Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838.Elfenlied. Bei Nacht im Dorf der Wächter rief: Elfe! Ein ganz kleines Elfchen im Walde schlief, Wohl um die Elfe; Und meint, es rief ihm aus dem Thal Bei seinem Namen die Nachtigall, Oder Silpelit hätt' ihn gerufen. Reibt sich der Elf die Augen aus, Begibt sich vor sein Schneckenhaus, Und ist als wie ein trunken Mann, Sein Schläflein war nicht voll gethan, Und humpelt also tippe tapp Durch's Haselholz in's Thal hinab, Schlupft an der Weinbergmauer hin, Daran viel Feuerwürmchen glühn: "Was sind das helle Fensterlein? Da drin wird eine Hochzeit seyn; Die Kleinen sitzen beim Mahle, Und treiben's in dem Saale, Da guck' ich wohl ein wenig 'nein!" -- Pfui, stößt den Kopf an harten Stein! Elfe, gelt, du hast genug? Gukuk! Gukuk! Elfenlied. Bei Nacht im Dorf der Waͤchter rief: Elfe! Ein ganz kleines Elfchen im Walde ſchlief, Wohl um die Elfe; Und meint, es rief ihm aus dem Thal Bei ſeinem Namen die Nachtigall, Oder Silpelit haͤtt' ihn gerufen. Reibt ſich der Elf die Augen aus, Begibt ſich vor ſein Schneckenhaus, Und iſt als wie ein trunken Mann, Sein Schlaͤflein war nicht voll gethan, Und humpelt alſo tippe tapp Durch's Haſelholz in's Thal hinab, Schlupft an der Weinbergmauer hin, Daran viel Feuerwuͤrmchen gluͤhn: „Was ſind das helle Fenſterlein? Da drin wird eine Hochzeit ſeyn; Die Kleinen ſitzen beim Mahle, Und treiben's in dem Saale, Da guck' ich wohl ein wenig 'nein!“ — Pfui, ſtoͤßt den Kopf an harten Stein! Elfe, gelt, du haſt genug? Gukuk! Gukuk! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb n="77" facs="#f0093"/> </div> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b #g">Elfenlied.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <l>Bei Nacht im Dorf der Waͤchter rief:</l><lb/> <l>Elfe!</l><lb/> <l>Ein ganz kleines Elfchen im Walde ſchlief,</l><lb/> <l>Wohl um die Elfe;</l><lb/> <l>Und meint, es rief ihm aus dem Thal</l><lb/> <l>Bei ſeinem Namen die Nachtigall,</l><lb/> <l>Oder Silpelit haͤtt' ihn gerufen.</l><lb/> <l>Reibt ſich der Elf die Augen aus,</l><lb/> <l>Begibt ſich vor ſein Schneckenhaus,</l><lb/> <l>Und iſt als wie ein trunken Mann,</l><lb/> <l>Sein Schlaͤflein war nicht voll gethan,</l><lb/> <l>Und humpelt alſo tippe tapp</l><lb/> <l>Durch's Haſelholz in's Thal hinab,</l><lb/> <l>Schlupft an der Weinbergmauer hin,</l><lb/> <l>Daran viel Feuerwuͤrmchen gluͤhn:</l><lb/> <l>„Was ſind das helle Fenſterlein?</l><lb/> <l>Da drin wird eine Hochzeit ſeyn;</l><lb/> <l>Die Kleinen ſitzen beim Mahle,</l><lb/> <l>Und treiben's in dem Saale,</l><lb/> <l>Da guck' ich wohl ein wenig 'nein!“</l><lb/> <l>— Pfui, ſtoͤßt den Kopf an harten Stein!</l><lb/> <l>Elfe, gelt, du haſt genug?</l><lb/> <l>Gukuk! Gukuk!</l><lb/> </lg> <milestone unit="section" rendition="#hr"/> </div> </body> </text> </TEI> [77/0093]
Elfenlied.
Bei Nacht im Dorf der Waͤchter rief:
Elfe!
Ein ganz kleines Elfchen im Walde ſchlief,
Wohl um die Elfe;
Und meint, es rief ihm aus dem Thal
Bei ſeinem Namen die Nachtigall,
Oder Silpelit haͤtt' ihn gerufen.
Reibt ſich der Elf die Augen aus,
Begibt ſich vor ſein Schneckenhaus,
Und iſt als wie ein trunken Mann,
Sein Schlaͤflein war nicht voll gethan,
Und humpelt alſo tippe tapp
Durch's Haſelholz in's Thal hinab,
Schlupft an der Weinbergmauer hin,
Daran viel Feuerwuͤrmchen gluͤhn:
„Was ſind das helle Fenſterlein?
Da drin wird eine Hochzeit ſeyn;
Die Kleinen ſitzen beim Mahle,
Und treiben's in dem Saale,
Da guck' ich wohl ein wenig 'nein!“
— Pfui, ſtoͤßt den Kopf an harten Stein!
Elfe, gelt, du haſt genug?
Gukuk! Gukuk!
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Zitationshilfe: | Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_gedichte_1838/93>, abgerufen am 04.03.2025. |