dammen Sie mich keck, ja dürft' ich mein ganzes Ge- schlecht wider mich aufrufen, möchten die Besten des- selben mich fremd aus ihrer Mitte weisen! das här- teste Gericht, dürft' ich's erdulden, damit ich doch den einzigen Trost genösse, meine Buße vollendet zu sehen, eh mein beflecktes Daseyn sein Ende erreicht! Gott, du Gerechter, weißt, ob ich mich solcher Missethat je fähig halten konnte, bevor du mir diese Versuchung bereitet! Doch daß ich sie so schlecht bestand, das öffnet mir schaudernd die Augen über mich selbst, über mein gesammtes Wesen. Die schönen Stunden auch, wo mich die Liebe mit Hoffnungen der glücklichsten Zukunft täuschte und eine fromme Weihe über mein kommendes Leben harmonisch zu verbreiten schien -- mit Thränen sag' ich mir, daß selbst der Werth so reiner Augenblicke, so himmlischer Entschlüsse, nichts- würdig in jenem ungeheuern Abgrunde verschwindet, den dieses Herz, sein selbst unkundig, mir bis daher verbarg. Nun ich mich aber kenne, nun, Gott sey gepriesen, weiß ich auch, wohin mein Trachten gehen muß. Doch davon red' ich Ihnen nicht, ich habe das mit einem Höhern.
Nehmen Sie meinen Dank für die Mittheilun- gen an die Niethelm; sie sind mir treulich zuge- kommen. Ich wäre verloren gewesen ohne sie; drum tausend, tausend Dank für die Barmherzigkeit!
Aber mit welchen Empfindungen hab' ich zugleich in die Wege blicken müssen, in denen Ihr Geschick Sie
dammen Sie mich keck, ja dürft’ ich mein ganzes Ge- ſchlecht wider mich aufrufen, möchten die Beſten deſ- ſelben mich fremd aus ihrer Mitte weiſen! das här- teſte Gericht, dürft’ ich’s erdulden, damit ich doch den einzigen Troſt genöſſe, meine Buße vollendet zu ſehen, eh mein beflecktes Daſeyn ſein Ende erreicht! Gott, du Gerechter, weißt, ob ich mich ſolcher Miſſethat je fähig halten konnte, bevor du mir dieſe Verſuchung bereitet! Doch daß ich ſie ſo ſchlecht beſtand, das öffnet mir ſchaudernd die Augen über mich ſelbſt, über mein geſammtes Weſen. Die ſchönen Stunden auch, wo mich die Liebe mit Hoffnungen der glücklichſten Zukunft täuſchte und eine fromme Weihe über mein kommendes Leben harmoniſch zu verbreiten ſchien — mit Thränen ſag’ ich mir, daß ſelbſt der Werth ſo reiner Augenblicke, ſo himmliſcher Entſchlüſſe, nichts- würdig in jenem ungeheuern Abgrunde verſchwindet, den dieſes Herz, ſein ſelbſt unkundig, mir bis daher verbarg. Nun ich mich aber kenne, nun, Gott ſey geprieſen, weiß ich auch, wohin mein Trachten gehen muß. Doch davon red’ ich Ihnen nicht, ich habe das mit einem Höhern.
Nehmen Sie meinen Dank für die Mittheilun- gen an die Niethelm; ſie ſind mir treulich zuge- kommen. Ich wäre verloren geweſen ohne ſie; drum tauſend, tauſend Dank für die Barmherzigkeit!
Aber mit welchen Empfindungen hab’ ich zugleich in die Wege blicken müſſen, in denen Ihr Geſchick Sie
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dammen Sie mich keck, ja dürft’ ich mein ganzes Ge-
ſchlecht wider mich aufrufen, möchten die Beſten deſ-
ſelben mich fremd aus ihrer Mitte weiſen! das här-
teſte Gericht, dürft’ ich’s erdulden, damit ich doch den
einzigen Troſt genöſſe, meine Buße vollendet zu ſehen,
eh mein beflecktes Daſeyn ſein Ende erreicht! Gott,
du Gerechter, weißt, ob ich mich ſolcher Miſſethat je
fähig halten konnte, bevor du mir dieſe Verſuchung
bereitet! Doch daß ich ſie ſo ſchlecht beſtand, das
öffnet mir ſchaudernd die Augen über mich ſelbſt, über
mein geſammtes Weſen. Die ſchönen Stunden auch,
wo mich die Liebe mit Hoffnungen der glücklichſten
Zukunft täuſchte und eine fromme Weihe über mein
kommendes Leben harmoniſch zu verbreiten ſchien —
mit Thränen ſag’ ich mir, daß ſelbſt der Werth ſo
reiner Augenblicke, ſo himmliſcher Entſchlüſſe, nichts-
würdig in jenem ungeheuern Abgrunde verſchwindet,
den dieſes Herz, ſein ſelbſt unkundig, mir bis daher
verbarg. Nun ich mich aber kenne, nun, Gott ſey
geprieſen, weiß ich auch, wohin mein Trachten gehen
muß. Doch davon red’ ich Ihnen nicht, ich habe das
mit einem Höhern.
Nehmen Sie meinen Dank für die Mittheilun-
gen an die Niethelm; ſie ſind mir treulich zuge-
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Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 2 Stuttgart, 1832, S. 391. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten02_1832/77>, abgerufen am 25.11.2024.
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