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Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 1. Stuttgart, 1832.

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dein Traum! Ach, nur zu bald wirst du weinen. Gott
helfe dir. Gute Nacht."


Dieß war die auffallende Stelle, die Nolten
mit heimlichem Unmuthe gegen Larkens anhörte,
denn nun zweifelte er nicht mehr, daß dieser das
Ganze veranstaltet hatte. Was noch weiter aus dem
Hefte vorgetragen wurde, war ohne besondere Bezie-
hung, und der Vorleser hörte eben zur rechten Zeit
auf, als die Ungeduld Noltens am höchsten war.
Der Leztere konnte kaum erwarten, bis man ausein-
ander ging und er Gelegenheit fand, dem Larkens
einige Worte zuzuflüstern, die ihm wenigstens andeu-
ten sollten, wie wenig jener Wink am Platze gewesen.
"Ich danke dir," sagte er mit beleidigtem Tone, in-
dem sie die Treppen des Thurmes hinabstiegen, "ich
danke dir für deine wohlgemeinte Zurechtweisung in
einer Sache, worin ich übrigens füglich mein eigener Richter
seyn könnte. Ich habe mich dir schon früher im All-
gemeinen darüber erklärt, du scheinst mich aber nicht
verstanden zu haben. Verlang' es, und ich will mich
weitläuftiger vor dir rechtfertigen."

"Für's Erste," antwortete der Freund halb lä-
chelnd, "berg' ich dir meine Freude darüber keines-
wegs, daß du meinen versteckten Ausfall auf dein
Gewissen nicht spaßhaft aufgenommen, so seltsam auch
die Komödie war; aber es thäte mir auf der andern
Seite eben so leid, wenn du einen Popanz oder selbst-

dein Traum! Ach, nur zu bald wirſt du weinen. Gott
helfe dir. Gute Nacht.“


Dieß war die auffallende Stelle, die Nolten
mit heimlichem Unmuthe gegen Larkens anhörte,
denn nun zweifelte er nicht mehr, daß dieſer das
Ganze veranſtaltet hatte. Was noch weiter aus dem
Hefte vorgetragen wurde, war ohne beſondere Bezie-
hung, und der Vorleſer hörte eben zur rechten Zeit
auf, als die Ungeduld Noltens am höchſten war.
Der Leztere konnte kaum erwarten, bis man ausein-
ander ging und er Gelegenheit fand, dem Larkens
einige Worte zuzuflüſtern, die ihm wenigſtens andeu-
ten ſollten, wie wenig jener Wink am Platze geweſen.
„Ich danke dir,“ ſagte er mit beleidigtem Tone, in-
dem ſie die Treppen des Thurmes hinabſtiegen, „ich
danke dir für deine wohlgemeinte Zurechtweiſung in
einer Sache, worin ich übrigens füglich mein eigener Richter
ſeyn könnte. Ich habe mich dir ſchon früher im All-
gemeinen darüber erklärt, du ſcheinſt mich aber nicht
verſtanden zu haben. Verlang’ es, und ich will mich
weitläuftiger vor dir rechtfertigen.“

„Für’s Erſte,“ antwortete der Freund halb lä-
chelnd, „berg’ ich dir meine Freude darüber keines-
wegs, daß du meinen verſteckten Ausfall auf dein
Gewiſſen nicht ſpaßhaft aufgenommen, ſo ſeltſam auch
die Komödie war; aber es thäte mir auf der andern
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[51/0059] dein Traum! Ach, nur zu bald wirſt du weinen. Gott helfe dir. Gute Nacht.“ Dieß war die auffallende Stelle, die Nolten mit heimlichem Unmuthe gegen Larkens anhörte, denn nun zweifelte er nicht mehr, daß dieſer das Ganze veranſtaltet hatte. Was noch weiter aus dem Hefte vorgetragen wurde, war ohne beſondere Bezie- hung, und der Vorleſer hörte eben zur rechten Zeit auf, als die Ungeduld Noltens am höchſten war. Der Leztere konnte kaum erwarten, bis man ausein- ander ging und er Gelegenheit fand, dem Larkens einige Worte zuzuflüſtern, die ihm wenigſtens andeu- ten ſollten, wie wenig jener Wink am Platze geweſen. „Ich danke dir,“ ſagte er mit beleidigtem Tone, in- dem ſie die Treppen des Thurmes hinabſtiegen, „ich danke dir für deine wohlgemeinte Zurechtweiſung in einer Sache, worin ich übrigens füglich mein eigener Richter ſeyn könnte. Ich habe mich dir ſchon früher im All- gemeinen darüber erklärt, du ſcheinſt mich aber nicht verſtanden zu haben. Verlang’ es, und ich will mich weitläuftiger vor dir rechtfertigen.“ „Für’s Erſte,“ antwortete der Freund halb lä- chelnd, „berg’ ich dir meine Freude darüber keines- wegs, daß du meinen verſteckten Ausfall auf dein Gewiſſen nicht ſpaßhaft aufgenommen, ſo ſeltſam auch die Komödie war; aber es thäte mir auf der andern Seite eben ſo leid, wenn du einen Popanz oder ſelbſt-

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 1. Stuttgart, 1832, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten01_1832/59>, abgerufen am 24.11.2024.