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Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856.

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mit Stillschweigen. Es war, muß man wissen, nicht
unwahrscheinlich, daß zu gedachter Abendunterhaltung
auch eine junge Sängerin, Signora Malerbi, kom¬
men würde, an welcher Frau Constanze mit allem
Recht Aergerniß nahm. Diese Römerin war durch
Mozarts Verwendung bei der Oper angestellt worden,
und ohne Zweifel hatten ihre koketten Künste nicht
geringen Antheil an der Gunst des Meisters. Sogar
wollten einige wissen, sie habe ihn mehrere Monate
lang eingezogen und heiß genug auf ihrem Rost ge¬
halten. Ob dieß nun völlig wahr sey oder sehr über¬
trieben, gewiß ist, sie benahm sich nachher frech und
undankbar, und erlaubte sich selbst Spöttereien über
ihren Wohlthäter. So war es ganz in ihrer Art,
daß sie ihn einst, gegenüber einem ihrer glücklichern
Verehrer, kurzweg un piccolo grifo raso (ein kleines
rasirtes Schweinsrüsselchen) nannte. Der Einfall,
einer Circe würdig, war um so empfindlicher, weil
er, wie man gestehen muß, immerhin ein Körnchen
Wahrheit enthielt. *

* Man hat hier ein älteres kleines Profilbild im Auge, das,
gut gezeichnet und gestochen, sich auf dem Titelblatt eines Mo¬
zart'schen Klavierwerks befindet, unstreitig das ähnlichste von allen,
auch neuerdings im Kunsthandel erschienenen Porträts.

mit Stillſchweigen. Es war, muß man wiſſen, nicht
unwahrſcheinlich, daß zu gedachter Abendunterhaltung
auch eine junge Sängerin, Signora Malerbi, kom¬
men würde, an welcher Frau Conſtanze mit allem
Recht Aergerniß nahm. Dieſe Römerin war durch
Mozarts Verwendung bei der Oper angeſtellt worden,
und ohne Zweifel hatten ihre koketten Künſte nicht
geringen Antheil an der Gunſt des Meiſters. Sogar
wollten einige wiſſen, ſie habe ihn mehrere Monate
lang eingezogen und heiß genug auf ihrem Roſt ge¬
halten. Ob dieß nun völlig wahr ſey oder ſehr über¬
trieben, gewiß iſt, ſie benahm ſich nachher frech und
undankbar, und erlaubte ſich ſelbſt Spöttereien über
ihren Wohlthäter. So war es ganz in ihrer Art,
daß ſie ihn einſt, gegenüber einem ihrer glücklichern
Verehrer, kurzweg un piccolo grifo raso (ein kleines
raſirtes Schweinsrüſſelchen) nannte. Der Einfall,
einer Circe würdig, war um ſo empfindlicher, weil
er, wie man geſtehen muß, immerhin ein Körnchen
Wahrheit enthielt. *

* Man hat hier ein älteres kleines Profilbild im Auge, das,
gut gezeichnet und geſtochen, ſich auf dem Titelblatt eines Mo¬
zart'ſchen Klavierwerks befindet, unſtreitig das ähnlichſte von allen,
auch neuerdings im Kunſthandel erſchienenen Porträts.
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[78/0090] mit Stillſchweigen. Es war, muß man wiſſen, nicht unwahrſcheinlich, daß zu gedachter Abendunterhaltung auch eine junge Sängerin, Signora Malerbi, kom¬ men würde, an welcher Frau Conſtanze mit allem Recht Aergerniß nahm. Dieſe Römerin war durch Mozarts Verwendung bei der Oper angeſtellt worden, und ohne Zweifel hatten ihre koketten Künſte nicht geringen Antheil an der Gunſt des Meiſters. Sogar wollten einige wiſſen, ſie habe ihn mehrere Monate lang eingezogen und heiß genug auf ihrem Roſt ge¬ halten. Ob dieß nun völlig wahr ſey oder ſehr über¬ trieben, gewiß iſt, ſie benahm ſich nachher frech und undankbar, und erlaubte ſich ſelbſt Spöttereien über ihren Wohlthäter. So war es ganz in ihrer Art, daß ſie ihn einſt, gegenüber einem ihrer glücklichern Verehrer, kurzweg un piccolo grifo raso (ein kleines raſirtes Schweinsrüſſelchen) nannte. Der Einfall, einer Circe würdig, war um ſo empfindlicher, weil er, wie man geſtehen muß, immerhin ein Körnchen Wahrheit enthielt. * * Man hat hier ein älteres kleines Profilbild im Auge, das, gut gezeichnet und geſtochen, ſich auf dem Titelblatt eines Mo¬ zart'ſchen Klavierwerks befindet, unſtreitig das ähnlichſte von allen, auch neuerdings im Kunſthandel erſchienenen Porträts.

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_mozart_1856/90>, abgerufen am 24.11.2024.