am laͤngſten ⁽d⁾ in ſeiner eignen Verfaſſung ⁽e⁾ erhalten. Als Geiſſel, ⁽f⁾ als Zehnt- pflichtiger ⁽g⁾ und als ein Menſch, der unter keiner Leibes-ſtrafe ſtund, ⁽h⁾ wiederſpricht er einem knech- tiſchen ⁽i⁾ Urſprunge, ob er gleich gar fruͤhzeitig mit Leib und Gut in eine Gilde, Echte oder Vogts-rolle gerathen, und ſolchergeſtalt von einem Vogt geſchuͤtzt, vertreten und aufgeboten worden. Er leiſtete auch den Leut-eid der Treue, ⁽k⁾ zog im Heerbann zu Felde, ſtand unter dem Heergewedde, ⁽l⁾ heyrathete wo er wollte, ⁽m⁾ gab aber keine Kinder aus ohne Freybrief des Edelvogts. Der Lehnhof ward ſpaͤter nach dem Vogts-hofe gebildet; ⁽n⁾ und der Unter- ſchied der Hoͤfe machte billig einen Unterſchied der Leute. ⁽o⁾ ⁽a⁾ Man darf nur die Geſetze der Allemannier, Bayern, Burgundier, Wiſigothen, Anglier und Weriner auf- merkſam durchleſen, und ſolche mit den Saliſchen, Saͤchſiſchen und Frieſiſchen vergleichen, um ſich davon zu uͤberzeugen. Jn den erſtern wird keines Leuts haupt- ſaͤchlich gedacht, in letztern aber heißt es immer: Nobi- les, ingenui & liti. Man fieht aber aus allen Spuren, daß die ſaͤchſiſche Erfindung des nexus litonici Beyfall ge- funden, und die Kayſer mit ihren fiſcalinis aldionibus &c. ſich jenen zum Muſter vorgeſtellet haben. Daher kamen Liti in Jtalien, wie Hollaͤndereyen in Deutſchland. Die Ausfuͤhrung hievon iſt zu weitlaͤufig. Sonſt koͤnnte man es auch ex LL. feud. Long. wahrſcheinlich machen, daß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/322
Zitationshilfe: Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/322>, abgerufen am 16.07.2024.