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Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768.

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Osnabrücksche Geschichte
(a) S. §. 20. n. a. Alles dieses sind eigentliche criteria des
Leib-Eigenthums; wovon man in der blossen Hode nichts
weiß. Es ist übrigens besonders, da in vielen Ländern
das jus primae noctis so berühmt ist, und zu allerhand bon
mots
Gelegenheit gegeben hat, so gar daß in England
eine Comödie, the costum in the mannor genannt, dar-
auf gebauet und noch im Jahr 1764 vor gestellt ist, daß
dennoch in Westphalen auch nicht einmal eine Anspie-
lung auf dieses Recht zu finden sey; weswegen ich ver-
muthe, daß man nur diejenigen Gutsherrn, welche zu-
gleich Gerichtsherrn gewesen, dazu berechtiget gehalten;
und da sich dergleichen in Westphalen nicht finden, eben
deswegen auch keine Spur davon habe. Es ist sonst ein
vollkommen richtiger Schluß, daß derjenige der die Magd
hat, auch dasjenige habe was sie in der ersten Braut-
Nacht verlieren kann. Gleichwie man aber einen Knecht
impune tödten konnte, und es nicht that; mithin die freye
Macht seinen Knecht zu martern und zu tödten, nur als
eine Urkunde des vollkommensten Eigenthums-Rechts
anführte: also glaube ich auch, daß der Anspruch eines
Gutsherrn auf die erste Nacht, weiter nichts als eine
wohl ausgedrückte Urkunde seiner vollkommenen Hals-
Herrlichkeit gewesen, und zum Sprichwort geworden sey.
Ob ein Gutsherr den Bettemund zum andernmal
fordern könne, ist einigemal gefraget worden. Da es
keine Strafe, sondern eine blosse Wehrung ist: so schei-
net mit dem erstenmal dem Gutsherrn alles bezahlt zu
seyn. Jndem aber die Wehrung zugleich für den Bette-
mund, das ist, pro violata lecti tutela, entrichtet wird;
und jeder neuer Vorfall eine turbatio tutelae ist: so ist,
wiewol aus ganz seltsamen Gründen pro affirmativa ge-
sprochen worden.
(b) Eben wie zu Rom. Der filius emancipatus erbte nicht
weiter; weil die väterliche Wort-stätte, so wenig als ein
westphälischer Bauer-Hof unter mehrern Kindern ge-
theilet werden konnte, und das Haus-gewehr, worin zu-
erst die Mobiliar-Erbschaft bestand, bey der Wehr blei-
ben muste. So wie aber Geld, und mit diesem das
Oſnabruͤckſche Geſchichte
(a) S. §. 20. n. a. Alles dieſes ſind eigentliche criteria des
Leib-Eigenthums; wovon man in der bloſſen Hode nichts
weiß. Es iſt uͤbrigens beſonders, da in vielen Laͤndern
das jus primæ noctis ſo beruͤhmt iſt, und zu allerhand bon
mots
Gelegenheit gegeben hat, ſo gar daß in England
eine Comoͤdie, the coſtum in the mannor genannt, dar-
auf gebauet und noch im Jahr 1764 vor geſtellt iſt, daß
dennoch in Weſtphalen auch nicht einmal eine Anſpie-
lung auf dieſes Recht zu finden ſey; weswegen ich ver-
muthe, daß man nur diejenigen Gutsherrn, welche zu-
gleich Gerichtsherrn geweſen, dazu berechtiget gehalten;
und da ſich dergleichen in Weſtphalen nicht finden, eben
deswegen auch keine Spur davon habe. Es iſt ſonſt ein
vollkommen richtiger Schluß, daß derjenige der die Magd
hat, auch dasjenige habe was ſie in der erſten Braut-
Nacht verlieren kann. Gleichwie man aber einen Knecht
impune toͤdten konnte, und es nicht that; mithin die freye
Macht ſeinen Knecht zu martern und zu toͤdten, nur als
eine Urkunde des vollkommenſten Eigenthums-Rechts
anfuͤhrte: alſo glaube ich auch, daß der Anſpruch eines
Gutsherrn auf die erſte Nacht, weiter nichts als eine
wohl ausgedruͤckte Urkunde ſeiner vollkommenen Hals-
Herrlichkeit geweſen, und zum Sprichwort geworden ſey.
