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Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768.

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erster Abschnitt.
(a) Das Wort freye mögte sich zwar jetzt wegern diesen
Begrif für den seinigen zu erkennen. Und TACIT.
G.
25 wenn er sagt: liberti non multum supra servos sunt,
scheinet schon aus einer gleichen Verlegenheit, weil er
das Wort liber nicht brauchen wollte, diese Freyen
libertos genannt zu haben. Denn liberti in solo respectu
ad manumissionem
haben schwerlich ein genus hominum
bey einzelnen Wohnern ausgemacht. Allein man muß
nur zur Regel annehmen, daß frey sich bey den Deut-
schen selten auf libertatem personalem beziehe. Frey hieß
insgemein was auf unwehrigen Gründen saß, und da-
her nicht zur gemeinen Vertheidigung auszog. Daher
sind Freye bey uns schlechter als Leibeigne, die auf Er-
ben, Halb Erben und Erb-Kotten sitzen; und ein solcher
Leib eigner würde seine Tochter nicht leicht an einen sol-
chen Freyen geben. Schon in dem diplomate Carolino
Osnabr.
kommen die liberi post servos. Es ist besonders,
daß die Römer sagen müssen: ingenuus est qui statim ut
natus est, liber est;
und daß wir jetzt die Definition eben
so machen würden, nachdem die Territorial-Hoheit eben
den Einfluß auf unsre Sprache gehabt hat, welchen die
Römische Monarchie auf die Lateinische gehabt hatte.
(b) So lange sie nemlich auf dem Rede-Gute bleiben. Denn
sonst sind sie nicht gezwungen. Sie können aber doch
ihre Hode, wenn sie abziehen, mit jährlicher Einsendung
der Urkunde, fortsetzen; und sich dann, wie es in der
Wetter-freyen Hofsprache heißt, in alle vier Theile der
Welt wenden, ohne Biester-frey zu werden. Ein gleiches
behauptet die Hofsprache des freyen Reichshofes zu West-
hofen. Zu dergleichen Behauptung aber müste man ein
Kayserlich Privilegium, wie letztere thut, voraussetzen.
Auf eine gleiche Weise bewahrt die Reichs-Hode des
Pfalzgrafen, die Kessel-führer für alle Biester-freyheit;
Gleiche Würkung hat ein Kayserliches Bürgerrecht etc. etc.
(c) Jn dem Aspelschen Hof-recht beym von STEJNEN
in der Westph. Gesch. n. 6. p. 1778. wird es so ausge-
druckt: Kormündig oder Waß-tinsig.
(d) Frye
G 4
erſter Abſchnitt.
(a) Das Wort freye moͤgte ſich zwar jetzt wegern dieſen
Begrif fuͤr den ſeinigen zu erkennen. Und TACIT.
G.
25 wenn er ſagt: liberti non multum ſupra ſervos ſunt,
ſcheinet ſchon aus einer gleichen Verlegenheit, weil er
das Wort liber nicht brauchen wollte, dieſe Freyen
libertos genannt zu haben. Denn liberti in ſolo reſpectu
ad manumiſſionem
haben ſchwerlich ein genus hominum
bey einzelnen Wohnern ausgemacht. Allein man muß
nur zur Regel annehmen, daß frey ſich bey den Deut-
ſchen ſelten auf libertatem perſonalem beziehe. Frey hieß
insgemein was auf unwehrigen Gruͤnden ſaß, und da-
her nicht zur gemeinen Vertheidigung auszog. Daher
ſind Freye bey uns ſchlechter als Leibeigne, die auf Er-
ben, Halb Erben und Erb-Kotten ſitzen; und ein ſolcher
Leib eigner wuͤrde ſeine Tochter nicht leicht an einen ſol-
chen Freyen geben. Schon in dem diplomate Carolino
Oſnabr.
kommen die liberi poſt ſervos. Es iſt beſonders,
daß die Roͤmer ſagen muͤſſen: ingenuus eſt qui ſtatim ut
natus eſt, liber eſt;
und daß wir jetzt die Definition eben
ſo machen wuͤrden, nachdem die Territorial-Hoheit eben
den Einfluß auf unſre Sprache gehabt hat, welchen die
Roͤmiſche Monarchie auf die Lateiniſche gehabt hatte.
