Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856.

Bild:
<< vorherige Seite

Hier trat Madame Mozart zur Thüre herein,
und gleich darauf erschienen neue Gäste, die man er¬
wartet hatte: eine dem Haus sehr eng verwandte
freiherrliche Familie aus der Nähe, mit einer Toch¬
ter, Franziska, die seit den Kinderjahren mit der
Braut durch die zärtlichste Freundschaft verbunden
und hier wie daheim war.

Man hatte sich allerseits begrüßt, umarmt, be¬
glückwünscht, die beiden Wiener Gäste vorgestellt, und
Mozart setzte sich an den Flügel. Er spielte einen
Theil eines Concerts von seiner Composition, wel¬
ches Eugenie so eben einstudirte.

Die Wirkung eines solchen Vertrags in einem
kleinen Kreis wie der gegenwärtige unterscheidet sich
natürlicherweise von jedem ähnlichen an einem öffent¬
lichen Orte durch die unendliche Befriedigung, die in
der unmittelbaren Berührung mit der Person des
Künstlers und seinem Genius innerhalb der häus¬
lichen bekannten Wände liegt.

Es war eines jener glänzenden Stücke, worin
die reine Schönheit sich einmal, wie aus Laune,
freiwillig in den Dienst der Eleganz begibt, so aber,
daß sie gleichsam nur verhüllt in diese mehr will¬
kürlich spielenden Formen und hinter eine Menge

Hier trat Madame Mozart zur Thüre herein,
und gleich darauf erſchienen neue Gäſte, die man er¬
wartet hatte: eine dem Haus ſehr eng verwandte
freiherrliche Familie aus der Nähe, mit einer Toch¬
ter, Franziſka, die ſeit den Kinderjahren mit der
Braut durch die zärtlichſte Freundſchaft verbunden
und hier wie daheim war.

Man hatte ſich allerſeits begrüßt, umarmt, be¬
glückwünſcht, die beiden Wiener Gäſte vorgeſtellt, und
Mozart ſetzte ſich an den Flügel. Er ſpielte einen
Theil eines Concerts von ſeiner Compoſition, wel¬
ches Eugenie ſo eben einſtudirte.

Die Wirkung eines ſolchen Vertrags in einem
kleinen Kreis wie der gegenwärtige unterſcheidet ſich
natürlicherweiſe von jedem ähnlichen an einem öffent¬
lichen Orte durch die unendliche Befriedigung, die in
der unmittelbaren Berührung mit der Perſon des
Künſtlers und ſeinem Genius innerhalb der häus¬
lichen bekannten Wände liegt.

Es war eines jener glänzenden Stücke, worin
die reine Schönheit ſich einmal, wie aus Laune,
freiwillig in den Dienſt der Eleganz begibt, ſo aber,
daß ſie gleichſam nur verhüllt in dieſe mehr will¬
kürlich ſpielenden Formen und hinter eine Menge

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0053" n="41"/>
      <p>Hier trat Madame Mozart zur Thüre herein,<lb/>
und gleich darauf er&#x017F;chienen neue Gä&#x017F;te, die man er¬<lb/>
wartet hatte: eine dem Haus &#x017F;ehr eng verwandte<lb/>
freiherrliche Familie aus der Nähe, mit einer Toch¬<lb/>
ter, Franzi&#x017F;ka, die &#x017F;eit den Kinderjahren mit der<lb/>
Braut durch die zärtlich&#x017F;te Freund&#x017F;chaft verbunden<lb/>
und hier wie daheim war.</p><lb/>
      <p>Man hatte &#x017F;ich aller&#x017F;eits begrüßt, umarmt, be¬<lb/>
glückwün&#x017F;cht, die beiden Wiener Gä&#x017F;te vorge&#x017F;tellt, und<lb/>
Mozart &#x017F;etzte &#x017F;ich an den Flügel. Er &#x017F;pielte einen<lb/>
Theil eines Concerts von &#x017F;einer Compo&#x017F;ition, wel¬<lb/>
ches Eugenie &#x017F;o eben ein&#x017F;tudirte.</p><lb/>
      <p>Die Wirkung eines &#x017F;olchen Vertrags in einem<lb/>
kleinen Kreis wie der gegenwärtige unter&#x017F;cheidet &#x017F;ich<lb/>
natürlicherwei&#x017F;e von jedem ähnlichen an einem öffent¬<lb/>
lichen Orte durch die unendliche Befriedigung, die in<lb/>
der unmittelbaren Berührung mit der Per&#x017F;on des<lb/>
Kün&#x017F;tlers und &#x017F;einem Genius innerhalb der häus¬<lb/>
lichen bekannten Wände liegt.</p><lb/>
      <p>Es war eines jener glänzenden Stücke, worin<lb/>
die reine Schönheit &#x017F;ich einmal, wie aus Laune,<lb/>
freiwillig in den Dien&#x017F;t der Eleganz begibt, &#x017F;o aber,<lb/>
daß &#x017F;ie gleich&#x017F;am nur verhüllt in die&#x017F;e mehr will¬<lb/>
kürlich &#x017F;pielenden Formen und hinter eine Menge<lb/></p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[41/0053] Hier trat Madame Mozart zur Thüre herein, und gleich darauf erſchienen neue Gäſte, die man er¬ wartet hatte: eine dem Haus ſehr eng verwandte freiherrliche Familie aus der Nähe, mit einer Toch¬ ter, Franziſka, die ſeit den Kinderjahren mit der Braut durch die zärtlichſte Freundſchaft verbunden und hier wie daheim war. Man hatte ſich allerſeits begrüßt, umarmt, be¬ glückwünſcht, die beiden Wiener Gäſte vorgeſtellt, und Mozart ſetzte ſich an den Flügel. Er ſpielte einen Theil eines Concerts von ſeiner Compoſition, wel¬ ches Eugenie ſo eben einſtudirte. Die Wirkung eines ſolchen Vertrags in einem kleinen Kreis wie der gegenwärtige unterſcheidet ſich natürlicherweiſe von jedem ähnlichen an einem öffent¬ lichen Orte durch die unendliche Befriedigung, die in der unmittelbaren Berührung mit der Perſon des Künſtlers und ſeinem Genius innerhalb der häus¬ lichen bekannten Wände liegt. Es war eines jener glänzenden Stücke, worin die reine Schönheit ſich einmal, wie aus Laune, freiwillig in den Dienſt der Eleganz begibt, ſo aber, daß ſie gleichſam nur verhüllt in dieſe mehr will¬ kürlich ſpielenden Formen und hinter eine Menge

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_mozart_1856
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_mozart_1856/53
Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_mozart_1856/53>, abgerufen am 22.11.2024.