Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 2 Stuttgart, 1832.Schutzbefohlene ab; sie merkte aber sehr wenig dar- Sie standen oben und sie sang in einer freien "Sausewind! Brausewind! Dort und hier, Deine Heimath sage mir!" ""Kindlein, wir fahren Seit viel vielen Jahren Durch die weit weite Welt, Und wollen's erfragen, Die Antwort erjagen, Bei den Bergen, den Meeren, Bei des Himmels klingenden Heeren -- Die wissen es nie, Bist du klüger als sie, Magst du es sagen. -- Fort! Wohlauf! Halt uns nicht auf! Kommen andre nach, Unsre Brüder, Da frag' wieder."" "Halt an! Gemach, Eine kleine Frist! Sagt, wo der Liebe Heimath ist, Ihr Anfang, ihr Ende!" Schutzbefohlene ab; ſie merkte aber ſehr wenig dar- Sie ſtanden oben und ſie ſang in einer freien „Sauſewind! Brauſewind! Dort und hier, Deine Heimath ſage mir!“ „„Kindlein, wir fahren Seit viel vielen Jahren Durch die weit weite Welt, Und wollen’s erfragen, Die Antwort erjagen, Bei den Bergen, den Meeren, Bei des Himmels klingenden Heeren — Die wiſſen es nie, Biſt du klüger als ſie, Magſt du es ſagen. — Fort! Wohlauf! Halt uns nicht auf! Kommen andre nach, Unſre Brüder, Da frag’ wieder.““ „Halt an! Gemach, Eine kleine Friſt! Sagt, wo der Liebe Heimath iſt, Ihr Anfang, ihr Ende!“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0298" n="612"/> Schutzbefohlene ab; ſie merkte aber ſehr wenig dar-<lb/> auf und zog ihn bald von dem Platze weg, um<lb/> nahebei einen kleinen Berggipfel zu beſteigen, welcher<lb/> ſich kahl und kegelförmig über das Wäldchen erhob.<lb/> „Der Wind weht dort! Ich muß das Windlied ſingen;<lb/> es iſt ſehr rathſam heute,“ rief <hi rendition="#g">Agnes</hi>, voraneilend.</p><lb/> <p>Sie ſtanden oben und ſie ſang in einer freien<lb/> Weiſe die folgenden Verſe, indem ſie bei Frag’ und<lb/> Antwort jedes Mal ſehr artig mit der Stimme wech-<lb/> ſelte, dabei ſehr lebhaft in die Luft agirte.</p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>„Sauſewind! Brauſewind!</l><lb/> <l>Dort und hier,</l><lb/> <l>Deine Heimath ſage mir!“</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>„„Kindlein, wir fahren</l><lb/> <l>Seit viel vielen Jahren</l><lb/> <l>Durch die weit weite Welt,</l><lb/> <l>Und wollen’s erfragen,</l><lb/> <l>Die Antwort erjagen,</l><lb/> <l>Bei den Bergen, den Meeren,</l><lb/> <l>Bei des Himmels klingenden Heeren —</l><lb/> <l>Die wiſſen es nie,</l><lb/> <l>Biſt du klüger als ſie,</l><lb/> <l>Magſt du es ſagen.</l><lb/> <l>— Fort! Wohlauf!</l><lb/> <l>Halt uns nicht auf!</l><lb/> <l>Kommen andre nach,</l><lb/> <l>Unſre Brüder,</l><lb/> <l>Da frag’ wieder.““</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>„Halt an! Gemach,</l><lb/> <l>Eine kleine Friſt!</l><lb/> <l>Sagt, wo der Liebe Heimath iſt,</l><lb/> <l>Ihr Anfang, ihr Ende!“</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [612/0298]
Schutzbefohlene ab; ſie merkte aber ſehr wenig dar-
auf und zog ihn bald von dem Platze weg, um
nahebei einen kleinen Berggipfel zu beſteigen, welcher
ſich kahl und kegelförmig über das Wäldchen erhob.
„Der Wind weht dort! Ich muß das Windlied ſingen;
es iſt ſehr rathſam heute,“ rief Agnes, voraneilend.
Sie ſtanden oben und ſie ſang in einer freien
Weiſe die folgenden Verſe, indem ſie bei Frag’ und
Antwort jedes Mal ſehr artig mit der Stimme wech-
ſelte, dabei ſehr lebhaft in die Luft agirte.
„Sauſewind! Brauſewind!
Dort und hier,
Deine Heimath ſage mir!“
„„Kindlein, wir fahren
Seit viel vielen Jahren
Durch die weit weite Welt,
Und wollen’s erfragen,
Die Antwort erjagen,
Bei den Bergen, den Meeren,
Bei des Himmels klingenden Heeren —
Die wiſſen es nie,
Biſt du klüger als ſie,
Magſt du es ſagen.
— Fort! Wohlauf!
Halt uns nicht auf!
Kommen andre nach,
Unſre Brüder,
Da frag’ wieder.““
„Halt an! Gemach,
Eine kleine Friſt!
Sagt, wo der Liebe Heimath iſt,
Ihr Anfang, ihr Ende!“
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