Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768.erster Abschnitt. einem andern Dinge, (b) wovor die Einbildung sichbeugen wollte, bestehen, war dem Hausvater unent- behrlich um seine Person gegen ein zahlreiches Ge- sinde nothdürftig zu heiligen, und sich gleichsam eine Freystatt in seinem eignen Hause zu geben. Jn der Mark waren Gränz-Götter, wie jetzt Kreutze und heilige Schnat-Bäume gegen den Eingrif der Nach- baren auch von gutem Nutzen; weil deren Verletzung so fort den Gottes-Frieden stören, und den Priester zu dessen Handhabung erwecken muste. Man trug auch einige Mark-Götter (c) bey einer jährlichen Versamlung auf den Gränzen der Mark herum; und im Christenthum kam die Heiligen-Tracht an ihre Stelle. Die Mannie, da sie sich an keinen Baum oder Stein, sondern auf die Köpfe der Män- ner schloß, (d) und folglich nicht leicht einige Gränz- Streitigkeiten veranlassete, hätte in ihrer innern Verfassung am allerersten einer besondern Gottheit entbehren können. Denn die einheimischen Streitig- keiten derselben konnten nach der Abrede leicht geschie- den werden, und höchstens bey der Gottes-Probe und dem Gottes-Urtheile besondre Gottheiten nöthig seyn. Doch lassen die so genannten Teufel-Gil- den (e) auch einer andern Vermuthung Raum. (a) Jch habe in einer Diss. de vet. Gallorum & Germ. theo- log. mystica ehedem angenommen, daß man eine öffent- liche und heimliche Götter-Lehre gehabt hätte; um die Widersprüche der Geschichtschreiber in Ansehung der sichtbaren und unsichtbaren deutschen Gottheiten zu ver- einigen; glaube aber nunmehr daß sich alles auf obige Art besser erklären lasse. (b) Jch gehe hier nicht ad species, und alles was von der F
erſter Abſchnitt. einem andern Dinge, (b) wovor die Einbildung ſichbeugen wollte, beſtehen, war dem Hausvater unent- behrlich um ſeine Perſon gegen ein zahlreiches Ge- ſinde nothduͤrftig zu heiligen, und ſich gleichſam eine Freyſtatt in ſeinem eignen Hauſe zu geben. Jn der Mark waren Graͤnz-Goͤtter, wie jetzt Kreutze und heilige Schnat-Baͤume gegen den Eingrif der Nach- baren auch von gutem Nutzen; weil deren Verletzung ſo fort den Gottes-Frieden ſtoͤren, und den Prieſter zu deſſen Handhabung erwecken muſte. Man trug auch einige Mark-Goͤtter (c) bey einer jaͤhrlichen Verſamlung auf den Graͤnzen der Mark herum; und im Chriſtenthum kam die Heiligen-Tracht an ihre Stelle. Die Mannie, da ſie ſich an keinen Baum oder Stein, ſondern auf die Koͤpfe der Maͤn- ner ſchloß, (d) und folglich nicht leicht einige Graͤnz- Streitigkeiten veranlaſſete, haͤtte in ihrer innern Verfaſſung am allererſten einer beſondern Gottheit entbehren koͤnnen. Denn die einheimiſchen Streitig- keiten derſelben konnten nach der Abrede leicht geſchie- den werden, und hoͤchſtens bey der Gottes-Probe und dem Gottes-Urtheile beſondre Gottheiten noͤthig ſeyn. Doch laſſen die ſo genannten Teufel-Gil- den (e) auch einer andern Vermuthung Raum. (a) Jch habe in einer Diſſ. de vet. Gallorum & Germ. theo- log. myſtica ehedem angenommen, daß man eine oͤffent- liche und heimliche Goͤtter-Lehre gehabt haͤtte; um die Widerſpruͤche der Geſchichtſchreiber in Anſehung der ſichtbaren und unſichtbaren deutſchen Gottheiten zu ver- einigen; glaube aber nunmehr daß ſich alles auf obige Art beſſer erklaͤren laſſe. (b) Jch gehe hier nicht ad ſpecies, und alles was von der F
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erſter Abſchnitt.
einem andern Dinge,
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wovor die Einbildung ſich
beugen wollte, beſtehen, war dem Hausvater unent-
behrlich um ſeine Perſon gegen ein zahlreiches Ge-
ſinde nothduͤrftig zu heiligen, und ſich gleichſam eine
Freyſtatt in ſeinem eignen Hauſe zu geben. Jn der
Mark waren Graͤnz-Goͤtter, wie jetzt Kreutze und
heilige Schnat-Baͤume gegen den Eingrif der Nach-
baren auch von gutem Nutzen; weil deren Verletzung
ſo fort den Gottes-Frieden ſtoͤren, und den Prieſter
zu deſſen Handhabung erwecken muſte. Man trug
auch einige Mark-Goͤtter
⁽c⁾
bey einer jaͤhrlichen
Verſamlung auf den Graͤnzen der Mark herum;
und im Chriſtenthum kam die Heiligen-Tracht an
ihre Stelle. Die Mannie, da ſie ſich an keinen
Baum oder Stein, ſondern auf die Koͤpfe der Maͤn-
ner ſchloß,
⁽d⁾
und folglich nicht leicht einige Graͤnz-
Streitigkeiten veranlaſſete, haͤtte in ihrer innern
Verfaſſung am allererſten einer beſondern Gottheit
entbehren koͤnnen. Denn die einheimiſchen Streitig-
keiten derſelben konnten nach der Abrede leicht geſchie-
den werden, und hoͤchſtens bey der Gottes-Probe
und dem Gottes-Urtheile beſondre Gottheiten noͤthig
ſeyn. Doch laſſen die ſo genannten Teufel-Gil-
den
⁽e⁾
auch einer andern Vermuthung Raum.
⁽a⁾ Jch habe in einer Diſſ. de vet. Gallorum & Germ. theo-
log. myſtica ehedem angenommen, daß man eine oͤffent-
liche und heimliche Goͤtter-Lehre gehabt haͤtte; um die
Widerſpruͤche der Geſchichtſchreiber in Anſehung der
ſichtbaren und unſichtbaren deutſchen Gottheiten zu ver-
einigen; glaube aber nunmehr daß ſich alles auf obige
Art beſſer erklaͤren laſſe.
⁽b⁾ Jch gehe hier nicht ad ſpecies, und alles was von der
Deut-
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Zitationshilfe: | Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/111>, abgerufen am 21.07.2024. |