Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 1. Stuttgart, 1832. Schmid. Wohl, wohl! Ich weiß noch als wär's von ge- stern, wie eines Morgens ein Johlen und Zusammen- rennen war, es seyen Landsleute da aus Deutschland. All das Fragen und Verwundern hätt' kaum ärger seyn können, wenn einer warm vom Mond gefallen wär'. Die armen Teufel standen keuchend und schwitzend vor der gaffenden Menge, sie hielten uns für Menschen- fresser, die zufällig auch deutsch redeten. Mit Noth bracht' man aus ihnen heraus, wie sie mit einer Aus- rüstung von Dings da, von -- wie heißt das große Land? nun, von Amerika aus, beinah zu Grund ge- gangen, wie sie, auf Booten weiter und weiter getrie- ben, endlich von den Andern verloren, sich noch zulezt auf einigen Planken hieher gerettet sahen. Glasbrenner. Hätt' doch ein Wallfisch sie gefressen! Der Eine ist ohnehin ein Häring, der winddürre lange Fleder- wisch, der sich immer für einen gewesenen Informator ausgibt, oder wie er sagt, Professer. -- Der Henker behalt' alle die ausländischen Wörter, welche die Kerls mitbrachten. Ein Barbier mag er gewesen seyn. Sein Gesicht ist wie Seife und er blinzelt immer aus triefigen Augen. Schmid. Ja, und er trägt Jahr aus Jahr ein ein knappes Fräcklein aus Nanking, wie er's nennt, und grasgrüne Beinkleider, die ihm nicht bis an die Knöchel reichen, 12
Schmid. Wohl, wohl! Ich weiß noch als wär’s von ge- ſtern, wie eines Morgens ein Johlen und Zuſammen- rennen war, es ſeyen Landsleute da aus Deutſchland. All das Fragen und Verwundern hätt’ kaum ärger ſeyn können, wenn einer warm vom Mond gefallen wär’. Die armen Teufel ſtanden keuchend und ſchwitzend vor der gaffenden Menge, ſie hielten uns für Menſchen- freſſer, die zufällig auch deutſch redeten. Mit Noth bracht’ man aus ihnen heraus, wie ſie mit einer Aus- rüſtung von Dings da, von — wie heißt das große Land? nun, von Amerika aus, beinah zu Grund ge- gangen, wie ſie, auf Booten weiter und weiter getrie- ben, endlich von den Andern verloren, ſich noch zulezt auf einigen Planken hieher gerettet ſahen. Glasbrenner. Hätt’ doch ein Wallfiſch ſie gefreſſen! Der Eine iſt ohnehin ein Häring, der winddürre lange Fleder- wiſch, der ſich immer für einen geweſenen Informator ausgibt, oder wie er ſagt, Profeſſer. — Der Henker behalt’ alle die ausländiſchen Wörter, welche die Kerls mitbrachten. Ein Barbier mag er geweſen ſeyn. Sein Geſicht iſt wie Seife und er blinzelt immer aus triefigen Augen. Schmid. Ja, und er trägt Jahr aus Jahr ein ein knappes Fräcklein aus Nanking, wie er’s nennt, und grasgrüne Beinkleider, die ihm nicht bis an die Knöchel reichen, 12
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0185" n="177"/> <sp who="#schi"> <speaker><hi rendition="#g">Schmid</hi>.</speaker><lb/> <p>Wohl, wohl! Ich weiß noch als wär’s von ge-<lb/> ſtern, wie eines Morgens ein Johlen und Zuſammen-<lb/> rennen war, es ſeyen Landsleute da aus Deutſchland.<lb/> All das Fragen und Verwundern hätt’ kaum ärger ſeyn<lb/> können, wenn einer warm vom Mond gefallen wär’.<lb/> Die armen Teufel ſtanden keuchend und ſchwitzend vor<lb/> der gaffenden Menge, ſie hielten uns für Menſchen-<lb/> freſſer, die zufällig auch deutſch redeten. Mit Noth<lb/> bracht’ man aus ihnen heraus, wie ſie mit einer Aus-<lb/> rüſtung von Dings da, von — wie heißt das große<lb/> Land? nun, von Amerika aus, beinah zu Grund ge-<lb/> gangen, wie ſie, auf Booten weiter und weiter getrie-<lb/> ben, endlich von den Andern verloren, ſich noch zulezt<lb/> auf einigen Planken hieher gerettet ſahen.</p> </sp><lb/> <sp who="#glas"> <speaker><hi rendition="#g">Glasbrenner</hi>.</speaker><lb/> <p>Hätt’ doch ein Wallfiſch ſie gefreſſen! Der Eine<lb/> iſt ohnehin ein Häring, der winddürre lange Fleder-<lb/> wiſch, der ſich immer für einen geweſenen Informator<lb/> ausgibt, oder wie er ſagt, Profeſſer. — Der Henker<lb/> behalt’ alle die ausländiſchen Wörter, welche die Kerls<lb/> mitbrachten. Ein Barbier mag er geweſen ſeyn.<lb/> Sein Geſicht iſt wie Seife und er blinzelt immer aus<lb/> triefigen Augen.</p> </sp><lb/> <sp who="#schi"> <speaker><hi rendition="#g">Schmid</hi>.</speaker><lb/> <p>Ja, und er trägt Jahr aus Jahr ein ein knappes<lb/> Fräcklein aus Nanking, wie er’s nennt, und grasgrüne<lb/> Beinkleider, die ihm nicht bis an die Knöchel reichen,<lb/> <fw place="bottom" type="sig">12</fw><lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [177/0185]
Schmid.
Wohl, wohl! Ich weiß noch als wär’s von ge-
ſtern, wie eines Morgens ein Johlen und Zuſammen-
rennen war, es ſeyen Landsleute da aus Deutſchland.
All das Fragen und Verwundern hätt’ kaum ärger ſeyn
können, wenn einer warm vom Mond gefallen wär’.
Die armen Teufel ſtanden keuchend und ſchwitzend vor
der gaffenden Menge, ſie hielten uns für Menſchen-
freſſer, die zufällig auch deutſch redeten. Mit Noth
bracht’ man aus ihnen heraus, wie ſie mit einer Aus-
rüſtung von Dings da, von — wie heißt das große
Land? nun, von Amerika aus, beinah zu Grund ge-
gangen, wie ſie, auf Booten weiter und weiter getrie-
ben, endlich von den Andern verloren, ſich noch zulezt
auf einigen Planken hieher gerettet ſahen.
Glasbrenner.
Hätt’ doch ein Wallfiſch ſie gefreſſen! Der Eine
iſt ohnehin ein Häring, der winddürre lange Fleder-
wiſch, der ſich immer für einen geweſenen Informator
ausgibt, oder wie er ſagt, Profeſſer. — Der Henker
behalt’ alle die ausländiſchen Wörter, welche die Kerls
mitbrachten. Ein Barbier mag er geweſen ſeyn.
Sein Geſicht iſt wie Seife und er blinzelt immer aus
triefigen Augen.
Schmid.
Ja, und er trägt Jahr aus Jahr ein ein knappes
Fräcklein aus Nanking, wie er’s nennt, und grasgrüne
Beinkleider, die ihm nicht bis an die Knöchel reichen,
12
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |