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Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856.

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Monat außerordentlichen Hitze sich des Rocks entledigt
und sitzt vergnüglich plaudernd, baarhaupt, in Hemd¬
ärmeln da. Madame Mozart trägt ein bequemes
Reisehabit, hellgrün und weiß gestreift; halb aufge¬
bunden fällt der Ueberfluß ihrer schönen, lichtbraunen
Locken auf Schulter und Nacken herunter; sie waren
Zeit ihres Lebens noch niemals von Puder entstellt,
während der starke, in einen Zopf gefaßte Haarwuchs
ihres Gemahls für heute nur nachlässiger als gewöhn¬
lich damit versehen ist.

Man war eine sanft ansteigende Höhe zwischen
fruchtbaren Feldern, welche hie und da die ausge¬
dehnte Waldung unterbrachen, gemachsam hinauf und
jetzt am Waldsaum angekommen.

"Durch wie viel Wälder," sagte Mozart, "sind
wir nicht heute, gestern und ehegestern schon passirt!
-- Ich dachte nichts dabei, geschweige daß mir ein¬
gefallen wäre, den Fuß hinein zu setzen. Wir steigen
einmal aus da, Herzenskind, und holen von den
blauen Glocken, die dort so hübsch im Schatten
stehen. Deine Thiere, Schwager, mögen ein bischen
verschnaufen."

Indem sie sich beide erhoben, kam ein kleines
Unheil an den Tag, welches dem Meister einen Zank

Monat außerordentlichen Hitze ſich des Rocks entledigt
und ſitzt vergnüglich plaudernd, baarhaupt, in Hemd¬
ärmeln da. Madame Mozart trägt ein bequemes
Reiſehabit, hellgrün und weiß geſtreift; halb aufge¬
bunden fällt der Ueberfluß ihrer ſchönen, lichtbraunen
Locken auf Schulter und Nacken herunter; ſie waren
Zeit ihres Lebens noch niemals von Puder entſtellt,
während der ſtarke, in einen Zopf gefaßte Haarwuchs
ihres Gemahls für heute nur nachläſſiger als gewöhn¬
lich damit verſehen iſt.

Man war eine ſanft anſteigende Höhe zwiſchen
fruchtbaren Feldern, welche hie und da die ausge¬
dehnte Waldung unterbrachen, gemachſam hinauf und
jetzt am Waldſaum angekommen.

„Durch wie viel Wälder,“ ſagte Mozart, „ſind
wir nicht heute, geſtern und ehegeſtern ſchon paſſirt!
— Ich dachte nichts dabei, geſchweige daß mir ein¬
gefallen wäre, den Fuß hinein zu ſetzen. Wir ſteigen
einmal aus da, Herzenskind, und holen von den
blauen Glocken, die dort ſo hübſch im Schatten
ſtehen. Deine Thiere, Schwager, mögen ein bischen
verſchnaufen.“

Indem ſie ſich beide erhoben, kam ein kleines
Unheil an den Tag, welches dem Meiſter einen Zank

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[3/0015] Monat außerordentlichen Hitze ſich des Rocks entledigt und ſitzt vergnüglich plaudernd, baarhaupt, in Hemd¬ ärmeln da. Madame Mozart trägt ein bequemes Reiſehabit, hellgrün und weiß geſtreift; halb aufge¬ bunden fällt der Ueberfluß ihrer ſchönen, lichtbraunen Locken auf Schulter und Nacken herunter; ſie waren Zeit ihres Lebens noch niemals von Puder entſtellt, während der ſtarke, in einen Zopf gefaßte Haarwuchs ihres Gemahls für heute nur nachläſſiger als gewöhn¬ lich damit verſehen iſt. Man war eine ſanft anſteigende Höhe zwiſchen fruchtbaren Feldern, welche hie und da die ausge¬ dehnte Waldung unterbrachen, gemachſam hinauf und jetzt am Waldſaum angekommen. „Durch wie viel Wälder,“ ſagte Mozart, „ſind wir nicht heute, geſtern und ehegeſtern ſchon paſſirt! — Ich dachte nichts dabei, geſchweige daß mir ein¬ gefallen wäre, den Fuß hinein zu ſetzen. Wir ſteigen einmal aus da, Herzenskind, und holen von den blauen Glocken, die dort ſo hübſch im Schatten ſtehen. Deine Thiere, Schwager, mögen ein bischen verſchnaufen.“ Indem ſie ſich beide erhoben, kam ein kleines Unheil an den Tag, welches dem Meiſter einen Zank

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_mozart_1856/15>, abgerufen am 23.11.2024.