Ob ein Gutsherr den Bettemund zum andernmal
fordern koͤnne, iſt einigemal gefraget worden. Da es
keine Strafe, ſondern eine bloſſe Wehrung iſt: ſo ſchei-
net mit dem erſtenmal dem Gutsherrn alles bezahlt zu
ſeyn. Jndem aber die Wehrung zugleich fuͤr den Bette-
mund, das iſt, pro violata lecti tutela, entrichtet wird;
und jeder neuer Vorfall eine turbatio tutelæ iſt: ſo iſt,
wiewol aus ganz ſeltſamen Gruͤnden pro affirmativa ge-
ſprochen worden.
(b) Eben wie zu Rom. Der filius emancipatus erbte nicht
weiter; weil die vaͤterliche Wort-ſtaͤtte, ſo wenig als ein
weſtphaͤliſcher Bauer-Hof unter mehrern Kindern ge-
theilet werden konnte, und das Haus-gewehr, worin zu-
erſt die Mobiliar-Erbſchaft beſtand, bey der Wehr blei-
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[100/0130] Oſnabruͤckſche Geſchichte ⁽a⁾ S. §. 20. n. a. Alles dieſes ſind eigentliche criteria des Leib-Eigenthums; wovon man in der bloſſen Hode nichts weiß. Es iſt uͤbrigens beſonders, da in vielen Laͤndern das jus primæ noctis ſo beruͤhmt iſt, und zu allerhand bon mots Gelegenheit gegeben hat, ſo gar daß in England eine Comoͤdie, the coſtum in the mannor genannt, dar- auf gebauet und noch im Jahr 1764 vor geſtellt iſt, daß dennoch in Weſtphalen auch nicht einmal eine Anſpie- lung auf dieſes Recht zu finden ſey; weswegen ich ver- muthe, daß man nur diejenigen Gutsherrn, welche zu- gleich Gerichtsherrn geweſen, dazu berechtiget gehalten; und da ſich dergleichen in Weſtphalen nicht finden, eben deswegen auch keine Spur davon habe. Es iſt ſonſt ein vollkommen richtiger Schluß, daß derjenige der die Magd hat, auch dasjenige habe was ſie in der erſten Braut- Nacht verlieren kann. Gleichwie man aber einen Knecht impune toͤdten konnte, und es nicht that; mithin die freye Macht ſeinen Knecht zu martern und zu toͤdten, nur als eine Urkunde des vollkommenſten Eigenthums-Rechts anfuͤhrte: alſo glaube ich auch, daß der Anſpruch eines Gutsherrn auf die erſte Nacht, weiter nichts als eine wohl ausgedruͤckte Urkunde ſeiner vollkommenen Hals- Herrlichkeit geweſen, und zum Sprichwort geworden ſey. Ob ein Gutsherr den Bettemund zum andernmal fordern koͤnne, iſt einigemal gefraget worden. Da es keine Strafe, ſondern eine bloſſe Wehrung iſt: ſo ſchei- net mit dem erſtenmal dem Gutsherrn alles bezahlt zu ſeyn. Jndem aber die Wehrung zugleich fuͤr den Bette- mund, das iſt, pro violata lecti tutela, entrichtet wird; und jeder neuer Vorfall eine turbatio tutelæ iſt: ſo iſt, wiewol aus ganz ſeltſamen Gruͤnden pro affirmativa ge- ſprochen worden. ⁽b⁾ Eben wie zu Rom. Der filius emancipatus erbte nicht weiter; weil die vaͤterliche Wort-ſtaͤtte, ſo wenig als ein weſtphaͤliſcher Bauer-Hof unter mehrern Kindern ge- theilet werden konnte, und das Haus-gewehr, worin zu- erſt die Mobiliar-Erbſchaft beſtand, bey der Wehr blei- ben muſte. So wie aber Geld, und mit dieſem das Mit-

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/130>, abgerufen am 23.11.2024.