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Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 1. Stuttgart, 1832.

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Händedruck bekennen, was Du im Stillen mir zudenkst,
was deine Güte schüchtern mir gewähren möchte!
Glaub' mir, ein Gott hat uns hieher geführt, mein
Innerstes erst bitter aufgeregt und Alles, Alles, --
Haß, Verzweiflung, Angst, die unbegrenzte Wonne dei-
ner Nähe zusammengedrängt hier in diesen verborge-
nen Winkel, um endlich mein Herz hervorzurufen, mir
das Bekenntniß zu entreißen, und auch deine Lippen
aufzuschließen -- So sprich denn, o sprich! die Mi-
nuten sind kostbar!" Er zog die Zitternde, Verstummte
an sich. Ihr Haupt sinkt unwillkürlich an seine Brust,
indeß ihre Thränen fließen und sein Kuß auf ihrem
Halse brennt. Den Mund in die dichte Lockenfülle
drückend, hätte er ersticken mögen vom süß betäubenden
Dufte dieser üppigen Haare -- der Boden schien sich zu
theilen unter den Füßen Constanzens -- Erd' und
Himmel zu taumeln vor ihrem geschlossenen Auge --
in eine unendliche Nacht voll seliger Qualen stürzt ihr
Gedanke hinab -- liebliche Bilder in flammendem
Rosenschein, wechselnd mit drohenden, grünaugigen
Larven, dringen auf sie ein -- aber noch immer halten
ihre Kniee sich aufrecht, noch immer entfährt ihr kein
Laut, kein Seufzer, nur von einem flüchtigen Schauder
zuckt augenblicklich ihr Körper zusammen. Mächtiger,
kecker fühlt das herrliche Weib sich umschlungen; da
rauscht auf Einmal der Tritt eines Menschen unfern
von ihnen, jäher Schrecken faßt Theobald an, und
eh' er noch seitwärts ausbeugen kann, streift schon das

Händedruck bekennen, was Du im Stillen mir zudenkſt,
was deine Güte ſchüchtern mir gewähren möchte!
Glaub’ mir, ein Gott hat uns hieher geführt, mein
Innerſtes erſt bitter aufgeregt und Alles, Alles, —
Haß, Verzweiflung, Angſt, die unbegrenzte Wonne dei-
ner Nähe zuſammengedrängt hier in dieſen verborge-
nen Winkel, um endlich mein Herz hervorzurufen, mir
das Bekenntniß zu entreißen, und auch deine Lippen
aufzuſchließen — So ſprich denn, o ſprich! die Mi-
nuten ſind koſtbar!“ Er zog die Zitternde, Verſtummte
an ſich. Ihr Haupt ſinkt unwillkürlich an ſeine Bruſt,
indeß ihre Thränen fließen und ſein Kuß auf ihrem
Halſe brennt. Den Mund in die dichte Lockenfülle
drückend, hätte er erſticken mögen vom ſüß betäubenden
Dufte dieſer üppigen Haare — der Boden ſchien ſich zu
theilen unter den Füßen Conſtanzens — Erd’ und
Himmel zu taumeln vor ihrem geſchloſſenen Auge —
in eine unendliche Nacht voll ſeliger Qualen ſtürzt ihr
Gedanke hinab — liebliche Bilder in flammendem
Roſenſchein, wechſelnd mit drohenden, grünaugigen
Larven, dringen auf ſie ein — aber noch immer halten
ihre Kniee ſich aufrecht, noch immer entfährt ihr kein
Laut, kein Seufzer, nur von einem flüchtigen Schauder
zuckt augenblicklich ihr Körper zuſammen. Mächtiger,
kecker fühlt das herrliche Weib ſich umſchlungen; da
rauſcht auf Einmal der Tritt eines Menſchen unfern
von ihnen, jäher Schrecken faßt Theobald an, und
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[121/0129] Händedruck bekennen, was Du im Stillen mir zudenkſt, was deine Güte ſchüchtern mir gewähren möchte! Glaub’ mir, ein Gott hat uns hieher geführt, mein Innerſtes erſt bitter aufgeregt und Alles, Alles, — Haß, Verzweiflung, Angſt, die unbegrenzte Wonne dei- ner Nähe zuſammengedrängt hier in dieſen verborge- nen Winkel, um endlich mein Herz hervorzurufen, mir das Bekenntniß zu entreißen, und auch deine Lippen aufzuſchließen — So ſprich denn, o ſprich! die Mi- nuten ſind koſtbar!“ Er zog die Zitternde, Verſtummte an ſich. Ihr Haupt ſinkt unwillkürlich an ſeine Bruſt, indeß ihre Thränen fließen und ſein Kuß auf ihrem Halſe brennt. Den Mund in die dichte Lockenfülle drückend, hätte er erſticken mögen vom ſüß betäubenden Dufte dieſer üppigen Haare — der Boden ſchien ſich zu theilen unter den Füßen Conſtanzens — Erd’ und Himmel zu taumeln vor ihrem geſchloſſenen Auge — in eine unendliche Nacht voll ſeliger Qualen ſtürzt ihr Gedanke hinab — liebliche Bilder in flammendem Roſenſchein, wechſelnd mit drohenden, grünaugigen Larven, dringen auf ſie ein — aber noch immer halten ihre Kniee ſich aufrecht, noch immer entfährt ihr kein Laut, kein Seufzer, nur von einem flüchtigen Schauder zuckt augenblicklich ihr Körper zuſammen. Mächtiger, kecker fühlt das herrliche Weib ſich umſchlungen; da rauſcht auf Einmal der Tritt eines Menſchen unfern von ihnen, jäher Schrecken faßt Theobald an, und eh’ er noch ſeitwärts ausbeugen kann, ſtreift ſchon das

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 1. Stuttgart, 1832, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten01_1832/129>, abgerufen am 30.11.2024.