Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856.Bei'm Nachhausegehen von jener Gesellschaft, bei Von jeher gab es wenige Dinge, welche Mozart Bei'm Nachhauſegehen von jener Geſellſchaft, bei Von jeher gab es wenige Dinge, welche Mozart <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0091" n="79"/> <p>Bei'm Nachhauſegehen von jener Geſellſchaft, bei<lb/> welcher übrigens die Sängerin zufällig nicht erſchienen<lb/> war, beging ein Freund im Uebermuth des Weins<lb/> die Indiscretion, dem Meiſter dieß boshafte Wort zu<lb/> verrathen. Er wurde ſchlecht davon erbaut, denn<lb/> eigentlich war es für ihn der erſte unzweideutige Be¬<lb/> weis von der gänzlichen Herzloſigkeit ſeines Schütz¬<lb/> lings. Vor lauter Entrüſtung darüber empfand er<lb/> nicht einmal ſogleich den froſtigen Empfang am Bette<lb/> ſeiner Frau. In Einem Athem theilte er ihr die Be¬<lb/> leidigung mit, und dieſe Ehrlichkeit läßt wohl auf<lb/> einen mindern Grad von Schuldbewußtſeyn ſchließen.<lb/> Faſt machte er ihr Mitleid rege. Doch hielt ſie ge¬<lb/> fliſſentlich an ſich, es ſollte ihm nicht ſo leicht hin¬<lb/> gehen. Als er von einem ſchweren Schlaf kurz nach<lb/> Mittag erwachte, fand er das Weibchen ſammt den<lb/> beiden Knaben nicht zu Hauſe, vielmehr ſäuberlich<lb/> den Tiſch für ihn allein gedeckt.</p><lb/> <p>Von jeher gab es wenige Dinge, welche Mozart<lb/> ſo unglücklich machten, als wenn nicht alles hübſch<lb/> eben und heiter zwiſchen ihm und ſeiner guten Hälfte<lb/> ſtand. Und hätte er nun erſt gewußt, welche weitere<lb/> Sorge ſie ſchon ſeit mehreren Tagen mit ſich herum<lb/> trug! — eine der ſchlimmſten in der That, mit deren<lb/></p> </body> </text> </TEI> [79/0091]
Bei'm Nachhauſegehen von jener Geſellſchaft, bei
welcher übrigens die Sängerin zufällig nicht erſchienen
war, beging ein Freund im Uebermuth des Weins
die Indiscretion, dem Meiſter dieß boshafte Wort zu
verrathen. Er wurde ſchlecht davon erbaut, denn
eigentlich war es für ihn der erſte unzweideutige Be¬
weis von der gänzlichen Herzloſigkeit ſeines Schütz¬
lings. Vor lauter Entrüſtung darüber empfand er
nicht einmal ſogleich den froſtigen Empfang am Bette
ſeiner Frau. In Einem Athem theilte er ihr die Be¬
leidigung mit, und dieſe Ehrlichkeit läßt wohl auf
einen mindern Grad von Schuldbewußtſeyn ſchließen.
Faſt machte er ihr Mitleid rege. Doch hielt ſie ge¬
fliſſentlich an ſich, es ſollte ihm nicht ſo leicht hin¬
gehen. Als er von einem ſchweren Schlaf kurz nach
Mittag erwachte, fand er das Weibchen ſammt den
beiden Knaben nicht zu Hauſe, vielmehr ſäuberlich
den Tiſch für ihn allein gedeckt.
Von jeher gab es wenige Dinge, welche Mozart
ſo unglücklich machten, als wenn nicht alles hübſch
eben und heiter zwiſchen ihm und ſeiner guten Hälfte
ſtand. Und hätte er nun erſt gewußt, welche weitere
Sorge ſie ſchon ſeit mehreren Tagen mit ſich herum
trug! — eine der ſchlimmſten in der That, mit deren
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