Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768.

Bild:
<< vorherige Seite

erster Abschnitt.
lassen haben, wenn man hätte ein Himmels-Zeichen
dazu gebrauchen können. Der Priester war noth-
wendig Edel. (c) Denn wenn er zu einer Mannie o-
der zu einer gemeinen Versamlung gehöret hätte: so
würde sich eine andre von ihm nichts haben vorschrei-
ben lassen. Man muß ihn deswegen als einen unab-
hängigen geheiligten National-Beamten ansehn, der
gleich dem Adel zwischen den Jnnungen gestanden,
ohne zu einer einzigen ins besondre zu gehören. (d) Jhr Kirchen-Bann war erschrecklich. (e)

(a) Si Dii prohibuerunt, nulla de eadem re in eundem diem
consultatio. TAC. G.
10. Man weiß, daß durch eben
dieses Kunst-Stück der Rath zu Rom sich gegen die
Macht der Menge erhielt. Ein Zeichen konnte aber nur
vorher übel gedeutet werden. Wenn das Volk ein-
mal seinen Schluß gefaßt; würde es zu spät und auch
zu viel gewesen seyn einen förmlichen Schluß vernich-
tigen zu dürfen. Die Stimme des Volks war alsdenn
die Stimme Gottes, und dagegen muste der Priester
schweigen. Dergleichen Zeichen-Deutungen fehlen uns
jetzt oft. Wenn bey den Römern ein General sich zu-
rück ziehen, oder nicht zur Schlacht ausrücken wollte:
so war ein gesehener Bienen-Schwarm; oder ein Neu-
Mond, Ursache genug. Und die Armee glaubte des-
wegen nicht, daß der Feind zu stark; oder ein ander
Mangel vorhanden wäre. Jn Ermanglung solcher Zei-
chen muß jetzt oft ein General die wahre Ursache bloß
geben, wenn ihn ein Vorwand der mangelnden Subsi-
stenz nicht rettet.
(b) Silentium per sacerdotes. TAC. G. 11.
(c) Von den Galliern sagt CAES. de B. G. VI. dieses aus-
drücklich; und es folgt von selbst. Als Wehr hätte er
einer gemeinen Versamlung; und im Gefolge ei-
nem Herrn angehört; niedriger kann man ihn nicht
setzen; und also bleibt nichts als der Höchste- oder Adels-

erſter Abſchnitt.
laſſen haben, wenn man haͤtte ein Himmels-Zeichen
dazu gebrauchen koͤnnen. Der Prieſter war noth-
wendig Edel. (c) Denn wenn er zu einer Mannie o-
der zu einer gemeinen Verſamlung gehoͤret haͤtte: ſo
wuͤrde ſich eine andre von ihm nichts haben vorſchrei-
ben laſſen. Man muß ihn deswegen als einen unab-
haͤngigen geheiligten National-Beamten anſehn, der
gleich dem Adel zwiſchen den Jnnungen geſtanden,
ohne zu einer einzigen ins beſondre zu gehoͤren. (d) Jhr Kirchen-Bann war erſchrecklich. (e)

