Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 263–362. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.test, der Kutscher wieder heimgeschickt und auf den andern Tag bestellt werden mußte. Natürlich, versetzte Constanze, nur bilde sich der schlaue Mann nicht ein, man sei so dumm gewesen, nichts zu merken! Deßwegen brauchtest du mir deinen schönen Vorsprung fürwahr nicht zu verheimlichen! Auch war es nicht deßhalb. Weiß schon -- du wolltest deinen Schatz vorerst noch unbeschrieen haben. Mich freut nur, rief der gutmüthige Wirth, daß wir morgen nicht nöthig haben, ein edles Wiener Kutscherherz zu kränken, wenn Herr Mozart partout nicht aufstehen kann. Die Ordre "Hans spann wieder aus" thut jederzeit sehr weh. Diese indirecte Bitte um längeres Bleiben, mit der sich die übrigen Stimmen im herzlichsten Zuspruch verbanden, gab den Reisenden Anlaß zu Auseinandersetzung sehr triftiger Gründe dagegen; doch verglich man sich gerne dahin, daß nicht zu zeitig aufgebrochen und noch vergnügt zusammen gefrühstückt werden solle. Man stand und drehte sich noch eine Zeitlang in Gruppen schwatzend um einander. Mozart sah sich nach Jemanden um, augenscheinlich nach der Braut; da sie jedoch gerade nicht zugegen war, so richtete er naiver Weise die ihr bestimmte Frage unmittelbar an die ihm nahestehende Franziska: Was denken Sie denn nun im Ganzen von unserm Don Giovanni? Was können Sie ihm Gutes prophezeien? Ich will, versetzte sie mit Lachen, im Namen mei- test, der Kutscher wieder heimgeschickt und auf den andern Tag bestellt werden mußte. Natürlich, versetzte Constanze, nur bilde sich der schlaue Mann nicht ein, man sei so dumm gewesen, nichts zu merken! Deßwegen brauchtest du mir deinen schönen Vorsprung fürwahr nicht zu verheimlichen! Auch war es nicht deßhalb. Weiß schon — du wolltest deinen Schatz vorerst noch unbeschrieen haben. Mich freut nur, rief der gutmüthige Wirth, daß wir morgen nicht nöthig haben, ein edles Wiener Kutscherherz zu kränken, wenn Herr Mozart partout nicht aufstehen kann. Die Ordre „Hans spann wieder aus“ thut jederzeit sehr weh. Diese indirecte Bitte um längeres Bleiben, mit der sich die übrigen Stimmen im herzlichsten Zuspruch verbanden, gab den Reisenden Anlaß zu Auseinandersetzung sehr triftiger Gründe dagegen; doch verglich man sich gerne dahin, daß nicht zu zeitig aufgebrochen und noch vergnügt zusammen gefrühstückt werden solle. Man stand und drehte sich noch eine Zeitlang in Gruppen schwatzend um einander. Mozart sah sich nach Jemanden um, augenscheinlich nach der Braut; da sie jedoch gerade nicht zugegen war, so richtete er naiver Weise die ihr bestimmte Frage unmittelbar an die ihm nahestehende Franziska: Was denken Sie denn nun im Ganzen von unserm Don Giovanni? Was können Sie ihm Gutes prophezeien? Ich will, versetzte sie mit Lachen, im Namen mei- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div> <p><pb facs="#f0097"/> test, der Kutscher wieder heimgeschickt und auf den andern Tag bestellt werden mußte.</p><lb/> <p>Natürlich, versetzte Constanze, nur bilde sich der schlaue Mann nicht ein, man sei so dumm gewesen, nichts zu merken! Deßwegen brauchtest du mir deinen schönen Vorsprung fürwahr nicht zu verheimlichen!</p><lb/> <p>Auch war es nicht deßhalb.</p><lb/> <p>Weiß schon — du wolltest deinen Schatz vorerst noch unbeschrieen haben.</p><lb/> <p>Mich freut nur, rief der gutmüthige Wirth, daß wir morgen nicht nöthig haben, ein edles Wiener Kutscherherz zu kränken, wenn Herr Mozart partout nicht aufstehen kann. Die Ordre „Hans spann wieder aus“ thut jederzeit sehr weh.</p><lb/> <p>Diese indirecte Bitte um längeres Bleiben, mit der sich die übrigen Stimmen im herzlichsten Zuspruch verbanden, gab den Reisenden Anlaß zu Auseinandersetzung sehr triftiger Gründe dagegen; doch verglich man sich gerne dahin, daß nicht zu zeitig aufgebrochen und noch vergnügt zusammen gefrühstückt werden solle.</p><lb/> <p>Man stand und drehte sich noch eine Zeitlang in Gruppen schwatzend um einander. Mozart sah sich nach Jemanden um, augenscheinlich nach der Braut; da sie jedoch gerade nicht zugegen war, so richtete er naiver Weise die ihr bestimmte Frage unmittelbar an die ihm nahestehende Franziska: Was denken Sie denn nun im Ganzen von unserm Don Giovanni? Was können Sie ihm Gutes prophezeien?</p><lb/> <p>Ich will, versetzte sie mit Lachen, im Namen mei-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0097]
test, der Kutscher wieder heimgeschickt und auf den andern Tag bestellt werden mußte.
Natürlich, versetzte Constanze, nur bilde sich der schlaue Mann nicht ein, man sei so dumm gewesen, nichts zu merken! Deßwegen brauchtest du mir deinen schönen Vorsprung fürwahr nicht zu verheimlichen!
Auch war es nicht deßhalb.
Weiß schon — du wolltest deinen Schatz vorerst noch unbeschrieen haben.
Mich freut nur, rief der gutmüthige Wirth, daß wir morgen nicht nöthig haben, ein edles Wiener Kutscherherz zu kränken, wenn Herr Mozart partout nicht aufstehen kann. Die Ordre „Hans spann wieder aus“ thut jederzeit sehr weh.
Diese indirecte Bitte um längeres Bleiben, mit der sich die übrigen Stimmen im herzlichsten Zuspruch verbanden, gab den Reisenden Anlaß zu Auseinandersetzung sehr triftiger Gründe dagegen; doch verglich man sich gerne dahin, daß nicht zu zeitig aufgebrochen und noch vergnügt zusammen gefrühstückt werden solle.
Man stand und drehte sich noch eine Zeitlang in Gruppen schwatzend um einander. Mozart sah sich nach Jemanden um, augenscheinlich nach der Braut; da sie jedoch gerade nicht zugegen war, so richtete er naiver Weise die ihr bestimmte Frage unmittelbar an die ihm nahestehende Franziska: Was denken Sie denn nun im Ganzen von unserm Don Giovanni? Was können Sie ihm Gutes prophezeien?
Ich will, versetzte sie mit Lachen, im Namen mei-
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Zitationshilfe: | Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 263–362. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_mozart_1910/97>, abgerufen am 23.07.2024. |