(b) So lange ſie nemlich auf dem Rede-Gute bleiben. Denn
ſonſt ſind ſie nicht gezwungen. Sie koͤnnen aber doch
ihre Hode, wenn ſie abziehen, mit jaͤhrlicher Einſendung
der Urkunde, fortſetzen; und ſich dann, wie es in der
Wetter-freyen Hofſprache heißt, in alle vier Theile der
Welt wenden, ohne Bieſter-frey zu werden. Ein gleiches
behauptet die Hofſprache des freyen Reichshofes zu Weſt-
hofen. Zu dergleichen Behauptung aber muͤſte man ein
Kayſerlich Privilegium, wie letztere thut, vorausſetzen.
Auf eine gleiche Weiſe bewahrt die Reichs-Hode des
Pfalzgrafen, die Keſſel-fuͤhrer fuͤr alle Bieſter-freyheit;
Gleiche Wuͤrkung hat ein Kayſerliches Buͤrgerrecht ꝛc. ꝛc.
(c) Jn dem Aſpelſchen Hof-recht beym von STEJNEN
in der Weſtph. Geſch. n. 6. p. 1778. wird es ſo ausge-
druckt: Kormuͤndig oder Waß-tinſig.
(d) Frye
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[103/0133] erſter Abſchnitt. ⁽a⁾ Das Wort freye moͤgte ſich zwar jetzt wegern dieſen Begrif fuͤr den ſeinigen zu erkennen. Und TACIT. G. 25 wenn er ſagt: liberti non multum ſupra ſervos ſunt, ſcheinet ſchon aus einer gleichen Verlegenheit, weil er das Wort liber nicht brauchen wollte, dieſe Freyen libertos genannt zu haben. Denn liberti in ſolo reſpectu ad manumiſſionem haben ſchwerlich ein genus hominum bey einzelnen Wohnern ausgemacht. Allein man muß nur zur Regel annehmen, daß frey ſich bey den Deut- ſchen ſelten auf libertatem perſonalem beziehe. Frey hieß insgemein was auf unwehrigen Gruͤnden ſaß, und da- her nicht zur gemeinen Vertheidigung auszog. Daher ſind Freye bey uns ſchlechter als Leibeigne, die auf Er- ben, Halb Erben und Erb-Kotten ſitzen; und ein ſolcher Leib eigner wuͤrde ſeine Tochter nicht leicht an einen ſol- chen Freyen geben. Schon in dem diplomate Carolino Oſnabr. kommen die liberi poſt ſervos. Es iſt beſonders, daß die Roͤmer ſagen muͤſſen: ingenuus eſt qui ſtatim ut natus eſt, liber eſt; und daß wir jetzt die Definition eben ſo machen wuͤrden, nachdem die Territorial-Hoheit eben den Einfluß auf unſre Sprache gehabt hat, welchen die Roͤmiſche Monarchie auf die Lateiniſche gehabt hatte. ⁽b⁾ So lange ſie nemlich auf dem Rede-Gute bleiben. Denn ſonſt ſind ſie nicht gezwungen. Sie koͤnnen aber doch ihre Hode, wenn ſie abziehen, mit jaͤhrlicher Einſendung der Urkunde, fortſetzen; und ſich dann, wie es in der Wetter-freyen Hofſprache heißt, in alle vier Theile der Welt wenden, ohne Bieſter-frey zu werden. Ein gleiches behauptet die Hofſprache des freyen Reichshofes zu Weſt- hofen. Zu dergleichen Behauptung aber muͤſte man ein Kayſerlich Privilegium, wie letztere thut, vorausſetzen. Auf eine gleiche Weiſe bewahrt die Reichs-Hode des Pfalzgrafen, die Keſſel-fuͤhrer fuͤr alle Bieſter-freyheit; Gleiche Wuͤrkung hat ein Kayſerliches Buͤrgerrecht ꝛc. ꝛc. ⁽c⁾ Jn dem Aſpelſchen Hof-recht beym von STEJNEN in der Weſtph. Geſch. n. 6. p. 1778. wird es ſo ausge- druckt: Kormuͤndig oder Waß-tinſig. (d) Frye G 4

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/133>, abgerufen am 27.11.2024.