Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 263–362. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Zu Madame Mozart gewendet sagte der Graf, nachdem der Meister aufgestanden war: Einem berühmten Künstler gegenüber wenn es ein Kennerlob zu spitzen gilt, das halt nicht eines Jeden Sache ist, wie haben es die Könige und Kaiser gut! Es nimmt sich eben alles einzig und außerordentlich in einem solchen Munde aus. Was dürfen sie sich nicht erlauben, und wie bequem ist es z. B., dicht hinterm Stuhl Ihres Herrn Gemahls, beim Schlußaccord einer brillanten Phantasie dem bescheidenen classischen Mann auf die Schulter zu klopfen und zu sagen: Sie sind ein Tausendsasa, lieber Mozart! Kaum ist das Wort heraus, so geht's wie ein Lauffeuer durch den Saal: Was hat er ihm gesagt? -- Er sei ein Tausendsasa, hat er zu ihm gesagt! Und Alles, was da geigt und fistulirt und componirt, ist außer sich von diesem Einen Wort; kurzum, es ist der große Stil, der familiäre Kaiserstil, der unnachahmliche, um welchen ich die Josephs und die Friedrichs von je beneidet habe, und das nie mehr als eben jetzt, wo ich ganz in Verzweiflung bin, von anderweitiger geistreicher Münze zufällig keinen Deut in allen meinen Taschen anzutreffen. Die Art, wie der Schäker dergleichen vorbrachte, bestach immerhin und rief unausbleiblich ein Lachen hervor. Nun aber auf die Einladung der Hausfrau verfügte die Gesellschaft sich nach dem geschmückten runden Speisesalon, aus welchem den Eintretenden ein festlicher Zu Madame Mozart gewendet sagte der Graf, nachdem der Meister aufgestanden war: Einem berühmten Künstler gegenüber wenn es ein Kennerlob zu spitzen gilt, das halt nicht eines Jeden Sache ist, wie haben es die Könige und Kaiser gut! Es nimmt sich eben alles einzig und außerordentlich in einem solchen Munde aus. Was dürfen sie sich nicht erlauben, und wie bequem ist es z. B., dicht hinterm Stuhl Ihres Herrn Gemahls, beim Schlußaccord einer brillanten Phantasie dem bescheidenen classischen Mann auf die Schulter zu klopfen und zu sagen: Sie sind ein Tausendsasa, lieber Mozart! Kaum ist das Wort heraus, so geht's wie ein Lauffeuer durch den Saal: Was hat er ihm gesagt? — Er sei ein Tausendsasa, hat er zu ihm gesagt! Und Alles, was da geigt und fistulirt und componirt, ist außer sich von diesem Einen Wort; kurzum, es ist der große Stil, der familiäre Kaiserstil, der unnachahmliche, um welchen ich die Josephs und die Friedrichs von je beneidet habe, und das nie mehr als eben jetzt, wo ich ganz in Verzweiflung bin, von anderweitiger geistreicher Münze zufällig keinen Deut in allen meinen Taschen anzutreffen. Die Art, wie der Schäker dergleichen vorbrachte, bestach immerhin und rief unausbleiblich ein Lachen hervor. Nun aber auf die Einladung der Hausfrau verfügte die Gesellschaft sich nach dem geschmückten runden Speisesalon, aus welchem den Eintretenden ein festlicher <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div> <pb facs="#f0043"/> <p>Zu Madame Mozart gewendet sagte der Graf, nachdem der Meister aufgestanden war: Einem berühmten Künstler gegenüber wenn es ein Kennerlob zu spitzen gilt, das halt nicht eines Jeden Sache ist, wie haben es die Könige und Kaiser gut! Es nimmt sich eben alles einzig und außerordentlich in einem solchen Munde aus. Was dürfen sie sich nicht erlauben, und wie bequem ist es z. B., dicht hinterm Stuhl Ihres Herrn Gemahls, beim Schlußaccord einer brillanten Phantasie dem bescheidenen classischen Mann auf die Schulter zu klopfen und zu sagen: Sie sind ein Tausendsasa, lieber Mozart! Kaum ist das Wort heraus, so geht's wie ein Lauffeuer durch den Saal: Was hat er ihm gesagt? — Er sei ein Tausendsasa, hat er zu ihm gesagt! Und Alles, was da geigt und fistulirt und componirt, ist außer sich von diesem Einen Wort; kurzum, es ist der große Stil, der familiäre Kaiserstil, der unnachahmliche, um welchen ich die Josephs und die Friedrichs von je beneidet habe, und das nie mehr als eben jetzt, wo ich ganz in Verzweiflung bin, von anderweitiger geistreicher Münze zufällig keinen Deut in allen meinen Taschen anzutreffen.</p><lb/> <p>Die Art, wie der Schäker dergleichen vorbrachte, bestach immerhin und rief unausbleiblich ein Lachen hervor.</p><lb/> <p>Nun aber auf die Einladung der Hausfrau verfügte die Gesellschaft sich nach dem geschmückten runden Speisesalon, aus welchem den Eintretenden ein festlicher<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0043]
Zu Madame Mozart gewendet sagte der Graf, nachdem der Meister aufgestanden war: Einem berühmten Künstler gegenüber wenn es ein Kennerlob zu spitzen gilt, das halt nicht eines Jeden Sache ist, wie haben es die Könige und Kaiser gut! Es nimmt sich eben alles einzig und außerordentlich in einem solchen Munde aus. Was dürfen sie sich nicht erlauben, und wie bequem ist es z. B., dicht hinterm Stuhl Ihres Herrn Gemahls, beim Schlußaccord einer brillanten Phantasie dem bescheidenen classischen Mann auf die Schulter zu klopfen und zu sagen: Sie sind ein Tausendsasa, lieber Mozart! Kaum ist das Wort heraus, so geht's wie ein Lauffeuer durch den Saal: Was hat er ihm gesagt? — Er sei ein Tausendsasa, hat er zu ihm gesagt! Und Alles, was da geigt und fistulirt und componirt, ist außer sich von diesem Einen Wort; kurzum, es ist der große Stil, der familiäre Kaiserstil, der unnachahmliche, um welchen ich die Josephs und die Friedrichs von je beneidet habe, und das nie mehr als eben jetzt, wo ich ganz in Verzweiflung bin, von anderweitiger geistreicher Münze zufällig keinen Deut in allen meinen Taschen anzutreffen.
Die Art, wie der Schäker dergleichen vorbrachte, bestach immerhin und rief unausbleiblich ein Lachen hervor.
Nun aber auf die Einladung der Hausfrau verfügte die Gesellschaft sich nach dem geschmückten runden Speisesalon, aus welchem den Eintretenden ein festlicher
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