Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 1. Stuttgart, 1832.
Die Stirn' ihm gestreichelt -- Wie zuckt mir die Faust! Vergebliche Rachlust! So reiss' ich zerfleischend Hier, hier mit den Nägeln Die eigenen Wangen, Die seidenen Haare -- Du hast sie geküsset, O garstiger Heuchler! Weh! Schönheit und Anmuth -- Was frag' ich nach diesen! Ist Freud' hin auf immer, Ist brochen die Liebe, Was hilft mir die Schönheit, Was frag' ich darnach! Und bleibt nichts zu hoffen? Ach leider, ach nimmer! Der Riß ist geschehen, Er traf aus der Ferne Mir jählings das Leben, Mein Zauber ist aus. Weithe (hervorstürzend). Ich halt' mich nicht -- O liebe süße Schwester! Thereile. Du hier? und ihr? Was ist's, verdammte Fratzen? Weithe. Gewiß nicht lauschen wollten wir; sie fürchten
Die Stirn’ ihm geſtreichelt — Wie zuckt mir die Fauſt! Vergebliche Rachluſt! So reiſſ’ ich zerfleiſchend Hier, hier mit den Nägeln Die eigenen Wangen, Die ſeidenen Haare — Du haſt ſie geküſſet, O garſtiger Heuchler! Weh! Schönheit und Anmuth — Was frag’ ich nach dieſen! Iſt Freud’ hin auf immer, Iſt brochen die Liebe, Was hilft mir die Schönheit, Was frag’ ich darnach! Und bleibt nichts zu hoffen? Ach leider, ach nimmer! Der Riß iſt geſchehen, Er traf aus der Ferne Mir jählings das Leben, Mein Zauber iſt aus. Weithe (hervorſtürzend). Ich halt’ mich nicht — O liebe ſüße Schweſter! Thereile. Du hier? und ihr? Was iſt’s, verdammte Fratzen? Weithe. Gewiß nicht lauſchen wollten wir; ſie fürchten <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#the"> <p><pb facs="#f0210" n="202"/> Die Stirn’ ihm geſtreichelt —<lb/> Wie zuckt mir die Fauſt!</p><lb/> <p>Vergebliche Rachluſt!<lb/> So reiſſ’ ich zerfleiſchend<lb/> Hier, hier mit den Nägeln<lb/> Die eigenen Wangen,<lb/> Die ſeidenen Haare —<lb/> Du haſt ſie geküſſet,<lb/> O garſtiger Heuchler!</p><lb/> <p>Weh! Schönheit und Anmuth —<lb/> Was frag’ ich nach dieſen!<lb/> Iſt Freud’ hin auf immer,<lb/> Iſt brochen die Liebe,<lb/> Was hilft mir die Schönheit,<lb/> Was frag’ ich darnach!</p><lb/> <p>Und bleibt nichts zu hoffen?<lb/> Ach leider, ach nimmer!<lb/> Der Riß iſt geſchehen,<lb/> Er traf aus der Ferne<lb/> Mir jählings das Leben,<lb/> Mein Zauber iſt aus.</p> </sp><lb/> <sp who="#weit"> <speaker> <hi rendition="#g">Weithe</hi> </speaker> <stage>(hervorſtürzend).</stage><lb/> <p>Ich halt’ mich nicht — O liebe ſüße Schweſter!</p> </sp><lb/> <sp who="#the"> <speaker><hi rendition="#g">Thereile</hi>.</speaker><lb/> <p>Du hier? und ihr? Was iſt’s, verdammte Fratzen?</p> </sp><lb/> <sp who="#weit"> <speaker><hi rendition="#g">Weithe</hi>.</speaker><lb/> <p>Gewiß nicht lauſchen wollten wir; ſie fürchten<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [202/0210]
Die Stirn’ ihm geſtreichelt —
Wie zuckt mir die Fauſt!
Vergebliche Rachluſt!
So reiſſ’ ich zerfleiſchend
Hier, hier mit den Nägeln
Die eigenen Wangen,
Die ſeidenen Haare —
Du haſt ſie geküſſet,
O garſtiger Heuchler!
Weh! Schönheit und Anmuth —
Was frag’ ich nach dieſen!
Iſt Freud’ hin auf immer,
Iſt brochen die Liebe,
Was hilft mir die Schönheit,
Was frag’ ich darnach!
Und bleibt nichts zu hoffen?
Ach leider, ach nimmer!
Der Riß iſt geſchehen,
Er traf aus der Ferne
Mir jählings das Leben,
Mein Zauber iſt aus.
Weithe (hervorſtürzend).
Ich halt’ mich nicht — O liebe ſüße Schweſter!
Thereile.
Du hier? und ihr? Was iſt’s, verdammte Fratzen?
Weithe.
Gewiß nicht lauſchen wollten wir; ſie fürchten
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