liegen möge; an einen bösartigen Scherz oder ein ge- meines Abenteuer sey hier auf keinen Fall zu den- ken, und auf einen vergeblichen Gang könne man sich ja gefaßt halten. Ohne die treuherzige Miene und die große Neugierde, womit auch Larkens die Sache aufnahm, hätte leicht der Verdacht einer Mystifikation auf ihn fallen können, denn sein Humor war bekannt genug, er hatte ihn mit Unrecht in den Ruf eines bösartigen Spötters und Intriguanten gebracht, wozu mitunter auch sein Aeußeres beitrug, so wenig eben eine gelbe Hautfarbe und ein paar schwarze blitzende Augen häßlich, oder das lauernde Lächeln um den Mund gefährlich war. Es war einer von den Menschen, die man auf den Grund kennen muß, um sie nicht zu fürchten. Als Schauspieler und Sänger schäzte man ihn sehr, er wäre der Liebling des Pub- likums gewesen, hätte er nicht die räthselhafte und hartnäckige Grille gehabt, das Fach des Komischen, wozu er durchaus geboren war, mit ernsten Rollen zu vertauschen, die er, ohne es selbst zu fühlen, nur mit- telmäßig ausfüllte. Zuweilen schien sich die unter- drückte Neigung seiner Natur durch eine unwidersteh- liche Sehnsucht nach dem Lustspiele rächen zu wollen, und es war immer eine Festtagsbeute für die Kasse, wenn der Name Larkens bei einer Hollberg'schen oder Shakespear'schen Komödie auf dem Zettel stand. Dann hatte es aber auch das Ansehen, als wäre der Gott des Scherzes selbst in den entzückten Mann ge-
liegen möge; an einen bösartigen Scherz oder ein ge- meines Abenteuer ſey hier auf keinen Fall zu den- ken, und auf einen vergeblichen Gang könne man ſich ja gefaßt halten. Ohne die treuherzige Miene und die große Neugierde, womit auch Larkens die Sache aufnahm, hätte leicht der Verdacht einer Myſtifikation auf ihn fallen können, denn ſein Humor war bekannt genug, er hatte ihn mit Unrecht in den Ruf eines bösartigen Spötters und Intriguanten gebracht, wozu mitunter auch ſein Aeußeres beitrug, ſo wenig eben eine gelbe Hautfarbe und ein paar ſchwarze blitzende Augen häßlich, oder das lauernde Lächeln um den Mund gefährlich war. Es war einer von den Menſchen, die man auf den Grund kennen muß, um ſie nicht zu fürchten. Als Schauſpieler und Sänger ſchäzte man ihn ſehr, er wäre der Liebling des Pub- likums geweſen, hätte er nicht die räthſelhafte und hartnäckige Grille gehabt, das Fach des Komiſchen, wozu er durchaus geboren war, mit ernſten Rollen zu vertauſchen, die er, ohne es ſelbſt zu fühlen, nur mit- telmäßig ausfüllte. Zuweilen ſchien ſich die unter- drückte Neigung ſeiner Natur durch eine unwiderſteh- liche Sehnſucht nach dem Luſtſpiele rächen zu wollen, und es war immer eine Feſttagsbeute für die Kaſſe, wenn der Name Larkens bei einer Hollberg’ſchen oder Shakeſpear’ſchen Komödie auf dem Zettel ſtand. Dann hatte es aber auch das Anſehen, als wäre der Gott des Scherzes ſelbſt in den entzückten Mann ge-
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liegen möge; an einen bösartigen Scherz oder ein ge-
meines Abenteuer ſey hier auf keinen Fall zu den-
ken, und auf einen vergeblichen Gang könne man ſich
ja gefaßt halten. Ohne die treuherzige Miene und die
große Neugierde, womit auch Larkens die Sache
aufnahm, hätte leicht der Verdacht einer Myſtifikation
auf ihn fallen können, denn ſein Humor war bekannt
genug, er hatte ihn mit Unrecht in den Ruf eines
bösartigen Spötters und Intriguanten gebracht, wozu
mitunter auch ſein Aeußeres beitrug, ſo wenig eben
eine gelbe Hautfarbe und ein paar ſchwarze blitzende
Augen häßlich, oder das lauernde Lächeln um den
Mund gefährlich war. Es war einer von den Menſchen,
die man auf den Grund kennen muß, um ſie
nicht zu fürchten. Als Schauſpieler und Sänger
ſchäzte man ihn ſehr, er wäre der Liebling des Pub-
likums geweſen, hätte er nicht die räthſelhafte und
hartnäckige Grille gehabt, das Fach des Komiſchen,
wozu er durchaus geboren war, mit ernſten Rollen zu
vertauſchen, die er, ohne es ſelbſt zu fühlen, nur mit-
telmäßig ausfüllte. Zuweilen ſchien ſich die unter-
drückte Neigung ſeiner Natur durch eine unwiderſteh-
liche Sehnſucht nach dem Luſtſpiele rächen zu wollen,
und es war immer eine Feſttagsbeute für die Kaſſe,
wenn der Name Larkens bei einer Hollberg’ſchen
oder Shakeſpear’ſchen Komödie auf dem Zettel ſtand.
Dann hatte es aber auch das Anſehen, als wäre der
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Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 1. Stuttgart, 1832, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten01_1832/50>, abgerufen am 23.11.2024.
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