(a) Si Dii prohibuerunt, nulla de eadem re in eundem diem
conſultatio. TAC. G.
10. Man weiß, daß durch eben
dieſes Kunſt-Stuͤck der Rath zu Rom ſich gegen die
Macht der Menge erhielt. Ein Zeichen konnte aber nur
vorher uͤbel gedeutet werden. Wenn das Volk ein-
mal ſeinen Schluß gefaßt; wuͤrde es zu ſpaͤt und auch
zu viel geweſen ſeyn einen foͤrmlichen Schluß vernich-
tigen zu duͤrfen. Die Stimme des Volks war alsdenn
die Stimme Gottes, und dagegen muſte der Prieſter
ſchweigen. Dergleichen Zeichen-Deutungen fehlen uns
jetzt oft. Wenn bey den Roͤmern ein General ſich zu-
ruͤck ziehen, oder nicht zur Schlacht ausruͤcken wollte:
ſo war ein geſehener Bienen-Schwarm; oder ein Neu-
Mond, Urſache genug. Und die Armee glaubte des-
wegen nicht, daß der Feind zu ſtark; oder ein ander
Mangel vorhanden waͤre. Jn Ermanglung ſolcher Zei-
chen muß jetzt oft ein General die wahre Urſache bloß
geben, wenn ihn ein Vorwand der mangelnden Subſi-
ſtenz nicht rettet.
(b) Silentium per ſacerdotes. TAC. G. 11.
(c) Von den Galliern ſagt CAES. de B. G. VI. dieſes aus-
druͤcklich; und es folgt von ſelbſt. Als Wehr haͤtte er
einer gemeinen Verſamlung; und im Gefolge ei-
nem Herrn angehoͤrt; niedriger kann man ihn nicht
ſetzen; und alſo bleibt nichts als der Hoͤchſte- oder Adels-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0105" n="75"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">er&#x017F;ter Ab&#x017F;chnitt.</hi></fw><lb/>
la&#x017F;&#x017F;en haben, wenn man ha&#x0364;tte ein Himmels-Zeichen<lb/>
dazu gebrauchen ko&#x0364;nnen. Der Prie&#x017F;ter war noth-<lb/>
wendig Edel. <note place="end" n="(c)"/> Denn wenn er zu einer Mannie o-<lb/>
der zu einer gemeinen Ver&#x017F;amlung geho&#x0364;ret ha&#x0364;tte: &#x017F;o<lb/>
wu&#x0364;rde &#x017F;ich eine andre von ihm nichts haben vor&#x017F;chrei-<lb/>
ben la&#x017F;&#x017F;en. Man muß ihn deswegen als einen unab-<lb/>
ha&#x0364;ngigen geheiligten National-Beamten an&#x017F;ehn, der<lb/>
gleich dem Adel zwi&#x017F;chen den Jnnungen ge&#x017F;tanden,<lb/>
ohne zu einer einzigen ins be&#x017F;ondre zu geho&#x0364;ren. <note place="end" n="(d)"/><lb/>
Jhr Kirchen-Bann war er&#x017F;chrecklich. <note place="end" n="(e)"/></p><lb/>
          <note place="end" n="(a)"><hi rendition="#aq">Si Dii prohibuerunt, nulla de eadem re in eundem diem<lb/>
con&#x017F;ultatio. TAC. G.</hi> 10. Man weiß, daß durch eben<lb/>
die&#x017F;es Kun&#x017F;t-Stu&#x0364;ck der Rath zu Rom &#x017F;ich gegen die<lb/>
Macht der Menge erhielt. Ein Zeichen konnte aber nur<lb/><hi rendition="#fr">vorher</hi> u&#x0364;bel gedeutet werden. Wenn das Volk ein-<lb/>
mal &#x017F;einen Schluß gefaßt; wu&#x0364;rde es zu &#x017F;pa&#x0364;t und auch<lb/>
zu viel gewe&#x017F;en &#x017F;eyn einen fo&#x0364;rmlichen Schluß vernich-<lb/>
tigen zu du&#x0364;rfen. Die Stimme des Volks war alsdenn<lb/>
die Stimme Gottes, und dagegen mu&#x017F;te der Prie&#x017F;ter<lb/>
&#x017F;chweigen. Dergleichen Zeichen-Deutungen fehlen uns<lb/>
jetzt oft. Wenn bey den Ro&#x0364;mern ein General &#x017F;ich zu-<lb/>
ru&#x0364;ck ziehen, oder nicht zur Schlacht ausru&#x0364;cken wollte:<lb/>
