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Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856.

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So lange dieß im Schloß vorging, hatte sich
unser Quasi-Gefangener, ziemlich unbesorgt über den
Ausgang der Sache, geraume Zeit schreibend beschäf¬
tigt. Weil sich jedoch gar niemand sehen ließ, fing
er an unruhig hin und her zu gehen; darüber kam
dringliche Botschaft vom Wirthshaus, der Tisch sey
schon lange bereit, er möchte ja gleich kommen, der
Postillon pressire. So suchte er denn seine Sachen
zusammen und wollte ohne weiteres aufbrechen, als
beide Herrn vor der Laube erschienen.

Der Graf begrüßte ihn, beinah wie einen frühe¬
ren Bekannten, lebhaft mit seinem kräftig schallenden
Organ, ließ ihn zu gar keiner Entschuldigung kom¬
men, sondern erklärte sogleich seinen Wunsch, das
Ehepaar zum wenigsten für diesen Mittag und Abend
im Kreis seiner Familie zu haben. "Sie sind uns,
mein liebster Maestro, so wenig fremd, daß ich wohl
sagen kann, der Name Mozart wird schwerlich an¬
derswo mit mehr Begeisterung und häufiger genannt
als hier. Meine Nichte singt und spielt, sie bringt
fast ihren ganzen Tag am Flügel zu, kennt Ihre
Werke auswendig und hat das größte Verlangen,
Sie einmal in mehrerer Nähe zu sehen, als es vori¬
gen Winter in einem Ihrer Concerte anging. Da

So lange dieß im Schloß vorging, hatte ſich
unſer Quaſi-Gefangener, ziemlich unbeſorgt über den
Ausgang der Sache, geraume Zeit ſchreibend beſchäf¬
tigt. Weil ſich jedoch gar niemand ſehen ließ, fing
er an unruhig hin und her zu gehen; darüber kam
dringliche Botſchaft vom Wirthshaus, der Tiſch ſey
ſchon lange bereit, er möchte ja gleich kommen, der
Poſtillon preſſire. So ſuchte er denn ſeine Sachen
zuſammen und wollte ohne weiteres aufbrechen, als
beide Herrn vor der Laube erſchienen.

Der Graf begrüßte ihn, beinah wie einen frühe¬
ren Bekannten, lebhaft mit ſeinem kräftig ſchallenden
Organ, ließ ihn zu gar keiner Entſchuldigung kom¬
men, ſondern erklärte ſogleich ſeinen Wunſch, das
Ehepaar zum wenigſten für dieſen Mittag und Abend
im Kreis ſeiner Familie zu haben. „Sie ſind uns,
mein liebſter Maeſtro, ſo wenig fremd, daß ich wohl
ſagen kann, der Name Mozart wird ſchwerlich an¬
derswo mit mehr Begeiſterung und häufiger genannt
als hier. Meine Nichte ſingt und ſpielt, ſie bringt
faſt ihren ganzen Tag am Flügel zu, kennt Ihre
Werke auswendig und hat das größte Verlangen,
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[36/0048] So lange dieß im Schloß vorging, hatte ſich unſer Quaſi-Gefangener, ziemlich unbeſorgt über den Ausgang der Sache, geraume Zeit ſchreibend beſchäf¬ tigt. Weil ſich jedoch gar niemand ſehen ließ, fing er an unruhig hin und her zu gehen; darüber kam dringliche Botſchaft vom Wirthshaus, der Tiſch ſey ſchon lange bereit, er möchte ja gleich kommen, der Poſtillon preſſire. So ſuchte er denn ſeine Sachen zuſammen und wollte ohne weiteres aufbrechen, als beide Herrn vor der Laube erſchienen. Der Graf begrüßte ihn, beinah wie einen frühe¬ ren Bekannten, lebhaft mit ſeinem kräftig ſchallenden Organ, ließ ihn zu gar keiner Entſchuldigung kom¬ men, ſondern erklärte ſogleich ſeinen Wunſch, das Ehepaar zum wenigſten für dieſen Mittag und Abend im Kreis ſeiner Familie zu haben. „Sie ſind uns, mein liebſter Maeſtro, ſo wenig fremd, daß ich wohl ſagen kann, der Name Mozart wird ſchwerlich an¬ derswo mit mehr Begeiſterung und häufiger genannt als hier. Meine Nichte ſingt und ſpielt, ſie bringt faſt ihren ganzen Tag am Flügel zu, kennt Ihre Werke auswendig und hat das größte Verlangen, Sie einmal in mehrerer Nähe zu ſehen, als es vori¬ gen Winter in einem Ihrer Concerte anging. Da

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_mozart_1856/48>, abgerufen am 21.11.2024.