Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 1. Stuttgart, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite
Vorüberwandelnd neigt und weht die Seele
Ulmons dahin.
(Ab.)
Zehnte Scene.
Mittag.
In der Nähe des Meeres.
Weber allein.
Welch' Wunder wird geschehen durch dieß Buch!
Ja, welch' ein Wunder hat sich schon ereignet
In meiner Gegenwart! Denn als ich ihm,
Dem König, jene Blätter übergab,
Warf er sein Haupt empor mit solchem Blick,
Als sollt' es kommen, daß vom Himmel ein Stern
Herniederschießend rückwärts würde prallen
Vor'm Sterne dieses siegestrunk'nen Auges.
Dann, alsbald meiner Gegenwart vergessend,
Lief er mit schnellem Schritt davon. Gewiß
Ist jenes dunkle Buch die Weissagung
Und Lösung seines Lebens, es enthüllet
Das Räthsel der Befreiung -- Horch,
Es donnert! Horch! Die Insel zittert rings,
Sie hüpfet wie ein neugebornes Kind
In den Windeln des Meers!
Neugierige Delphine fahren rauschend
Am Strand herauf, zu Schaaren kommen sie!
Ha! welch ein lieblich Sommerungewitter
Flammt rosenhell in kühlungsvoller Luft
13
Vorüberwandelnd neigt und weht die Seele
Ulmons dahin.
(Ab.)
Zehnte Scene.
Mittag.
In der Nähe des Meeres.
Weber allein.
Welch’ Wunder wird geſchehen durch dieß Buch!
Ja, welch’ ein Wunder hat ſich ſchon ereignet
In meiner Gegenwart! Denn als ich ihm,
Dem König, jene Blätter übergab,
Warf er ſein Haupt empor mit ſolchem Blick,
Als ſollt’ es kommen, daß vom Himmel ein Stern
Herniederſchießend rückwärts würde prallen
Vor’m Sterne dieſes ſiegestrunk’nen Auges.
Dann, alsbald meiner Gegenwart vergeſſend,
Lief er mit ſchnellem Schritt davon. Gewiß
Iſt jenes dunkle Buch die Weiſſagung
Und Löſung ſeines Lebens, es enthüllet
Das Räthſel der Befreiung — Horch,
Es donnert! Horch! Die Inſel zittert rings,
Sie hüpfet wie ein neugebornes Kind
In den Windeln des Meers!
Neugierige Delphine fahren rauſchend
Am Strand herauf, zu Schaaren kommen ſie!
Ha! welch ein lieblich Sommerungewitter
Flammt roſenhell in kühlungsvoller Luft
13
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <sp who="#koe">
              <p><pb facs="#f0201" n="193"/>
Vorüberwandelnd neigt und weht die Seele<lb/>
Ulmons dahin.</p>
              <stage>(Ab.)</stage>
            </sp>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head><hi rendition="#g">Zehnte Scene</hi>.</head><lb/>
            <stage>Mittag.<lb/>
In der Nähe des Meeres.</stage><lb/>
            <sp who="#koll">
              <speaker> <hi rendition="#g">Weber</hi> </speaker>
              <stage>allein.</stage><lb/>
              <p>Welch&#x2019; Wunder wird ge&#x017F;chehen durch dieß Buch!<lb/>
Ja, welch&#x2019; ein Wunder hat &#x017F;ich &#x017F;chon ereignet<lb/>
In meiner Gegenwart! Denn als ich ihm,<lb/>
Dem König, jene Blätter übergab,<lb/>
Warf er &#x017F;ein Haupt empor mit &#x017F;olchem Blick,<lb/>
Als &#x017F;ollt&#x2019; es kommen, daß vom Himmel ein Stern<lb/>
Hernieder&#x017F;chießend rückwärts würde prallen<lb/>
Vor&#x2019;m Sterne die&#x017F;es &#x017F;iegestrunk&#x2019;nen Auges.<lb/>
Dann, alsbald meiner Gegenwart verge&#x017F;&#x017F;end,<lb/>
Lief er mit &#x017F;chnellem Schritt davon. Gewiß<lb/>
I&#x017F;t jenes dunkle Buch die Wei&#x017F;&#x017F;agung<lb/>
Und Lö&#x017F;ung &#x017F;eines Lebens, es enthüllet<lb/>
Das Räth&#x017F;el der Befreiung &#x2014; Horch,<lb/>
Es donnert! Horch! Die In&#x017F;el zittert rings,<lb/>
Sie hüpfet wie ein neugebornes Kind<lb/>
In den Windeln des Meers!<lb/>
Neugierige Delphine fahren rau&#x017F;chend<lb/>
Am Strand herauf, zu Schaaren kommen &#x017F;ie!<lb/>
Ha! welch ein lieblich Sommerungewitter<lb/>
Flammt ro&#x017F;enhell in kühlungsvoller Luft<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">13</fw><lb/></p>
            </sp>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[193/0201] Vorüberwandelnd neigt und weht die Seele Ulmons dahin.(Ab.) Zehnte Scene. Mittag. In der Nähe des Meeres. Weber allein. Welch’ Wunder wird geſchehen durch dieß Buch! Ja, welch’ ein Wunder hat ſich ſchon ereignet In meiner Gegenwart! Denn als ich ihm, Dem König, jene Blätter übergab, Warf er ſein Haupt empor mit ſolchem Blick, Als ſollt’ es kommen, daß vom Himmel ein Stern Herniederſchießend rückwärts würde prallen Vor’m Sterne dieſes ſiegestrunk’nen Auges. Dann, alsbald meiner Gegenwart vergeſſend, Lief er mit ſchnellem Schritt davon. Gewiß Iſt jenes dunkle Buch die Weiſſagung Und Löſung ſeines Lebens, es enthüllet Das Räthſel der Befreiung — Horch, Es donnert! Horch! Die Inſel zittert rings, Sie hüpfet wie ein neugebornes Kind In den Windeln des Meers! Neugierige Delphine fahren rauſchend Am Strand herauf, zu Schaaren kommen ſie! Ha! welch ein lieblich Sommerungewitter Flammt roſenhell in kühlungsvoller Luft 13

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten01_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten01_1832/201
Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 1. Stuttgart, 1832, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten01_1832/201>, abgerufen am 23.11.2024.