ken, davon Gebrauch zu machen, und so können wir zu- lezt nichts Besseres thun, als -- mit Bedeutung schweigen und die Herren an ihren Genius verweisen."
Theobald machten diese Worte nachdenklich; sie schienen ein Verständniß der Absicht, welche er vorhin halb versteckt Constanzen nahe gelegt, eben so zweideutig zu verhüllen, und obgleich sich bereits ein guter Schluß auf die Gesinnungen der liebens- würdigen Frau daraus machen ließ, so hatte der muntere ablehnende Ton ihn doch etwas erschreckt, sogar verlezt.
Die Gräfin sah sich im Vorbeigehen nach den beiden Herren um; da jedoch der Italiener so eben in einer lustigen und langen Erzählung begriffen war, welche für ein weibliches Ohr nicht eben von der de- likatesten Art seyn mochte, so zog sich Constanze wieder zurück, und Theobald verfehlte keineswegs, ihr Gesellschaft zu leisten.
Sie stiegen die breiten Stufen zur Gartenanlage hinab, und die Gräfin bezeugte auf eine drollige und neckische Art ihre Freude über die Leichtigkeit, womit sie auf der gefrorenen Schneedecke hinschlüpfen konnte, indeß ihr Begleiter zuweilen unversehens mit dem Fuße einsank. Aber all ihr munteres Wesen ver- mochte kaum etwas gegen den sinnenden Ernst des Malers. Sie kamen vor eine dunkle Gruppe hoher Forchen, welche den Eingang zu der sogenannten schönen Grotte vorbereiteten. Diese zog sich eine
ken, davon Gebrauch zu machen, und ſo können wir zu- lezt nichts Beſſeres thun, als — mit Bedeutung ſchweigen und die Herren an ihren Genius verweiſen.“
Theobald machten dieſe Worte nachdenklich; ſie ſchienen ein Verſtändniß der Abſicht, welche er vorhin halb verſteckt Conſtanzen nahe gelegt, eben ſo zweideutig zu verhüllen, und obgleich ſich bereits ein guter Schluß auf die Geſinnungen der liebens- würdigen Frau daraus machen ließ, ſo hatte der muntere ablehnende Ton ihn doch etwas erſchreckt, ſogar verlezt.
Die Gräfin ſah ſich im Vorbeigehen nach den beiden Herren um; da jedoch der Italiener ſo eben in einer luſtigen und langen Erzählung begriffen war, welche für ein weibliches Ohr nicht eben von der de- likateſten Art ſeyn mochte, ſo zog ſich Conſtanze wieder zurück, und Theobald verfehlte keineswegs, ihr Geſellſchaft zu leiſten.
Sie ſtiegen die breiten Stufen zur Gartenanlage hinab, und die Gräfin bezeugte auf eine drollige und neckiſche Art ihre Freude über die Leichtigkeit, womit ſie auf der gefrorenen Schneedecke hinſchlüpfen konnte, indeß ihr Begleiter zuweilen unverſehens mit dem Fuße einſank. Aber all ihr munteres Weſen ver- mochte kaum etwas gegen den ſinnenden Ernſt des Malers. Sie kamen vor eine dunkle Gruppe hoher Forchen, welche den Eingang zu der ſogenannten ſchönen Grotte vorbereiteten. Dieſe zog ſich eine
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ken, davon Gebrauch zu machen, und ſo können wir zu-
lezt nichts Beſſeres thun, als — mit Bedeutung
ſchweigen und die Herren an ihren Genius verweiſen.“
Theobald machten dieſe Worte nachdenklich;
ſie ſchienen ein Verſtändniß der Abſicht, welche er
vorhin halb verſteckt Conſtanzen nahe gelegt, eben
ſo zweideutig zu verhüllen, und obgleich ſich bereits
ein guter Schluß auf die Geſinnungen der liebens-
würdigen Frau daraus machen ließ, ſo hatte der
muntere ablehnende Ton ihn doch etwas erſchreckt,
ſogar verlezt.
Die Gräfin ſah ſich im Vorbeigehen nach den
beiden Herren um; da jedoch der Italiener ſo eben
in einer luſtigen und langen Erzählung begriffen war,
welche für ein weibliches Ohr nicht eben von der de-
likateſten Art ſeyn mochte, ſo zog ſich Conſtanze
wieder zurück, und Theobald verfehlte keineswegs,
ihr Geſellſchaft zu leiſten.
Sie ſtiegen die breiten Stufen zur Gartenanlage
hinab, und die Gräfin bezeugte auf eine drollige und
neckiſche Art ihre Freude über die Leichtigkeit, womit
ſie auf der gefrorenen Schneedecke hinſchlüpfen konnte,
indeß ihr Begleiter zuweilen unverſehens mit dem
Fuße einſank. Aber all ihr munteres Weſen ver-
mochte kaum etwas gegen den ſinnenden Ernſt des
Malers. Sie kamen vor eine dunkle Gruppe hoher
Forchen, welche den Eingang zu der ſogenannten
ſchönen Grotte vorbereiteten. Dieſe zog ſich eine
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Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 1. Stuttgart, 1832, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten01_1832/125>, abgerufen am 30.11.2024.
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