&#x017F;o war ein ge&#x017F;ehener Bienen-Schwarm; oder ein Neu-<lb/>
Mond, Ur&#x017F;ache genug. Und die Armee glaubte des-<lb/>
wegen nicht, daß der Feind zu &#x017F;tark; oder ein ander<lb/>
Mangel vorhanden wa&#x0364;re. Jn Ermanglung &#x017F;olcher Zei-<lb/>
chen muß jetzt oft ein General die wahre Ur&#x017F;ache bloß<lb/>
geben, wenn ihn ein Vorwand der mangelnden Sub&#x017F;i-<lb/>
&#x017F;tenz nicht rettet.</note><lb/>
          <note place="end" n="(b)"><hi rendition="#aq">Silentium per &#x017F;acerdotes. TAC. G.</hi> 11.</note><lb/>
          <note place="end" n="(c)">Von den Galliern &#x017F;agt <hi rendition="#aq">CAES. de B. G. VI.</hi> die&#x017F;es aus-<lb/>
dru&#x0364;cklich; und es folgt von &#x017F;elb&#x017F;t. Als <hi rendition="#fr">Wehr</hi> ha&#x0364;tte er<lb/>
einer <hi rendition="#fr">gemeinen</hi> Ver&#x017F;amlung; und <hi rendition="#fr">im Gefolge</hi> ei-<lb/>
nem Herrn angeho&#x0364;rt; niedriger kann man ihn nicht<lb/>
&#x017F;etzen; und al&#x017F;o bleibt nichts als der Ho&#x0364;ch&#x017F;te- oder Adels-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Stand</fw><lb/></note>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[75/0105] erſter Abſchnitt. laſſen haben, wenn man haͤtte ein Himmels-Zeichen dazu gebrauchen koͤnnen. Der Prieſter war noth- wendig Edel. ⁽c⁾ Denn wenn er zu einer Mannie o- der zu einer gemeinen Verſamlung gehoͤret haͤtte: ſo wuͤrde ſich eine andre von ihm nichts haben vorſchrei- ben laſſen. Man muß ihn deswegen als einen unab- haͤngigen geheiligten National-Beamten anſehn, der gleich dem Adel zwiſchen den Jnnungen geſtanden, ohne zu einer einzigen ins beſondre zu gehoͤren. ⁽d⁾ Jhr Kirchen-Bann war erſchrecklich. ⁽e⁾ ⁽a⁾ Si Dii prohibuerunt, nulla de eadem re in eundem diem conſultatio. TAC. G. 10. Man weiß, daß durch eben dieſes Kunſt-Stuͤck der Rath zu Rom ſich gegen die Macht der Menge erhielt. Ein Zeichen konnte aber nur vorher uͤbel gedeutet werden. Wenn das Volk ein- mal ſeinen Schluß gefaßt; wuͤrde es zu ſpaͤt und auch zu viel geweſen ſeyn einen foͤrmlichen Schluß vernich- tigen zu duͤrfen. Die Stimme des Volks war alsdenn die Stimme Gottes, und dagegen muſte der Prieſter ſchweigen. Dergleichen Zeichen-Deutungen fehlen uns jetzt oft. Wenn bey den Roͤmern ein General ſich zu- ruͤck ziehen, oder nicht zur Schlacht ausruͤcken wollte: ſo war ein geſehener Bienen-Schwarm; oder ein Neu- Mond, Urſache genug. Und die Armee glaubte des- wegen nicht, daß der Feind zu ſtark; oder ein ander Mangel vorhanden waͤre. Jn Ermanglung ſolcher Zei- chen muß jetzt oft ein General die wahre Urſache bloß geben, wenn ihn ein Vorwand der mangelnden Subſi- ſtenz nicht rettet. ⁽b⁾ Silentium per ſacerdotes. TAC. G. 11. ⁽c⁾ Von den Galliern ſagt CAES. de B. G. VI. dieſes aus- druͤcklich; und es folgt von ſelbſt. Als Wehr haͤtte er einer gemeinen Verſamlung; und im Gefolge ei- nem Herrn angehoͤrt; niedriger kann man ihn nicht ſetzen; und alſo bleibt nichts als der Hoͤchſte- oder Adels- Stand

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/105
Zitationshilfe: Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/105>, abgerufen am 24.11.2024.