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Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856.

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fragen. Da hebt es wieder an, eintönig wie zuvor,
und gebietet dem ruchlosen Jüngling die Todten in
Ruhe zu lassen.

Nachdem diese dröhnenden Klänge bis auf die
letzte Schwingung in der Luft verhallt waren, fuhr
Mozart fort: "Jetzt gab es für mich begreiflicher¬
weise kein Aufhören mehr. Wenn erst das Eis ein¬
mal an Einer Uferstelle bricht, gleich kracht der ganze
See und klingt bis an den entferntesten Winkel hin¬
unter. Ich ergriff unwillkürlich denselben Faden
weiter unten bei Don Juans Nachtmahl wieder, wo
Donna Elvira sich eben entfernt hat und das Ge¬
spenst, der Einladung gemäß, erscheint. -- Hören
Sie an."

Es folgte nun der ganze lange, entsetzenvolle
Dialog, durch welchen auch der Nüchternste bis an
die Grenze menschlichen Vorstellens, ja über sie hin¬
aus gerissen wird, wo wir das Uebersinnliche schauen
und hören, und innerhalb der eigenen Brust von einem
Aeußersten zum andern willenlos uns hin und her
geschleudert fühlen.

Menschlichen Sprachen schon entfremdet, bequemt
sich das unsterbliche Organ des Abgeschiedenen, noch
einmal zu reden. Bald nach der ersten fürchterlichen

fragen. Da hebt es wieder an, eintönig wie zuvor,
und gebietet dem ruchloſen Jüngling die Todten in
Ruhe zu laſſen.

Nachdem dieſe dröhnenden Klänge bis auf die
letzte Schwingung in der Luft verhallt waren, fuhr
Mozart fort: „Jetzt gab es für mich begreiflicher¬
weiſe kein Aufhören mehr. Wenn erſt das Eis ein¬
mal an Einer Uferſtelle bricht, gleich kracht der ganze
See und klingt bis an den entfernteſten Winkel hin¬
unter. Ich ergriff unwillkürlich denſelben Faden
weiter unten bei Don Juans Nachtmahl wieder, wo
Donna Elvira ſich eben entfernt hat und das Ge¬
ſpenſt, der Einladung gemäß, erſcheint. — Hören
Sie an.“

Es folgte nun der ganze lange, entſetzenvolle
Dialog, durch welchen auch der Nüchternſte bis an
die Grenze menſchlichen Vorſtellens, ja über ſie hin¬
aus geriſſen wird, wo wir das Ueberſinnliche ſchauen
und hören, und innerhalb der eigenen Bruſt von einem
Aeußerſten zum andern willenlos uns hin und her
geſchleudert fühlen.

Menſchlichen Sprachen ſchon entfremdet, bequemt
ſich das unſterbliche Organ des Abgeſchiedenen, noch
einmal zu reden. Bald nach der erſten fürchterlichen

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[103/0115] fragen. Da hebt es wieder an, eintönig wie zuvor, und gebietet dem ruchloſen Jüngling die Todten in Ruhe zu laſſen. Nachdem dieſe dröhnenden Klänge bis auf die letzte Schwingung in der Luft verhallt waren, fuhr Mozart fort: „Jetzt gab es für mich begreiflicher¬ weiſe kein Aufhören mehr. Wenn erſt das Eis ein¬ mal an Einer Uferſtelle bricht, gleich kracht der ganze See und klingt bis an den entfernteſten Winkel hin¬ unter. Ich ergriff unwillkürlich denſelben Faden weiter unten bei Don Juans Nachtmahl wieder, wo Donna Elvira ſich eben entfernt hat und das Ge¬ ſpenſt, der Einladung gemäß, erſcheint. — Hören Sie an.“ Es folgte nun der ganze lange, entſetzenvolle Dialog, durch welchen auch der Nüchternſte bis an die Grenze menſchlichen Vorſtellens, ja über ſie hin¬ aus geriſſen wird, wo wir das Ueberſinnliche ſchauen und hören, und innerhalb der eigenen Bruſt von einem Aeußerſten zum andern willenlos uns hin und her geſchleudert fühlen. Menſchlichen Sprachen ſchon entfremdet, bequemt ſich das unſterbliche Organ des Abgeſchiedenen, noch einmal zu reden. Bald nach der erſten fürchterlichen

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_mozart_1856/115>, abgerufen am 09.11.2024.